Nachlass Eduard Wirths
Extent and Medium
0,15 lfd. m.
Scope and Content
Das Archiv des Fritz Bauer Instituts erhielt den Nachlass Eduard Wirths im Juli 2005 von seiner Ehefrau und seinen Kindern. Eduard Wirths wurde am 04.09.1909 in Geroldshausen bei Würzburg geboren. Von 1930 bis 1935 studierte er Medizin an der Universität Würzburg und promovierte 1936. Anschließend war er im Thüringer Landesamt für Rassewesen, dem Gesundheitsamt in Sonneberg, der Universitätsfrauenklinik in Jena und der Reichsärztekammer tätig. Bereits im Jahr 1933 war Wirths der NSDAP und der SA beigetreten. 1934 wechselte er von der SA zur SS und wurde zu Beginn des Zweiten Weltkrieges Mitglied der Waffen-SS. Bis 1942 war er in Norwegen und in Russland eingesetzt. Dann wurde er aufgrund einer Herzerkrankung für kriegsuntauglich erklärt und nach einem kurzen Einsatz in Dachau und Neuengamme SS-Standortarzt im KZ Auschwitz. In dieser Funktion waren ihm alle Ärzte des Lagers unterstellt. Im KZ Auschwitz spielte Wirths eine ambivalente Rolle: Einerseits war er ein loyaler Nationalsozialist, andererseits erlebten ihn viele Häftlinge, darunter sein Schreiber Hermann Langbein, als vergleichsweise human. Befasst war Wirths vor allem mit der Eindämmung von Fleckfieber und Typhus. In diesem Kontext verbesserte er die hygienischen Bedingungen im Lager. Außerdem verbot er die Tötung kranker Häftlinge durch Phenolinjektionen, da sich diese sonst bei einer Infektion nicht im Krankenbau melden würden. Bei den Standgerichtsverfahren der Lager-Gestapo machte er mehrfach von seinem ärztlichen Einspruchsrecht Gebrauch. Gleichzeitig war Wirths als medizinischer Leiter an der systematischen Ermordung alter, kranker und schwacher Häftlinge beteiligt. Er teilte Ärzte zu Selektionen ein und selektierte auch persönlich. Er wählte Häftlinge für medizinische Experimente aus und wohnte diesen teils bei. Nach der Evakuierung des KZ Auschwitz wurde Wirths im KZ Mittelbau, im KZ Bergen-Belsen und im KZ Neuengamme eingesetzt. Nach Kriegsende versteckte er sich bei seinem Bruder in Hamburg. Dort wurde er im Juli 1945 durch die britische Militärregierung festgenommen und war anschließend in Neuengamme und Staumühle interniert. In der Nacht vor seiner geplanten Vernehmung versuchte er sich umzubringen. Er starb wenige Tage später am 20.09.1945 an den Verletzungen seines Suizidversuchs.
Der Nachlass Eduard Wirths umfasst nach Erschließung, Entmetallisierung und Umbettung zwei Archiveinheiten mit einem Gesamtumfang von 0,15 lfd. m. Er besaß bei der Übernahme im Juli 2005 keine innere Ordnung, so dass bei der Verzeichnung durch die Bearbeiterin Inga Steinhauser im Januar 2023 eine komplette Neuordnung geschaffen werden musste. Diese orientiert sich an den "Regeln zur Erschließung von Nachlässen und Autographen" (RNA). Der Bestand besteht ausschließlich aus fotokopierten Lebensdokumenten und umfasst einerseits Korrespondenzen von Eduard Wirths und dessen Angehörigen mit Anwälten und ehemaligen Auschwitz-Häftlingen und andererseits Kopien der Ermittlungsakten zu Wirths.
Places
- KZ Neuengamme
- KZ Bergen-Belsen
- KZ Mittelbau-Dora
- KZ Auschwitz
Bequest Eduard Wirths
Extent and Medium
0.15 running meters
Scope and Content
The Fritz Bauer Institute acquired the bequest of Eduard Wirths from his wife and children in July 2005. Eduard Wirths was born in Geroldshausen near Würzburg on September 4, 1909. He studied medicine at the University of Würzburg from 1930 to 1935 and earned his doctoral degree in 1936. Subsequently, he worked for the Thuringian Landesamt für Rassewesen, the public health office in Sonneberg, the University gynecological clinic in Jena, and the Reichsärztekammer. He joined the NSDAP and the SA as early as 1933. In 1934, he switched from the SA to the SS and became a member of the Waffen-SS at the beginning of World War II. Until 1942, he was stationed in Norway and Russia. Then, he was classified unfit for military service due to a cardiac disease. After a short deployment in Dachau and Neuengamme concentration camps, he became the SS garrison doctor at Auschwitz concentration camp. Thus, the camp's physicians all reported to him. Wirths behaved ambivalently in the camp. On the one hand, he was a loyal National Socialist. On the other hand, many prisoners, among them his writer Hermann Langbein, described him as comparatively humane. Wirths was especially concerned with the containment of spotted fever and typhus. In this respect, he improved the sanitary conditions in the camp. He also prohibited killing sick prisoners by phenoline injections since the prisoners wouldn't report an infection otherwise. At the Gestapo drumhead trials, he used his medical veto several times. Simultaneously, as the chief physician, he participated in the systematic murder of old, sick, and weak prisoners. He assigned the doctors to the selections and selected himself. He chose prisoners for medical experiments and attended them occasionally. After the evacuation of Auschwitz concentration camp, Wirths was stationed at Mittelbau, Bergen-Belsen, and Neuengamme concentration camps. After the end of the war, he hid away at his brother's house in Hamburg. The British military government arrested him there in July 1945 and he was then detained in Neuengamme and Staumühle. The night before his examination, he tried to commit suicide. He died a few days later, on September 20, 1945, from the injuries he sustained from his suicide attempt.
The bequest Eduard Wirths covers after description, demetallization, and filing two archival units with a total extent of 0.15 running meters. Since the record group did not have an inner structure upon the acquisition in July 2005 the processor Inga Steinhauser completely reorganized the holding during indexing in January 2023. It follows the "rules for the description of personal papers and autographs" (RNA, Regeln zur Erschließung von Nachlässen und Autographen). The holding only consists of photocopied personal documents ("Lebensdokumente"). On the one hand, it contains correspondence from Eduard Wirths and his relatives with lawyers and former Auschwitz prisoners, and on the other hand copies of the investigation files regarding Wirths.
Places
- Neuengamme Concentration Camp
- Bergen-Belsen Concentration Camp
- Mittelbau-Dora Concentration Camp
- Auschwitz Concentration Camp