Kardorff, Ursula von

Identifier
ED 348
Language of Description
German
Level of Description
Series
Source
EHRI Partner

Biographical History

Eva Ina Ursula von Kardorff wurde am 10. Oktober 1911 in Berlin geboren. Ihr Vater Konrad von Kardorff, ein bekannter Porträtmaler und - bis zu seiner vorzeitigen Pensionierung 1934 aus politischen Gründen - Professor an der Kunstakademie, und ihre Mutter Ina von Kardorff, die eine Werkstatt für Kunstgewerbe betrieb, pflegten den Kontakt zu prominenten Persönlichkeiten des Kunst-und Literaturlebens in Berlin. Nach dem Besuch des Mädchenlyzeums in Breslau, wohin ihr Vater zeitweilig versetzt war, kehrte Ursula von Kardorff nach Berlin zurück, belegte Kurse an Kunst- und Modeschulen und arbeitete im Betrieb der Mutter. 1938 bekam sie eine Volontärsstelle bei der 'Deutschen Allgemeinen Zeitung' (DAZ) und wurde 1939, nach einem dreimonatigen Ausbildungslehrgang an der Reichspresseschule, von der DAZ als Redakteurin für das Feuilleton übernommen. Sie verfasste dort in der Hauptsache kleinere Glossen, Filmkritiken und Reportagen.Nach dem verhältnismäßig unbeschwerten Leben in den Dreißiger Jahren bedeuteten die Kriegsjahre für Ursula von Kardorff einen entscheidenden Einschnitt. Der Informationszugang über die Zeitungsredaktion, die Erfahrung der Bombennächte (konterkariert von ausgelassenen Feiern in den Trümmerwohnungen), die Nachricht vom Tod des Bruders und enger Bekannter im Krieg und nicht zuletzt die private Bekanntschaft mit späteren Beteiligten der Widerstandsaktion vom 20. Juli 1944 konfrontierten sie auf unmittelbare Weise mit der Realität des Dritten Reiches. Ein Zeugnis davon geben ihre Aufzeichnungen, die sie 1947 aus alten Tagebüchern, Briefen und Notizen zusammenschrieb, und 1962, als sich schließlich ein Verleger fand, unter dem Titel "Berliner Aufzeichnungen. Aus den Jahren 1942 - 1945" mit großem Erfolg und hoher Auflage als Buch veröffentlichte. Im Februar 1945 erreichte Ursula von Kardorff ihre Kündigung bei der DAZ und zog sich in das schwäbische Dorf Jettingen zurück, wo sie dann bis 1948 blieb. In dieser Zeit wurde das kleine Dorf Aufenthaltsort und Durchgangsstation für einige ehemalige Kollegen aus dem Berliner Journalistenkreis. In Jettingen konvertierte die Protestantin kurz nach Kriegsende zum Katholizismus.Obwohl sie bereits ab 1945 gelegentlich Artikel in verschiedenen Zeitungen veröffentlicht und 1946 im Auftrag der 'Süddeutschen Zeitung' vom Nürnberger Prozess berichtet hatte, fand sie erst im Mai 1948 wieder in ein festes Vertragsverhältnis als Journalistin der 'Süddeutschen Zeitung'. Eine Stelle bei der 'Neuen Zeitung kurz zuvor war noch während der Probezeit wieder gekündigt worden mit dem Hinweis auf einen Aufsatz in der 'Weltbühne', der Passagen eines ihrer früheren DAZ-Artikels angeprangert hatte. Bei der 'Süddeutschen Zeitung' betreute Ursula von Kardorff zunächst die Modeseite und schrieb Glossen und Reportagen. Mehr und mehr verlegte sie sich auch auf aktuelle gesellschaftspolitische und zeitgeschichtliche Themen und wurde eine der profiliertesten Journalistinnen dieser Zeitung, der sie insgesamt knapp 40 Jahre angehörte. Bekannt wurde sie auch durch ihre in subjektivem Erzählstil gehaltene Kolumne "Durch meine Brille", die von 1961 bis 1982 regelmäßig in der 'Abendzeitung' erschien. Gleichzeitig machte sie sich einen Namen als Buchautorin, als Verfasserin von Reportagen in Zeitschriften und, vor allem in den späteren Jahren, als Reiseschriftstellerin. Ursula von Kardorff starb am 25. Januar 1988 in München.

