Nix, Willy

Identifier
ED 225
Language of Description
German
Level of Description
Series
Source
EHRI Partner

Biographical History

Die genaue Biographie von Willy Nix liegt im Dunkeln. Mehrmals hat Nix wesentliche Angaben verändert, die Durchsicht der Quellen fördert Widersprüche und Brüche zutage, die die Rekonstruktion der tatsächlichen Verhältnisse fast unmöglich machen. Bis 1935 hat Dieter Marc Schneider den wahrscheinlichen Verlauf des Lebens von Willy Nix aus Gestapo-Akten ermittelt (vgl. seine Aufzeichnungen in Band 10).Demnach wuchs der am 14. Januar 1906 in Solingen geborene Willy Nix bei seinem Großvater väterlicherseits auf und war nach Beendigung der Volksschule in der Landwirtschaft tätig. Die Zeit vom 16. bis zum 21. Lebensjahr verbrachte Nix in der Erziehungsanstalt Benninghof. Nach seiner Entlassung trat er in die KPD ein und war für diese bis mindestens 1931 aktiv. Wohl durch propagandistische Tätigkeiten innerhalb der katholischen Kirche veränderte sich jedoch seine politische Haltung; Nix fand Anschluss an konservativ-rechte Kreise und konvertierte zum Katholizismus. Als Redner und Publizist der Zeitschrift "Die Abkehr" näherte sich Nix auch der nationalsozialistischen Gedankenwalt, wandte sich aber nach der Machtübernahme bald von ihr ab. Nach der Organisierung einer erfolgreichen Kampagne gegen die Schließung einer westfälischen Zeche, arbeitete er beim Studentischen Arbeitsdienst der Universität Münster, wo er zum Bezirksreferenten aufstieg. In dieser Zeit eignete sich Nix zunächst den akademischen Grad eines Dr. phil., dann den eines Dr. med. an und gab sich in der Folge als Arzt aus. Opposition gegen die Gleichschaltung der Studentenschaft brachte Nix 1934 in Gefahr. Vor der Gestapo flüchtete er mit seiner Verlobten nach Wien, wo er von März bis Juli 1934 in der Presseabteilung des Bundeskanzleramtes Arbeit fand. Im Januar 1935 kehrten beide nach Münster zurück. Willy Nix nahm Kontakt zu dem im holländischen Exil lebenden Pfarrer Friedrich Muckermann auf, entschloss sich aber wegen der immer noch bestehenden Gefährdung durch die Gestapo, erneut ins Ausland zu fliehen. Kurz vorher wurde er im Juni 1935 von der Staatspolizei Hamburg wegen des Verdachts auf Landesverrat verhaftet, wegen mangelhafter Beweislage aber bereits im Oktober 1935 entlassen und in "Schutzhaft" - zunächst im Konzentrationslager Esterwegen, dann in Sachsenhausen - genommen.1936 oder 1937 kam Nix frei und gab zunächst im Auftrag der Gestapo in Münster Rassenkundeunterricht für die Polizei, reiste aber schon nach wenigen Monaten, vielleicht über Holland, nach Österreich aus. Seit September 1937 war Nix in Klagenfurt gemeldet, wo er sechs Monate ein Studentenheim leitete. Kurz vor dem Anschluss Österreichs floh er weiter nach Italien. Hier gab er sich nach dem Erlernen der Sprache als Arzt aus und konnte 1940/1941 als Volontär am gerichtsmedizinischen Institut der Universität Rom arbeiten. Seit 1941 war Nix Hausarzt der Pallotiner und Addolorata-Schwestern in Rom. Der seit 1940 aus dem Deutschen Reich Ausgebürgerte versteckte sich bei der deutschen Besetzung Italiens im extraterritorialen Konvent der Addolorata-Schwestern und nahm wohl während dieser Zeit Kontakt zu Mitgliedern verschiedenster oppositioneller Kreise auf.Als Rom im Juni 1944 befreit worden war, gründete Willy Nix mit mehreren Freunden am 02. Juli 1944 die "Deutsche Antinationalsozialistische Vereinigung " (DAV), die in Zusammenarbeit mit den Alliierten Behörden in der deutschen Kolonie Italiens Einfluss zu gewinnen suchte und zunächst bestrebt war, in Italien lebende Deutsche zu registrieren und, wenn möglich, Identitäten zu verifizieren. Im Oktober 1944 entwickelte sich aus der DAV und parallel zu ihr das "Zentralbüro für Deutsche in Italien", das mit unpolitischer Zielsetzung Deutschen in Italien in Notlagen helfen wollte, was von materieller Unterstützung bis - in Absprache mit den italienischen Behörden - zur Ausstellung von sogenannten "Kennkarten" zur Ersetzung verloren gegangener Ausweispapiere reichte.Während die DAV bald völlig in den Hintergrund trat, weitete sich die Tätigkeit des Zentralbüros stark aus. 1945/946 wurden Zweigstellen in Mailand und Meran gegründet. Die Kennkarte wurde von einigen Einreiseländern als Dokument akzeptiert. Zunehmend geriet das Zentralbüro aber in den Verdacht, sich ihm nicht zustehende Kompetenzen anzueignen und seine Tätigkeit teilweise der Kontrolle der italienischen Behörden zu entziehen; auch waren gefälschte Zentralbüro-Kennkarten im Besitz ehemalider SS-Männer entdeckt worden.Mit der Begründung, Kennkarten auch an Kriegsgefangene und Nicht-Deutsche (das heißt Volksdeutsche) ausgegeben zu haben, wurde das Zentralbüro am 15. Januar 1947 vom italienischen Innenministerium aufgelöst. Nix führte jedoch nach sofortigem erfolglosen Einspruch gegen die Verfügung die Arbeit weiter und wurde deshalb im Februar 1947 verhaftet und in einem "Ausländer-Sammellager" interniert. Nach Angaben des italienischen Außenministeriums gelang ihm jedoch bald während eines Arztbesuches die Flucht; Nix tauchte - vielleicht in einem Kloster - unter.In den 50er Jahren bemühte sich der inzwischen oft als Arzt praktizierende Willy Nix um die Wiedereinreise nach Deutschland, zunächst nach Goslar, dann interessierte er sich für die Einreise in die DDR. Aus nicht bekannten Gründen sah er aber von diesem Vorhaben ab und blieb in Rom, wo er sich als praktischer Arzt vor allem mit anthroposophischer Medizin befasste.Anfang 1984 gelangte das Zentralbüro für Deutsche in Italien in die Schlagzeilen, als die New York Times in einem Artikel vom 26. Januar 1984 einen nunmehr vom amerikanischen Außenministerium freigegebenen Bericht des ehemaligen amerikanischen Diplomaten in Rom, Vincent La Vista, an die Öffentlichkeit brachte. Das Zentralbüro wurde darin beschuldigt, Nationalsozialisten zur Flucht nach Südamerika verholfen zu haben. Nix bestritt stets diese Anschuldigungen, konnte jedoch die "versehentliche" Vergabe von Ausweispapieren an SS-Mitglieder nicht ausschließen.Am 27. September 1988 ist Willy Nix gestorben.

