Division z.V.
Extent and Medium
Schriftgut
11 Aufbewahrungseinheiten
0,5 laufende Meter
Creator(s)
- Division z.V. (Div. z.V.), 1944-1945
Biographical History
Geschichte des Bestandsbildners
Vorgeschichte
Die folgende Darstellung folgt im wesentlichen Hölsken, V-Waffen (s. Bibliographie).
In der Endphase des Zweiten Weltkrieges wurden sowohl von der Luftwaffe als auch vom Heer Fernwaffen entwickelt, denen im Zuge der sich dramatisch verschlechternden Kriegslage rasch immer größere Hoffnungen entgegen gebracht wurden - bis zur Propagierung als „Vergeltungs-„ und schließlich „Wunderwaffen".
Zum Kriegseinsatz kamen im wesentlichen vier Fernwaffensysteme:
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V1: Fieseler Fi 103 („Kirschkern"; Tarnbezeichnung FZG 76 / Flakzielgerät 76): Marschflugkörper / „Flugbombe"
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V2: A4 (Aggregat 4): einstufige Rakete
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Rheinbote: vierstufige Rakete
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HDP / Hochdruckpumpe („Fleißiges Lieschen", „Tausendfüßler")
Für den Kriegseinsatz der Fi 103 wurde im Juni 1943 mit der Aufstellung einer Ausbildungseinheit begonnen, dem Lehr- und Erprobungskommando Wachtel der Luftwaffe (Oberst Wachtel war seit April 1943 mit der Durchführung des Kriegseinsatzes der Fi 103 beauftragt). Am 11. Mai 1943 wurde auf Seiten des Heeres der Abteilungschef WaPrüf 11 im Heereswaffenamt Major Dr. Dornberger als Kommandeur des Heimat-Artillerie-Parks 11 (Tarnbezeichnung für die Heeresversuchsanstalt Peenemünde) eingesetzt.
Im Sommer 1943 wurde darüberhinaus durch das Heer mit der Aufstellung von Fernraketen-Batterien für den A4-Einsatz begonnen - auf dem Artillerie-Zielfeld Blizna, dessen Schutz die SS übernahm.
Am 15. August 1943 wurde aus dem Kommando Wachtel das Flak-Regiment 155 (W) gebildet, das bald nach Frankreich verlegte. Zeitgleich liefen dort umfangreiche Baumaßnahmen für vier Bunker und 96 Stellungen.
Anfang September 1943 wurde durch den Chef der Heeres-Rüstung und Befehlshaber des Ersatzheeres ein Beauftragter z.b.V. / Heer (Major Dornberger) für Entwicklung und Einsatzbereitschaft des Raketenprogramms eingesetzt.
Ende Oktober 1943 wurde die Lehr- und Versuchsbatterie 444 nach Blizna verlegt.
Erst am 28. November 1943 wurde eine den Kriegseinsatz der Fernwaffen koordinierende Stelle geschaffen - das Generalkommando LXV. Armeekorps z.b.V. unter Generalleutnant Erich Heinemann (Heer) mit dessen Chef des Stabes Oberst Eugen Walter (Luftwaffe). Diesem Verband unterstand zunächst das Flak-Regiment 155 (W), die für den Kriegseinsatz der A4 vorgesehenen Fernraketen-Batterien sollten hinzukommen. Für die Leitung des A4-Einsatzes wurde vom Armeekorps der Höhere Artillerie-Kommandeur 191 (Generalleutnant Metz) eingesetzt.
