Amerikanisches Militärtribunal I, Kammer I, Fall VIII: SS-Rasse- und Siedlungshauptamt
Biographical History
Der Prozess wurde vom Office of the US Chief of Counsel for War Crimes (OCCWC) als 8. so genannter Nürnberger Nachfolge-Kriegsverbrecherprozess auf den Weg gebracht und wurde vom 20. Oktober 1947 bis 17. Februar 1948 vor dem American Military Tribunal I, Court I verhandelt. Die insgesamt zwölf solcher Nachfolgeprozesse zu den Hauptkriegsverbrecherprozessen fanden zwischen 1946 und 1949 statt. (Übersicht bei wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/N%C3%BCrnberger_Prozesse#Die_zw.C3).B6lf_Nachfolgeprozesse).
Archival History
Im Monatsbericht der PCIRO für Juni 1948 wird vermerkt, dass vom Berlin Document Center ein kompletter Satz der Akten des RuSHA-Prozesses übernommen wurde. Dabei handelt es sich nur um die Umdrucke der Schriftsätze, nicht aber um die eigentlichen originalen Prozessakten. Die Übernahme geschah zusammen mit Akten aus dem Lebensborn e.V. und des NSV. Sie werden im ITS zusammen in der Sammlung 4.1.0 "Lebensborn e.V." aufbewahrt. Im Zuge der provenienzorientierten Erschließung wurde die Sammlung virtuell in drei Bestände nach den drei Provenienzen gegliedert. Die Abfolge der Prozessunterlagen wurde im ITS gegenüber dem ursprünglichen Zustand verändert. In diesem Findbuch wurde die ursprüngliche Ordnung wieder hergestellt.
Weitere detaillierte Hinweise zum Bestand finden sich in der Einleitung zu den entsprechenden Mikrofilmen in den US National Archives (National Archives Microfilm Publications, Pamphlet Describing M 894. Washington, 1973:
http://www.archives.gov/research/captured-german-records/microfilm/m894.pdf
Scope and Content
Das () war eine für die Umsetzung der nationalsozialistischen Rasseideologie zentrale SS-Behörde. Ihr unterstand unter anderem auch der Lebensborn e.V. (s. Einleitung des Findbuchs NS 1!). Im "RuSHA"-Prozess, dem achten der insgesamt zwölf Nürnberger Nachfolgeprozesse, wurden von der US-Militärregierung für Deutschland vierzehn führende Beschäftigte dieser Stelle angeklagt. Die Anklage lautete auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation. Sie wurden beschuldigt, so genannte "rassisch wertvolle" Kinder ihren Eltern entrissen und gewaltsam ebenso wie Erwachsene aus ihren Heimatländern verschleppt zu haben sowie an der Verfolgung und Ermordung von Juden beteiligt gewesen zu sein. Acht der Angeklagten wurden vom Gericht für schuldig in allen Anklagepunkten befunden, fünf für schuldig hinsichtlich der Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation, einer für nicht schuldig. Ulrich Greifelt wurde als Hauptangeklagter zu lebenslanger Haft verurteilt. Die übrigen erhielten Haftstrafen zwischen zehn und 25 Jahren. Der Prozess fand vom 20. Oktober 1947 bis zum 17. Februar 1948 statt.
Die Angeklagten:
• SS-Obergruppenführer Ulrich Greifelt, Leiter des Stabshauptamtes des RKF - lebenslänglich, in der Haft verstorben
• SS-Oberführer Rudolf Creutz – 15 Jahre, 1951 zu 10 Jahren Haft umgewandelt
• SS-Oberführer Konrad Meyer, Chef des Planungsamtes des RKF und Entwickler des Generalplan Ost – 2 Jahre 10 Monate
• SS-Oberführer Otto Schwarzenberger – 2 Jahre 10 Monate
• SS-Standartenführer Herbert Hübner, Leiter der Dienststelle des Beauftragten des RKF in Posen, vorher Leiter der SS-Ansiedlungsstelle im Wartheland – 15 Jahre, 1951 entlassen
• SS-Obergruppenführer Werner Lorenz, Leiter der VoMi – 20 Jahre, 1951 zu 15 Jahren Haft umgewandelt
• SS-Sturmbannführer Heinz Brückner – 15 Jahre, 1951 entlassen
• SS-Obergruppenführer Otto Hofmann, Leiter des RuSHA – 25 Jahre, 1951 zu 15 Jahren Haft umgewandelt
• SS-Obergruppenführer Richard Hildebrandt, Leiter des RuSHA – 25 Jahre, an Polen ausgeliefert (dort nach einem weiteren Prozess wegen seiner Verbrechen als HSSPF von Danzig-Westpreußen zum Tode verurteilt und am 10. März 1952 hingerichtet)
• SS-Obersturmbannführer Fritz Schwalm, Leiter der RuS-Außenstelle in Litzmannstadt – 10 Jahre, 1951 entlassen
• SS-Standartenführer Max Sollmann, Lebensborn e.V. – 2 Jahre 8 Monate
• SS-Oberführer Gregor Ebner, Lebensborn e.V. – 2 Jahre 8 Monate
• SS-Sturmbannführer Günther Tesch, Lebensborn e.V. – 2 Jahre 10 Monate
• Inge Viermetz, Lebensborn e.V. – Freispruch
Process Info
Die Verzeichnungseinheiten wurden mit Bandnummern versehen, die ihrer ursprünglichen, vom Militärtribunal vergebenen Foldernummer zuzüglich ggf. nötiger Sortierungsmerkmale entsprechen. Die genaue ursprüngliche Foldernummer wurde als altes Aktenzeichen aufgenommen.