Magistrat der Stadt Berlin, Deputation für das Siedlungs- und Wohnungswesen / Hauptplanungsamt

Identifier
A Rep. 009
Language of Description
German
Source
EHRI Partner

Scope and Content

Vorwort

A Rep. 009 Deputation für das Siedlungs- und Wohnungswesen / Hauptplanungsamt

1. Geschichte der Deputation für das Siedlungs- und Wohnungswesen

Bereits 1911 versuchte die Berliner Verwaltung mit der Gründung des Verbandes Groß-Berlin (Zweckverband) auf die neuen Anforderungen im Siedlungs- und Wohnungswesen zu reagieren. Die Aufgaben des Zweckverbandes waren u.a. die Regelung der Verkehrsfragen, Mitbestimmungsrecht an der Feststellung der Fluchtlinien- und der Bebauungspläne für das Verbandsgebiet, Mitwirkung am Erlass von Baupolizeiverordnungen und der Erwerb und Unterhaltung größerer Freiflächen. Ebenso war die Schaffung des Wohnungsverbandes Berlin im November 1918 ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung der Wohnungsnot. Seine Aufgaben waren die Gewährung von Zuschüssen für die Schaffung neuer Wohnungen, Baustoffbeschaffung, Bereitstellung und Erschließung von Bauland, Mieterschutz und öffentliche Wohnungsbewirtschaftung.

Mit der Bildung der Einheitsgemeine Groß-Berlin 1920 wurde die Deputation für Siedlungs- und Wohnungswesen begründet. Zu den Aufgaben dieser Deputation gehörten das Städtebauwesen (Städtebau, Aufstellung der Bebauungs- und Siedlungspläne, Bauordnungswesen, Erhaltung des Baumbestandes), das Siedlungswesen (Verteilung der Baukostenzuschüsse, Förderung des Wohnungsbaues und Unterstützung der gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmen), das Kleingartenwesen (Tätigkeit des Zentralkleingartenamtes in Zusammenarbeit mit den Bezirksämtern), das Wohnungswesen (Tätigkeit des Zentralen Wohnungsamtes und des Mieteinigungsamtes) und das Park- und Bestattungswesen. Zur Erledigung der Aufgaben gliederte sich die Deputation in verschiedene Ausschüsse, z. B. den Ausschuss für das Siedlungs- und Kleingartenwesen, das Wohnungswesen und das Park- und Bestattungswesen. Darüber hinaus unterstand das Städtebauamt der Deputation. Die Deputation setzte sich aus Magistratsmitglieder, Stadtverordnete, Bürgerdeputierte und dem Städtebaudirektor zusammen. Die genaue Anzahl der Mitglieder der einzelnen Gruppen schwankte im Laufe der Jahre.
Eine Satzung wurde am 21.09.1925 für das Siedlungs- und Wohnungswesen der Stadt Berlin im Dienstblatt Teil V Nr. 18 vorgestellt.

