Geyr von Schweppenburg, Leo Freiherr

Identifier
ED 91
Language of Description
German
Level of Description
Series
Source
EHRI Partner

Biographical History

Leo Geyr von Schweppenburg wurde am 2. März 1886 in Potsdam geboren. Sein Vater, Major im Potsdamer Garderegiment, war langjähriger Freund und Oberstallmeister Wilhelms II. von Württemberg; seine Mutter entstammte der Familie von Huelsen-Haeseler. Nach Absolvierung des Eberhard-Ludwig-Gymnasiums in Stuttgart trat Geyr 1904 in das württembergische Königsdragoner-Regiment Stuttgart ein und besuchte von 1911-1914 die Kriegsakademie in Berlin, wo er das Dolmetscher-Examen für Französisch und Russisch ablegte. Im Ersten Weltkrieg war Geyr an der Ostfront, der Westfront und auf dem Balkan, zum Teil als Generalstabsoffizier, eingesetzt. Im Frühjahr 1919 wurde er mit der Auflösung der Russischen Abteilung des Großen Generalstabs beauftragt. Die weitere militärische Laufbahn brachte einen wiederholten Wechsel von Generalstabs- und Truppendienststellungen. 1928 wurde Geyr Ia des damaligen Chefs des Stabes, Ludwig Beck; anschließend erhielt er ein Regimentskommando in Ludwigslust/ Mecklenburg. 1930 hielt sich Geyr mehrere Wochen in der UdSSR auf; er war Gast im Roten Hauptstab und besuchte die Panzertruppenschule Kasan (siehe: Geyr: Die große Frage, S. 17 und 29).Noch von der Regierung Schleicher ernannt, war Geyr von April 1933 bis Herbst 1937 deutscher Militär-Attache in London und zugleich in Brüssel und Den Haag, bis 1935 auch Luft-Attache. In dienstlichen und persönlichen Berichten warnte er, vor allem zur Zeit der Rheinlandbesetzung, vor einer zu optimistischen Einschätzung der Haltung Großbritanniens gegenüber Deutschland (siehe auch MA 1407, Bericht des deutschen Militär-Attaches in London an Auswärtiges Amt, 1933-1937).Im Oktober 1937 zum Generalleutnant ernannt, übernahm Geyr, der sich bereits in der Weimarer Zeit für die Motorisierung des Heeres und die Umstellung der Kavallerie auf Panzer eingesetzt hatte, die 3. Panzerdivision, Berlin. Bei der Besetzung der Tschechoslowakei marschierte die 3. Panzerdivision als erster deutscher Truppenteil in Prag ein (siehe Korrespondenz Haupt, Bd. 10).Im Polenfeldzug gelang Geyr mit seiner Berliner Division der Durchbruch in der Tucheler Heide und damit der entscheidende Vorstoß zur Weichsel. Im Frühjahr 1940 übernahm Geyr als Kommandierender General das XXIV. Armeekorps, das im Frankreichfeldzug am äußersten linken Flügel eingesetzt wurde. Nach Abschluss der Kämpfe in Frankreich in ein Panzergeneralkommando umgewandelt, rückte es im Russlandfeldzug als Vorhut und Sturmkorps der Panzerarmee Guderians bis vor Moskau vor. Im Dezember 1941 gab Geyr das Kommando wegen schwerer Gesundheitsschädigung ab. Im Frühjahr 1942 wurde er mit der Führung des XXXX. Panzerkorps beauftragt und stieß damit bis zum Kaukasus vor. Von Januar bis April 1943 führte Geyr stellvertretend das LXXXVI. Armeekorps. Anschließend wurde er der Führungsreserve überstellt. Von August bis November 1943 kommandierte er das LVIII. Reserve-Panzer-Armeekorps. Am 1. Januar 1944 wurde Geyr zum Oberbefehlshaber der Heeresgruppe West ernannt, am 10. Juni bei Caen verwundet und am 5. Juli - unter anderem nach taktischen Meinungsverschiedenheiten mit Rommel (siehe Band 12) - gleichzeitig mit General von Rundstedt, vom Kommando abgelöst. Im August 1944 wurde Geyr zum Inspekteur der Panzertruppen ernannt (detaillierte Angaben siehe Korrespondenz Illner, Band 10).Bei Kriegsende geriet Geyr, zusammen mit Guderian, in Stuhlfelden (Österreich) in US-Gefangenschaft. Er wurde in das Generals-Internierungslager Allendorf/ Hessen verbracht. Dort arbeitete er in der Historical Division der 7. US-Armee als Leiter der Arbeitsgruppe Normandie an der kriegsgeschichtlichen Darstellung der Invasion mit.Nach seiner Entlassung 1947 schrieb Geyr "Erinnerungen eines Militär-Attaches. London 1933-1937", Stuttgart: Deutsche Verlagsanstalt (1949), 172 S.Die englische Ausgabe "The critical years", London, Allan Wingate Publishers (1952), 207 S.Als Militärschriftsteller war Geyr für eine Reihe inländischer Zeitungen (Süddeutsche Zeitung, Münchner Merkur, Berliner Kurier) tätig; außerdem veröffentlichte er laufend in ausländischen Fachzeitschriften.Geyr, der über enge Kontakte zu Gerhard Graf von Schwerin (General der Panzer), dem Berater des Bundeskanzlers in Sicherheitsfragen, den Generälen Speidel und Kielmannsegg und zu Wohnungsbauminister Wildermuth verfügte und bis 1960 der CDU angehörte, legte in Bonn wiederholt Denkschriften zu militärpolitischen Themen vor. Im August 1950 wurde er von Bundeskanzler Adenauer zu einem Gespräch über die rechtliche Versorgung ehemaliger Berufssoldaten empfangen. 