Die weitere Entwicklung der Fernwaffen zur Einsatzreife verzögerten sich jedoch genauso wie die Aufstellung der vorgesehenen Einheiten, das Flak-Regiment 155 (W) war erst am 1. Februar 1944 komplett. Da zwischenzeitlich von alliierter Seite die im Bau befindlichen Stellungen erkannt und angegriffen wurden, mußte zudem ein neues Stellungssystem geschaffen werden. Obwohl nun Hitler am 16. Mai 1944 den Einsatz der Fernwaffen angeordnet hatte, mußte der Einsatztermin mehrmals verschoben werden. Am Tag der alliierten Landung in der Normandie am 6. Juni 1944 wurde schließlich die bisher aus Tarnungsgründen nicht erfolgte Befüllung der Lager und Stellungen angeordnet (Stichwort „Rumpelkammer") und in größter Eile Einsatzbereitschaft hergestellt. Erst am 15. Juni 1944 war jedoch das Flak-Regiment 155 (W) in der Lage das Feuer mit Fi 103 bzw. V1 zu eröffnen. Zusätzlich hierzu erfolgte ab dem 9. Juli 1944 nach vorherigen entsprechenden Erprobungen auch der Einsatz von Fi 103 mittels Abschuß durch Flugzeuge vom Typ He 111 H-22 der III. Gruppe des Kampfgeschwaders 3. Am 18. Juli schließlich mußte der Bau von A4-Bunkern aufgrund der aktuellen Lage aufgegeben werden, der Schwerpunkt lag nun auch hier auf Feldstellungen.
Eine grundlegende Änderung der Kompetenzen im Bereich der Fernwaffen ergab sich am 20. Juli 1944. In Reaktion auf das Attentat und die Verstrickung des bisherigen Amtsinhabers ernannte Hitler den Reichsführer-SS Himmler zum Chef der Heeresrüstung und Befehlshaber des Ersatzheeres, wodurch Himmler nun das A4-Programm des Heeres unterstand.
Die Division z.V.
In dieser Eigenschaft ernannte Himmler am 6. August 1944 SS-Gruppenführer Dr. Hans Kammler zum „Sonderbevollmächtigten 2", seinem Sonderbevollmächtigten in A4-Angelegenheiten. Kammler beanspruchte sogleich die Zuständigkeit für Fertigung und Einsatzleitung. Zeitgleich lief im August der Rückzug des Flak-Regiments 155 (W) und des LXV. Armeekorps z.b.V. aus Frankreich. Mit dem Verlust von Paris am 28. August 1944 wurde diese Stadt neben London hauptsächliches Fernwaffenziel.
Am 6. September 1944 legte Kammler den organisatorischen Rahmen für den A4-Einsatz (V2) fest:
Gruppe Nord (Kleve)
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Artillerie-Abteilung 485
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Lehr- und Versuchsbatterie 444
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SS-Werfer-Batterie 500
Gruppe Süd (Euskirchen)
- Artillerie-Abteilung 836
Zur Leitung des A4-Einsatzes und Führung der entsprechenden Einheiten wurde daraufhin die Division z.V. eingerichtet, mit Sitz in Haaksbergen. Am 7. September 1944 wurden durch die Gruppe Nord die ersten V2 (A4) auf Paris und auf London abgefeuert, am 15. September folgte die Gruppe Süd mit Abschüssen auf Lille und Mons.
In den Kompetenzstreitigkeiten zwischen Kammler und dem Armeekorps, bzw. Himmler und dem OKW, setzten sich Himmler und Kammler schließlich durch. Die Einsatzleitung wurde als allein bei Kammler liegend festgelegt, sowohl das Armeekorps als auch der Höhere Artillerie-Kommandeur waren damit für den A4-Einsatz überflüssig geworden. An die Stelle des LXV. Armeekorps z.b.V. trat am 14. November 1944 die 5. Flak-Division (W), der Höhere Artillerie-Kommandeur 191 trat zurück.
In der Zwischenzeit wurde die V2 vermehrt als Fernartillerie gegen die Alliierten in Frankreich eingesetzt, war hier aber nur von begrenzter Brauchbarkeit. Am 12. Oktober 1944 ordnete Hitler schließlich an, die V2 nur noch gegen London und Antwerpen einzusetzen. Der Einsatz der V1 lief indes weiter (am 19. November erfolgte der 10.000 Abschuß).