1935 wurde die Deputation für das Siedlungs- und Wohnungswesen als Amt für Siedlungs- und Wohnungswesen fortgeführt. Als Abteilungen mit eigenem Fachnamen kamen neu hinzu die Naturschutzstelle und der Provinzialkonservator. Mit eigener Geschäftsführung waren angegliedert die Wohnungsbau-Kreditanstalt, Gemeinnützige Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft m.b.H. (GSW), Berliner Wohn- und Geschäftshaus G.m.b.H (BWG) und die Landesplanungsgemeinschaft Berlin. Als großer Schwerpunkt der Arbeit der Deputation galt die Betreuung und Aufsicht über die Wohnungsbaugenossenschaften, bei denen die Stadt Berlin Gesellschafter war. Eine der größten Gesellschaften war dabei die o. g. GSW. Sie war der Nachfolgebetrieb der 1924 gegründeten Wohnungsfürsorgegesellschaft Berlin mbH. Die Wohnungsfürsorgegesellschaft Berlin mbH hatte zur Aufgabe die Verteilung der Hauszinssteuermittel und später auch die Verteilung der Baukostenzuschüsse, die von der Stadt Berlin, dem Land Preußen und dem Deutschen Reich kamen. Außerdem betreute sie die Siedlerstellen der Kleinsiedlungen. Mit dem Wohnungsbau wurde erst im Jahr 1933 begonnen. 1936 wurden die Wohnungsfürsorgegesellschaft Berlin mbH mit neun weiteren Wohnungsbaugesellschaften zur Gemeinnützigen Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft zusammengeführt. Im Aufsichtsrat der GSW war der Bürgermeister der Stadt Berlin vertreten sowie fünf weitere Mitglieder, die vom Bürgermeister bestimmt wurden. Die Wohnungs- und Zentralregistratur der GSW wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Vorsitzender der Gesellschaft war Adalbert Pfeil, Beigeordneter der Reichshauptstadt Berlin. Als Geschäftsführer der Gesellschaft fungierte bis Juni 1941 Prof. Dr. Gerhard Petrick, gefolgt von Gerhard Kiepe und schon ab Mai 1941 Fritz Schröder. Die GSW gliederte sich in sechs Bezirksabteilungen Charlottenburg-Spandau, West, Tempelhof, Ost, Pankow und Nord. Die Deputation für das Wohnungs- und Siedlungswesen hatte bei den Wohnungsbaugenossenschaften v. a. die Aufsicht über die Finanzen und das Personal inne und bestimmte, in welche Bauprojekte investiert wurde.

Ein weiterer großer Schwerpunkt der Aufgaben der Deputation für das Siedlungs- und Wohnungswesen war das Park- und Bestattungswesen, v. a. im Zeitraum von 1920 bis 1935. So war sie maßgeblich an der Organisation der Umbettung der Friedhöfe für die Neugestaltung Berlins beteiligt. Unter ihre Aufgaben fiel auch die Kriegsgräberfürsorge. Darunter wurden die Gräber der Revolutionsgestorbenen, sowohl 1848 als auch 1918/1919, die Gräber der bis zum 30. September 1919 gefallenen Heeres- und Marineangehörigen sowie die Gräber der Angehörigen der ehemaligen Freiwilligenkorps und Grenzschutzformationen betreut. Zu den weiteren Aufgaben gehörten die Installierung, Ausbau und Verwaltung von Krematorien in Berlin.

Eine neue Aufgabe der Deputation war die Vergabe von Siedlerstellen in den städtischen Kleinsiedlungen, z. B. in Britz und Buckow. Ihr oblag somit auch die Aufsicht über die Siedlerstellen, d. h. in wie weit sie ordentlich bewirtschaftet und ob geplante Bauvorhaben der Siedler genehmigt wurden.
Die Koordination der Auslagerung von Wertgegenständen aus Berlin in den 40er Jahren lief ebenfalls über das Hauptplanungsamt. So sind Auflistungen der Verbrachten Kisten mit Archiv- und Bibliotheksbeständen sowie Haushaltsgegenstände und sogar Autos überliefert.

1938 wandelte sich die Amtsbezeichnung in Hauptplanungsamt um.

Nach 1945 wurde das Stadtplanungsamt in die Magistratsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen integriert.

Der Bestand kam in mehreren Übernahmen zwischen 1954 und 1961 in das damalige Stadtarchiv Berlin. Abgegeben wurden die Unterlagen vom Verwaltungsarchiv der Magistratsabteilung Innere Angelegenheiten und der Magistratsabteilung Finanzen. Der Bestand wurde 1998 auf Grund von Provenienzbereinigungen im Bestand A Rep. 033-08 Bezirksamt Wedding mit weiteren Akten ergänzt.


2. Bestandsgeschichte

Der Bestand A Rep. 009 Magistrat der Stadt Berlin - Deputation für das Siedlungs- und Wohnungswesen umfasst 1351 Akten (13,00 lfm).