1955 zog ihn der Bundesrat zur Beratung über die Militär-Dienstzeitdauer zu. In den Personalgutachterausschuss des Bundestages, der sich mit der Einstellung von Freiwilligen für die Bundeswehr vom Oberst aufwärts befasste, wurde Geyr nicht berufen, er beriet jedoch eine Reihe von Ausschussmitgliedern.Eine aktive Rolle spielte Geyr beim Ausbau der Soldatenverbände. 1949/1950 waren gegründet worden der Verband der Heimkehrer (VdH), der Bund der Versorgungsberechtigten (BdV), später Bund der Soldaten (BdS), und der Bund versorgungsberechtigter Wehrmachtsangehöriger (BvW). Im September 1950 schaltete sich Geyr in die Fusionsverhandlungen zwischen BdV und BvW in Süddeutschland ein, konnte jedoch keinen Erfolg verzeichnen. Im Juni 1951 über nahm Geyr den Vorsitz des Bundes deutscher Frontsoldaten (auch Deutscher Frontkämpferbund), der im April 1951 in Hamburg gegründet worden war und als unpolitische Dachorganisation der einzelnen Soldatenvereinigungen geplant war. Ein Schritt in dieser Richtung war der von Geyr angeregte Goslaer Kreis, in dem man sich vorallem um die Traditionsverbände bemühte. Geyrs Sammelbewegung konnte sich jedoch gegenüber dem konkurrierenden Verband deutscher Soldaten (VdS) nicht durchsetzen. Der VdS war im September 1951 in Bonn gegründet worden durch den Zusammenschluss von Der Deutsche Soldatenbund (DDSB, früher BvW), BdS (früher BdV) und den bedeutendsten Traditionsverbänden wie Afrikakorps und Großdeutschland. Als im Januar 1952 General Reinhard den Kyffhäuserbund (KB) neu gründete und Geyr Vizepräsident wurde, löste dieser den Bund deutscher Frontsoldaten zugunsten des KB auf. Nach dem Tod Reinhards im Januar 1955 übernahm Geyr als amtierender Präsident die Führung des KB. Die von Regierungskreisen unterstützten Bestrebungen, die verschiedenen Verbände in einer einzigen Organisation zusammenzufassen, führten zu laufenden Verhandlungen zwischen VdS und KB. Geyr, der sich als Mitbegründer der Féderation Européenne des Associations de Combattants (Fedac) für einen Zusammenschluß der Soldatenverbände auf internationaler Ebene einsetzte, lehnte die Fusionsverhandlungen nicht ab, wandte sich aber gegen jede Politisierung und befürchtete durch eine Zusammenarbeit mit Persönlichkeiten wie von Manteuffel und von Manstein eine Radikalisierung. Diese Haltung löste eine Reihe von Konflikten aus, auch innerhalb des KB, die schließlich zu Geyrs erzwungenen Rücktritt im Juli 1955 führten. Als Erfolg seiner Amtszeit konnte Geyr die Rückgabe des Kyffhäuser-Vermögens buchen.Nach dem Ausscheiden aus der Kyffhäuser-Führung gründete Geyr im Oktober 1955 das "Westliche Wehrwesen", einen unabhängigen und überparteilichen Verein mit der Aufgabe, die Zusammenhänge zwischen Wiederbewaffnung und Problemen bzw. Möglichkeiten der Wirtschaft aufzuzeigen. Geyr, der einige Zeit als militär-technischer Berater der Firma Fichtel&Sachs tätig gewesen war, suchte diese Zielsetzung durch Herstellung von Kontakten zwischen Politikern, Industriellen und Wirtschaftsverbänden im Rahmen von Treffen und Vortragsreihen zu erreichen, wobei die Erfahrungen des westlichen Auslands nutzbar gemacht werden sollten. Als Publikation des "Westlichen Wehrwesens" erschien ab Februar 1957 "Wehr und Wirtschaft. Monatsschrift für Fragen der Streitkräfte der Bundesrepublik, Heer, Marine, Luftwaffe und die Belange der deutschen Wirtschaft" (Groß-Talmon-Verlag, Stuttgart und Stuttgarter Verlagskontor). Die Hauptaktivität des Vereins fällt in die Jahre 1955-1960. Im Dezember 1964 löste sich das "Westliche Wehrwesen" auf.In den sechziger Jahren befasste sich Geyr außer mit seinen schriftstellerischen Arbeiten vor allem mit der Übersetzung der Memoiren des ihm seit seiner Militär-Attache-Zeit bekannten britischen Militärschriftstellers Basil H. Liddell Hart (deutsche Ausgabe: B. H. Liddell Hart, Lebenserinnerungen. Übertragen von Leo Geyr von Schweppenburg. Düsseldorf-Wien: Econ- Verlag 1966, 495 S.).General Geyr verstarb am 27. Januar 1974 87-jährig an seinem Wohnsitz Irschenhausen bei Ebenhausen/ Isartal.