Scope and Content

Bei dem Bestand handelt es sich um einen echten Nachlass, den das Institut für Zeitgeschichte Ende 1988 auf Vermittlung von Dr. Frei vom Nachlassverwalter Rechtsanwalt Frieder Roth erworben hat. Er umfaßt neben persönlichen Unterlagen und Dokumenten der Familie von Kardorff persönliche, berufliche und Leserkorrespondenz, persönliche Aufzeichnungen sowie eine umfangreiche Sammlung von Manuskripten und Artikeln, die einen Überblick über das publizistische Schaffen der Autorin geben.Eine Eigenheit des Bestandes stellen die in Band 13 und 14 abgelegten Aufzeichnungen meist autobiographischen Charakters dar, die in der Regel nicht für eine Veröffentlichung vorgesehen waren. Sie entspringen Ursula von Kardorffs Übung, bestimmte Zeitabschnitte auf der Grundlage von eigenen Tagebüchern, Notizen und Briefen nachträglich zu dokumentieren bzw. zu rekonstruieren, sei es, um damit eine zeitgeschichtliche Quelle zu bewahren oder eine Lebensphase auf diese Weise persönlich besser verarbeiten zu können. Sie konnte dabei neben ihren mitunter recht ausführlichen und anschaulichen Tagebuchaufzeichnungen (abgelegt in Bd. 12) auch auf Taschenkalender zurückgreifen, in die sie, beinahe lückenlos für den Zeitraum von 1942 bis 1988, täglich alle wichtigen Begebenheiten und Stimmungslagen notiert hatte (Bd. 10 und 11). Wenngleich in diesen Manuskripten private Ereignisse dominieren, lassen sie doch immer auch Konturen und Atmosphäre des jeweiligen Zeitgeschehens erkennen.Dies gilt in besonderem Maße für das 1962 erschienene Buch "Berliner Aufzeichnungen. Aus den Jahren 1942 - 1945", das wohl zu den wichtigsten autobiographischen Quellen der Kriegsjahre gezählt werden kann.Neben den dabei zugrundegelegten authentischen Aufzeichnungen und Briefen sind zwei Frühfassungen des Buchmanuskripts (Bd. 18 und 19) aufbewahrt. Korrespondenz, die sich auf die "Berliner Aufzeichnungen" bezieht, wurde wegen Bedeutung und Resonanz des Buches gesondert abgelegt (Bd. 7 und 9). Eine besondere Form von Aufzeichnungen in den späteren Jahren stellen die auf Tonkassetten aufgenommenen Gespräche der Journalistin mit der Fotografin Helga Sittl dar, in denen sie Eindrücke gemeinsamer Reisen und Recherchen für Buch- und Zeitschriftenpublikationen detailliert aufbereiteten (Bd. 20 - 22). Ähnlich wie bei den Aufzeichnungen lassen sich auch in der persönlichen Korrespondenz hinter dem vordergründig privaten Charakter oft Bezüge zum Zeitgeschehen erkennen. Das gilt beispielsweise für die Korrespondenz mit der Jugendfreundin Hanna Boye, bei der in Mitteilungen privater Natur immer wieder aktuelle Beobachtungen, etwa zur Behandlung der Juden, einfließen oder auch für die Korrespondenz mit Journalistenkollegen aus der Nachkriegszeit (z. B. Jürgen Schüddekopf, Karl Korn), die Eindrücke vom Neuaufbau der Presse vermittelt. Die Zäsur bei der Einteilung der persönlichen Korrespondenz wurde beim Kriegsende 1945 gesetzt, da dieses Datum eine einschneidende Änderung der Lebensumstände und des Bekanntenkreises Ursula von Kardorffs brachte. Spätere, teils auszugsweise Abschriften von Briefen wurden unter dem Namen des jeweiligen Korrespondenzpartners zusammen mit den Brieforiginalen abgelegt, sofern sie nicht als eigenständiges Manuskript gekennzeichnet sind. Die Sammlung von Zeitungsartikeln aus der Feder der Journalistin wurden, soweit möglich, chronologisch unter dem jeweiligen Zeitungstitel geordnet. Dabei wurden die Veröffentlichungen in der SZ (Bd. 2k - 26) und die AZ-Kolumne (Bd. 27) gesondert abgelegt. Eine Auswahl der Kolumnen, die die Autorin selbst zusammengestellt hat, findet sich in Band 28. Auch innerhalb der Leserbriefe wurde der AZ-Kolumne ein eigener Abschnitt eingeräumt.Aus dem Nachlass in die Bibliothek des IfZ abgegeben wurden folgende Publikationen:Kardorff, Siegfried von: Wilhelm von Kardorff. Ein nationaler Parlamentarier im Zeitalter Bismarcks und Wilhelm II. 1828 - 1907. Berlin 1936Rede des Herrn Reichstagsabgeordneten Siegfried von Kardorff anlässlich des Verfassungstages im Reichstagsgebäude am 11. August 1927. Berlin o. D.

Conditions Governing Access

Für die Benutzung des Nachlasses gelten die Bestimmungen der gültigen Benutzungsordnung.Als Edition aus dem Nachlass ist erschienen: Ursula von Kardorff, Berliner Aufzeichnungen 1942-1945. Unter Verwendung der Original-Tagebücher neu herausgegeben und kommentiert von Peter Hartl. München 1992. Die publizistischen Verwertungsrechte am Bestand ED 348 sind bei den Erben der Nachlasserin verblieben. Nachlassverwalter ist Rechtsanwalt Frieder Roth, München. München, September 1989, Peter Hartl.

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