Er beinhaltet Akten der Leitung, zur Betreuung der Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaften (mit Berichten, Finanzprüfungen, Sitzungsprotokollen) und zu Bauvorhaben verschiedener Baugesellschaften. Weitere Akten beschäftigen sich mit der Altstadtsanierung, der Stadtplanung sowie der Koordinierung der Auslagerungen. Zahlreiche Personalakten mit Dienstverträgen und Tarif- und Gehaltsangelegenheiten sind ebenfalls überliefert. Im Bereich Park- und Friedhofswesen beinhaltet ein großer Teil der Überlieferung die Installierung, Ausbau und Verwaltung von Krematorien in Berlin sowie die Betreuung der Kriegergräber. Die Akten zur Nutzung und Gestaltung des Tempelhofer Feldes sowie einige Akten zu Zeltplätzen und Kleingärten runden den Bestand ab.

Der größten Teil der Überlieferung mit ca. 1000 Verzeichnungseinheiten sind Siedlerakten der Kleinsiedlungen. Sie waren nur als Bündeln erfasst und wurden vor der Erschließung gesichtet und bewertet. Auf Grund der großen Masse und Gleichförmigkeit der Akten wurde nur eine Auswahl von je einem Bündel pro Siedlung beispielhaft erschlossen. Dabei wurden auch von jedem Siedlungsbauabschnitt, z. B. Britz I und Britz II, jeweils ein Bündel übernommen. Die restlichen Bündel wurden kassiert. Typische Dokumente der Siedlerakten sind:
- Politisches Führungszeugnis
- Eidesstattliche Verpflichtung
- Feststellung über Eignung bereits angesetzter Siedler
- Strafregisterauszug
- Siedlerfragebogen
- Bewerbungsbogen für einen Siedlerplatz
- z. T. Beschlagnahmung von "Naziführer Vermögen" nach 1945
- Erbrechtsverträge
- Kündigung der Siedlerstelle
- Übertragung des Erbbaugrundstücks
- Gesundheitsschein
- Kontrollbericht über den Zustand der Siedlerstelle
- Kaufverträge
- Pachtverträge
Außerdem können die Akten Baupläne für Ställe, Dachgeschossausbauten und Verandas enthalten.


Nach der Retrokonvertierung des maschinenschriftlichen Findbuchs von 1995 in eine Excel Liste wurde der Bestand von Dezember 2014 bis Februar 2015 von einer Studentin der FH Potsdam neu verzeichnet. Die Gründe für die Neuverzeichnung waren, dass die Unterlagen des Bestandes in meist sehr allgemein gehaltenen Aktentitel und keinen Enthält-Vermerken erschlossen waren. Die Vorgänge waren z. T. wahllos zu Akten zusammengefasst. Die Titel, die auf den Aktendeckeln oder Ordnungsstreifen erfasst waren, wurden nun meist übernommen oder konkretisiert. Des Weiteren wurden die aufgeführten alten Archivsignaturen und Registratursignaturen aufgenommen. Im Enthält- und Darin-Vermerk wurden Inhalte aufgenommen, die die Akte näher beschreiben oder die man nicht in ihr vermutet hätte. Die Unterlagen befanden sich zum Großteil noch in alten Ordnern und Heftern. Während der Erschließung wurden sie in Jurismappen verpackt, etikettiert und in Archivkartons verstaut. Anschließend erfolgte die Rücklagerung ins Magazin.

Zahlreiche Akten sind auf Grund archivgesetzlicher Bestimmungen bzw. der EU-Datenschutz-Grundverordnung für die Benutzung befristet gesperrt. Eine Verkürzung der Schutzfristen kann auf Antrag erfolgen. Dazu bedarf es der besonderen Zustimmung des Landesarchivs.

Der Bestand A Rep. 009 ist wie folgt zu zitieren: Landesarchiv Berlin, A Rep. 009, Nr. ...