Scope and Content

Der vorliegende Bestand wurde dem Institut für Zeitgeschichte von Geyr noch persönlich übergeben (siehe Archiv-Korrespondenz A V/1). Er umfaßt Unterlagen aus Geyrs Militär-Attache-Zeit; Korrespondenz mit Militärs während des Zweiten Weltkrieges; Nachkriegskorrespondenz über Fragen des Zweiten Weltkrieges, über den deutschen Wiederaufbau nach 1945 bzw. die Aufstellung, Ausrüstung und personelle Probleme der Bundeswehr, über Geyrs Verhältnis zu Hitler und Nationalsozialismus; Korrespondenz über Entstehung und Aktivität der Soldatenverbände, insbesondere den Kyffhäuserbund; Korrespondenz und Unterlagen über den Verein "Westliches Wehrwesen"; Verlagskorrespondenz und eine größere Anzahl nach 1945 entstandener zum Teil unveröffentlichter Manuskripte. Zu den bedeutenderen Texten zählt das Manuskript zu den "Erinnerungen eines Militär-Attaches" mit kürzeren nicht gedruckten Passagen, Niederschriften zu den geplanten Erinnerungen Teil II (über die Tätigkeit Leopold von Hoeschs als deutscher Botschafter in London 1932-1936 und die englisch-russischen Beziehungen 1935-1939), Charakterisierungen Hitlers, Aufzeichnungen über die erste Nachkriegszeit ("Nur ein General"), die Arbeiten "Vom Neuaufbau der deutschen Bundeswehr" und "Harte Tatsachen" mit Hinweisen und und Belegen betreffend Fehler in der Personalpolitik beim Aufbau der deutschen Streitkräfte und Unterwanderungsversuche ehemaliger NS-Kreise in Bundeswehr und Soldatenverbänden.Einen Teil seines Nachlasses, soweit er sich vorwiegend auf rein militärische Fragen bezieht, hat Geyr in das Militärarchiv in Freiburg abgegeben (siehe auch Band 48).Die personenbezogenen Informationen vor allem bei Themen der Nachkriegszeit bedingen den vertraulichen Charakter eines Teils der im IfZ vorliegenden Papiere Geyrs, und zwar der Bände 12, 17-36 und 42-46, 48.Nach dem Tode Geyrs wurden dem Institut für Zeitgeschichte vom Sohn des Nachlassers, Benedikt Geyr von Schweppenburg, ergänzende Korrespondenzen zur Verfügung gestellt. Die Bände 50 bis 54 enthalten diese Materialien in der systematischen Form des Bände 1-49. Querverweise im Findbuch und eine kombinierte Themen- und Korrespondenzpartnerliste geben Aufschluss über deren Inhalt. Unter anderem befinden sich in den Ergänzungsbänden zwei Dokumente aus der Zeit vor 1933, einige exemplarisch ausgewählte Privat-Korrespondenzen (besonders mit Cornel von Geyr), und Varia-Korrespondenzen zu diversen "Kleinthemen" sowie ein unidentifiziertes Manuskriptfragment über den Zweiten Weltkrieg.17. Juli 1996, Jan Philip Bauer.

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