Hardtke, Alwin Cäsar

Identifier
ED 467
Language of Description
German
Level of Description
Series
Source
EHRI Partner

Biographical History

Die um die Jahrhundertwende in Stade ansässige Familie des Stadtinspektors Emil Hardtke (1877-1962) und seiner Frau Dorothea, geb. Berger, (1881-1947) hat 2 Söhne, Johannes (†1932) und Alwin Casesar (*2. April 1905-2000). Das Elternhaus ist demokratisch geprägt; Mutter Dorothea Hardtke engagiert sich mit Elly (Heuss-)Knapp im Frauenkreis der Deutschen Demokratischen Partei sowie in Adolf Damaschkes Bodenreformbewegung. Sie kandidiert 1925 mit eigener Wahlliste zur Bezirksverordnetenversammlung in Berlin, Vater Emil Hardtke wird nach dem Zweiten Weltkrieg CDU-Mitglied. Die Hardtkes sind evangelischer Konfession.1909 zieht die Familie nach Berlin-Tempelhof, wo Alwin Caesar Hardtke das Parkgymnasium besucht. Noch vor dem Abitur 1925 übernimmt er erste Ehrenämter beim Deutschen Roten Kreuz.In Jena und an der Hochschule für Politik in Berlin (u.a. bei Theodor Heuss) studiert Hardtke Jura. Bereits während dieser Zeit engagiert er sich für die Deutschen Jungdemokraten. Er gründet eine Untergruppe Tempelhof, ist Schriftleiter der von dem späteren Bundesminister Ernst Lemmer herausgegebenen Zeitschrift Jungdemokrat und gibt selbst (u.a. mit Hellmuth Jaeger) die Zeitschrift Kampf um den Staat heraus. Laut eigenen Aussagen wurde Hardtke auch Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei, des demokratischen Studentenbundes, dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, der Paneuropa-Union und des Sozialrepublikanischen Bundes; die Überlieferung hierzu ist jedoch sehr lückenhaft.Von September 1934 bis zur Einberufung in die Wehrmacht im September 1939 arbeitet Hardtke bei der Deutschen Reichsbank in Berlin. Zunächst kaufmännischer Hilfsarbeiter in der deutschen Kreditabteilung avanciert er zum Reichsbankrat, was allerdings nur insofern verifizierbar ist, als dass Hardtke nach dem Krieg analog als Regierungsrat angestellt wird.Während des Zweiten Weltkrieges ist Hardtke für kurze Zeit Dolmetscher beim Attache der Deutschen Botschaft in Moskau bis er ab Dezember auf Anforderung beim DRK-Präsidium eingesetzt wird. Bis Frühjahr 1942 ist Hardtke Einsatzleiter des DRK in Paris und wird nach Auflösung seiner Einheit im September 1943 nach Russland versetzt.Im Juni 1943 heiratet Hardtke die Fabrikantentochter Renate Ottow (*25.01.1912), welche im Dezember 1943 bei einem Bombenangriff in Berlin ums Leben kommt.Am 1. September 1945 wird Hardtke aus britischer Gefangenschaft entlassen, er tritt umgehend in die Christlich Demokratische Union ein. Als Referent obliegt Hardtke die organisatorische Leitung der Wahlkampfvorbereitung in Berlin. Bereits 1946 zeichnet sich eine lokale Parteikarriere ab, als er erstmalig zum Bezirksverordneten in die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) für Tempelhof und Mariendorf gewählt wird. Nach viermaliger Wiederwahl und in verschiedenen Ämtern, außerdem 10 Jahre lang als CDU-Fraktionsvorsitzender scheidet Hardtke mit seiner Wahl zum Bezirksstadtrat 1959 aus der BVV aus.Im Dezember 1946 wird Hardtke zum Bezirksrat für