3. Korrespondierende Bestände

A Rep. 001-02 Magistrat der Stadt Berlin, Generalbüro
A Rep. 001-06 Magistrat der Stadt Berlin, Personalbüro
A Pr.Br. Rep. 057 Der Stadtpräsident der Reichshauptstadt Berlin
C Rep. 109 Magistrat von Berlin, Abteilung Bau- und Wohnungswesen

Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz I. HA Rep. 191 VWM Ministerium für Volkswohlfahrt
Bundesarchiv R 113 Reichsstelle für Raumordnung
Bundesarchiv R 3901 Reichsarbeitsministerium
Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam Rep. 2A Regierung Potsdam - Abteilung I Präsidialabteilung - Siedlungs- und Wohnungswesen (1810-1951)


4. Literatur- und Quellenverzeichnis

Czeminski, F.: Berlin (Wohnungsbau und Wohnungswirtschaft nach dem 1. Weltkrieg) In: Wohnen und Bauen ; 3.1931, 1/2, S. 6-12 : Abb.; Berlin 1931
Denkschrift über die in Zukunft mögliche Bevölkerung der Stadtgemeinde Berlin : auf Grund der Bauverordnung vom 03.11.1928, Hrsg. vom Amt für Stadtplanung; Berlin 1928
Denkschrift Nr. 2 Die Freiflächen der Stadtgemeinde Berlin, Hrsg. vom Amt für Stadtplanung Berlin. Berlin 1929
Entwurf zu einer neuen Bauordnung für die Stadt Berlin : Aufgestellt im Januar 1932 der Oberbürgermeister, Hrsg. Vom Stadtamt für Siedlungs- und Wohnungswesen, Berlin 1932.
Geschäftsberichte der Wohnungsfürsorgegesellschaft Berlin m.b.H., Berlin 1928; 1930.
Geschichte der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft in Berlin, Hrsg. Von Wohnungsbaugenossenschaften und -gesellschaften e. V., Berlin 1957
Godeck, R.: Das gemeindliche Siedlungs-, Bau- und Wohnungswesen : kurze Darstellung nebst Text der wichtigsten gesetzlichen Bestimmungen, o.O. 1939.
Grimme, Karin: Nationalsozialistische Siedlungen in Berlin, In: Berlin in Geschichte und Gegenwart ; 1991, S. 147-173, Berlin 1991.
Petrick, Gerhard: Der Wohnungsbau im Siedlungsgebiet Charlottenburg- Nord, In: Die Baukunst : die Kunst im Deutschen Reich ; 2.1939, 11, S. 469-474.
Schallenberger, Jakob: Der Wohnungsneubau in Berlin : aus der Tätigkeit der Berliner Wohnungsfürsorgegesellschaft - Aus der Tätigkeit der Wohnungsfürsorge, Berlin 1930.
Schallenberger, Jakob: Siedlung auf dem Tempelhofer Feld, In: Der Wohnungsneubau in Berlin ; ca. 1930, S. 22-23.
Stürmer, Rainer: Freiflächenpolitik in Berlin in der Weimarer Republik : ein Beitrag zur Sozial- und Umweltschutzpolitik einer modernen Industriestadt; Berlin 1991
Verzeichnis der auf dem Friedhof im Friedrichshain bestatteten Personen; Berlin 1939
Verwaltungsberichte der Stadt Berlin : nach d. Berichten d. Verwaltungen hrsg. vom Statistischen Amt der Stadt Berlin; Berlin 1.1920/24 (1926) - 2.1924/27 (1929); N.F. 1.1932/36 (1937)


Abkürzungsverzeichnis

BBG Berliner Baugenossenschaft
BWG Berliner Wohn- und Geschäftshaus GmbH
Degewo Deutsche Gesellschaft zur Förderung des Wohnungsbaus
e. V. eingetragener Verein
Gehag Gemeinnützige Heimstätten-Aktiengesellschaft
GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GSW Gemeinnützige Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft mbH
NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter Partei
SA Sturmabteilung
Ufa Universum-Film AG



Berlin, März 2015/Juli 2017 Carmen Schwietzer und Kerstin Bötticher

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