Ab dem 28. November begann nun von Stellungen bei Trier aus der Einsatz von zwei Hochdruckpumpen unter der ebenfalls der Division z.V. unterstellten Artillerie-Abteilung 705. Ab dem 24. Dezember begann die auch der Division z.V. unterstellte Artillerie-Abteilung (mot.) 709 mit dem Einsatz von Rheinboten gegen Antwerpen. Die Division z.V. vereinigte nun drei der vier Fernwaffensysteme in ihrem Verband. Ab dem 30. Dezember wurden die HDP-Geschütze gegen Luxemburg eingesetzt. Die Fernwaffen-Verbände wichen unterdes weiter nach Osten zurück. Am 26. Januar 1945 wurde schließlich auch das Flak-Regiment 155 (W) der Division z.V. unterstellt, Kammler vereinigte nun alle Fernwaffen-Einheiten unter seinem Kommando. Die Division z.V. umfaßte:
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Artillerie-Abteilung 485 (V2 / A4)
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Lehr- und Versuchsbatterie 444 (V2 / A4)
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SS-Werfer-Batterie 500 (V2 / A4)
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Artillerie-Abteilung 836 (V2 / A4)
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Artillerie-Abteilung 705 (HDP)
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Artillerie-Abteilung (mot.) 709 (Rheinbote)
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Flak-Regiment 155 (W) (V1 / Fi 103)
Am 14. Februar stellten die HDP-Geschütze das Feuer ein. Die A4-Einheiten sollten derweil vergrößert werden und wurden zunächst umbenannt: die Artillerie-Abteilung 836 in Artillerie-Regiment z.b.V. 901 und die Artillerie-Abteilung 485 in Artillerie-Regiment z.b.V. 902. Die Vergrößerungen fanden jedoch nicht mehr statt und auch das geplante Artillerie-Regiment z.b.V. 903 wurde nicht mehr aufgestellt. Am 27. März 1945 erfolgte der Abschuß der letzten V2, am 30. März der der letzten V1. Am 3. April 1945 ordnete Hitler an, für die V-Waffen keinen Sprengstoff mehr zur Verfügung zu stellen, der Fernwaffen-Einsatz war damit endgültig beendet.
Insgesamt waren etwa 3170 V2 und etwa 22.400 V1 verschossen worden.
Kammler plante nun, bereits in Deutschland stehend, die Umwandlung seiner Division z.V. in die Infanterie-Division z.V., mit entsprechender Umwandlung der Regimenter, doch ist es hierzu nur noch in Ansätzen gekommen. Letzte Reste des Flak-Regiments 155 (W) ergaben sich am 9. Mai 1945 im Raum Oldenburg, die ehemaligen A4-Einheiten standen bei Kriegsende im Münsterland.
Kommandeur:
6.9.1944-8.5.1945 SS-Obergruppenführer Dr. Hans Kammler
Unterstellung:
6.9.1944-8.5.1945 Chef der Heeresrüstung und Befehlshaber des Ersatzheeres
Scope and Content
Geschichte des Bestandsbildners
Der Bestand besteht zum einen aus zwei Bänden einer Abgabe des Imperial War Museum in London an das Bundesarchiv-Militärarchiv Anfang der 1990er und zum andern aus einem Archivalienfund in Schleswig-Holstein von 1993. Bei letzterem handelt es sich um mehrere Bände, die in einem Waldstück bei Süderhastedt (Kreis Dithmarschen) aufgefunden wurden. Der Zustand war äußerst angegriffen, ein Teil war unrettbar zerstört, etwa zwei Drittel der aufgefundenen Unterlagen wurden einem aufwendigen Restaurierungsverfahren unterzogen. Die einzelnen Seiten dieser Bände sind jedoch nachwievor schwer lesbar und weisen zum Teil erhebliche Lücken auf, bzw. teilweise sind nur noch Fragmente vorhanden.
Bestandsbeschreibung
Das hier überlieferte Schriftgut der Division z.V. bietet aufgrund des geringen Umfanges und der starken Papierschäden keinen umfassenden Einblick in die Geschichte und das Wirken dieses Verbandes. Doch es stellt eine wertvolle Ergänzung zu den sonstigen Quellen für den Einsatz der V-Waffen dar. Insbesondere die vorhandenen Abschußmeldungen und Zielangaben sind hier zu nennen.
Erschliessungszustand
Vollständig erschlossen
Zitierweise
BArch RH 26-1022/...