Scope and Content

Im Sommer 1987 überließ Willy Nix dem Archiv des Instituts für Zeitgeschichte über die Vermittlung von Dieter Marc Schneider persönliche Papiere und Unterlagen, unter anderem eine Kopie seiner Erinnerungen ("Ein Wanderer zwischen den Welten"), Korrespondenzen, Unterlagen zur Arbeit des Zentralbüros und Presseausschnitte.Geplant war die Veröffentlichung der Memoiren durch Dieter Marc Schneider und Klaus Voigt, die im folgenden eigene Archivrecherchen anstellten. Weitreichende Unklarheiten ließen sich jedoch nicht beseitigen, sodass 1991 schließlich von einer Veröffentlichung abgesehen werden musste.1996 wurden die Papiere geordnet und verzeichnet, wobei Teil A der Sammlung die von Willy Nix übergebenen Unterlagen, Teil B die Aktenkopien und Korrespondenzen Dieter Marc Schneiders und Klaus Voigts aus eigenen Archivrecherchen enthält. Manuskripte von Willy Nix wurden in Teil A zusammengefügt, auch wenn die Zeitschrift "Die Abkehr" und "Die erste Tat" erst nachträglich im Stadtarchiv Hamm kopiert wurden.Den Schwerpunkt des Bestandes bildet das Manuskript der Memoiren von Willy Nix. Unterlagen des Zentralbüros und Korrespondenzen bilden wichtige Ergänzungen. In Teil B befinden sich unter anderem Gestapo-Verhören und der La-Vista-Bericht.

Conditions Governing Access

Der Bestand Willi Nix ist bis zum Jahr 2018 gesperrt. E. Rimmele, 1996

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