Ernährung berufen (bis Anfang 1949); er gilt als Initiator des Notprogramms zur Verbesserung der Ernährungslage der Berliner Bevölkerung im Juli 1947. Im September 1948 heiratet Hardtke Gertrud Scheiklies. Die Ehe bleibt kinderlos.Hardtkes Tätigkeit bis zur verbrieften Anstellung beim Berliner Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) im Mai 1951 ist nicht bekannt. Er selbst erwähnt, "Katastrophenreferent" beim Berliner Innensenator gewesen zu sein, dazu würden die einschlägigen Informationen innerhalb seiner Karteikartensammlung passen, weitere Hinweise konnten jedoch nicht gefunden werden. Vermutlich datiert seine Anstellung beim LfV bereits ab 1949, an anderer Stelle nennt Hardtke die Jahre zwischen 1949 und Anfang 1954 auch "Dienstzeit", was auf ein durchgängiges Beschäftigungsverhältnis beim LfV weisen könnte. (Die Bezeichnung stellvertretender Leiter konnte bisher nicht verifiziert werden).Zum 1. Mai 1954 erhält Hardtke seine Berufung zum Vorsitzenden Richter der Westberliner Spruchkammer; er wechselt um die Jahreswende 1955/1956 auf die staatsanwaltliche Seite und wird "Ankläger" der Spruchkammer. Hardtke obliegen die Ermittlungen und die Prozessführung in einer Reihe neuer Verfahren gegen ehemalige nationalsozialistische Funktionsträger bzw. deren Familien. Diese wurden, obschon in vielen Fällen anderenorts entnazifiziert, erneut angeklagt, um in sogenannten "Sühneverfahren" finanzielle Entschädigung zu leisten. Hardtke setzt sich über Fragen der Zuständigkeit der Berliner Kammer hinweg, indem er alle, deren letzte bekannte polizeiliche Meldung vor etwaigen Kriegswirren, Flucht oder Tod auf Berlin lautete, als Berliner Bürger wertet und so die Zuständigkeit als gegeben ansieht. Auf dieser Grundlage wurden Vermögen und Hinterlassungen vieler prominenter Nationalsozialisten ermittelt, publik gemacht und nach Verurteilungen als Sühneleistung eingezogen, bevor die Spruchkammer ihre Arbeit 1959 beendete. In einigen dutzend auch international beachteten Verfahren etwa gegen Ernst Kaltenbrunner, Robert Ley, Joseph Goebbels, Werner Best und Hermann Göring (bzw. die Witwe Emmy Göring) urteilt oder ermittelt Hardtke bis er im Februar 1959 als Wahlbeamter Bezirksstadtrat für Finanzen im Bezirk Berlin-Tempelhof wird. Dies bleibt Hardtke bis zum Ablauf der Amtszeit 1965. Anschließend ist Hardtke nach einem Umzug nach Bad Pyrmont als Unternehmensberater und Rechtsbeistand tätig. In dieser Funktion unterstützt er z.B. das Entschädigungsverfahren der Familie Heike, deren Fleischereimaschinenfabrik in Berlin-Hohenschönhausen vom sowjetischen Militär beschlagnahmt worden war und später von der Staatssicherheit der DDR als Haftanstalt genutzt wurde. Hardtkes ehrenamtliches Engagement für die CDU und das DRK waren äußerst vielfältig, er war auch Mitglied in diversen anderen Organisationen. Er hielt Vorträge, leitete Volkshochschulkurse, hatte verschiedene Ämter inne und erhielt für seinen jahrzehntelangen Einsatz im Mai 1963 das Ehrenzeichen des Roten Kreuzes sowie am 1. Juni 1970 das Bundesverdienstkreuz erster Klasse. Aus der CDU schied Hardtke nach parteiinternen Auseinandersetzungen 1964 aus.

Scope and Content

Eingangs umfasste der Nachlass Alwin Caesar Hardtke in mehreren Alphabeten und Ordnungen verschiedener Formate zum überwiegenden Teil lokale und überregionale Presse zu Personen- und eigen definierten Sachablagen. Etwa drei Ordner enthielten Aktenkopien aus Hardtkes Zeit als Vorsitzender Richter der Spruchkammer Berlin sowie als Ankläger derselben. Innerhalb der Presseausschnittsammlung befanden sich weitere solcher Prozessakten, aber auch Recherchen, ergänzende Materialien und Korrespondenz aus dieser Zeit. Einige Ordner beinhalteten persönliche Unterlagen Hardtkes. So sind familiäre und allgemeine Korrespondenzen erhalten, persönliche Geschäftspapiere, Vortragsmanuskripte,aber auch eine Reihe von Schriftstücken bezüglich seines Amtes als Bezirkstadtrat in Tempelhof, seiner Tätigkeit für das Landesamt für Verfassungsschutz, zu seiner Parteizugehörigkeit bzw. innerparteilichen Auseinandersetzungen und schließlich dem Austritt aus der CDU, zu seinem Jahrzehnte währenden Engagement für das Deutsche Rote Kreuz, zu anderen Mitgliedschaften und auch zu seiner politischen Tätigkeit für die Deutschen Jungdemokraten ab 1928. Die Schwierigkeit, diesen mit durchaus nachvollziehbaren, doch auch sehr eigenwilligen Ablagen übergebenen Nachlass in eine wissenschaftlich nutzbare Form zu bringen, bestand letztlich weniger in der Zusammenführung verschiedener Alphabete und Themenkomplexe, als in der Fülle des teils redundanten Materials. Der überwiegende Teil des Sammlungsgebietes und -zeitraums ist bereits durch andere institutsinterne Ablagen abgedeckt. Eine Ergänzung durch weitere lokale Blätter wie die Bad Pyrmonter Nachrichten u.ä. ist nicht angezeigt. Mit dem Nachlass Alwin Caesar Hardtke liegt nun ein auf die Person zugeschnittener, konzentrierter Bestand vor, welcher alle relevanten Akten auflistet. In drei große Abschnitte unterteilt weist der erste chronologisch gehaltene Teil auf Hardtkes berufliche Stationen. Ergänzt durch die obligaten Reste Karteikarten spiegelt dieser Teil die Etappen Hardtkes- als Reichsbankangestellter bis 1939- als Bezirksrat für Ernährung ab 1946- im Landesamt für Verfassungsschutz (mit weitläufig gesammelten und beibehaltenen Informationen zu Gruppierungen, staatlichen Stellen und Behörden, Parteien, Personen sowie einigen internen Aktenkopien zu Ermittlungen des LfV)- als Richter und Anklagevertreter der Berliner Spruchkammer (hier mit durchaus umfangreichen Prozessakten in alphabetischer Folge, aber auch diversen Zusatzinformationen)- und als Bezirksstadtrat für Finanzen in Berlin Tempelhof (ergänzt durch beträchtliches Material zum Bezirk Tempelhof).- Hierhin gehören auch die Überlieferungen zu Hardtkes Tätigkeit als juristischer Berater nach 1965, insbesondere als Rechtsbeistand der Familie Heike, deren Entschädigungsverfahren für das Grundstück in Berlin-Hohenschönhausen von Kriegsende bis in die 1980er Jahre dokumentiert ist. Diesem Teil des Nachlasses kommt besondere Bedeutung zu, da es sich bei dem Grundstück der Fleischereimaschinenfabrik Richard Heike sen. um das spätere "KZ Hohenschönhausen" (Internierungslager des sowjetische Militärs u. Haftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR) handelte und das Material einen hervorragenden Einblick in behördliche wie persönliche Schwierigkeiten solcher Entschädigungsbemühungen liefert. Im zweiten Abschnitt finden sich unter dem Rubrum "Außerberufliche Aktivitäten" alle im Zusammenhang mit Hardtkes Mitgliedschaften stehenden Überlieferungen, allen voran in der CDU, im Deutschen Roten Kreuz, den Deutschen Jungdemokraten und anderen. Im dritten Abschnitt des Nachlasses tritt die private Person Hardtke in den Vordergrund. Persönliche Geschäftspapiere wie Zeugnisse, Vita, Ausweise etc. stehen neben Unterlagen der Familie, allgemeiner Korrespondenz und den von Hardtke selbst getrennt aufbewahrten Briefwechseln (und Unterlagen) ehemaliger Schulkameraden. Die Fotoalben und den Ablagen entnommenen Einzelbilder werden gesondert gefasst. Benutzung gemäß Benutzungsordnung IFZ, Teilsperrungen jeweils vermerkt. München, 2004Ute Elbracht

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