Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft
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- Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft (BMBW), 1969-1994
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Geschichte des Bestandsbildners
Die Geschichte des BMBW ist gekennzeichnet durch eine wechselvolle Aufgabenentwicklung mit bedeutenden Änderungen in der jeweiligen Ressortzuständigkeit. Als Keimzelle des BM für Bildung und Wissenschaft könnte man das bei der Regierungsbildung im Oktober 1953 neu eingerichtete BM für besondere Aufgaben Franz Josef Strauß (BMS Strauß) bezeichnen, das am 20. Oktober 1955 in BM für Atomfragen (BMAt) umbenannt wurde. Mit der zeitweiligen Übernahme wasserwirtschaftlicher Zuständigkeiten (ab 29.10.1957) hieß das Ministerium während der dritten Legislaturperiode ab Oktober 1957 BM für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft (BMAtW). Am 14. November 1961 wurde es nochmals in BM für Atomkernenergie (BMAt) umbenannt. Dem Entstehen neuer Bereiche der technischen Entwicklung wie Weltraumforschung und elektronische Datenverarbeitung Rechnung tragend wurde das Ministerium am 14. Dezember 1962 in BM für wissenschaftliche Forschung (BMwF) umbenannt. Die Wasserwirtschaft wurde am 29.01.1962 dem Bundesministerium für Gesundheitswesen übertragen. Durch Grundgesetzänderung erhielt der Bund 1969 neue Kompetenzen in der Bildungsplanung und Forschungsförderung (Gemeinschaftsaufgabe in Art. 91b GG), daher wurde das Ministerium zum 22.10.1969 in BM für Bildung und Wissenschaft (BMBW) umbenannt.
Mit Beginn des zweiten Kabinetts Brandt am 15. Dezember 1972 gab das Ministerium seine Abteilungen III (Forschungsplanung, Technologische Forschung und Entwicklung), IV (Kerntechnik, Datenverarbeitung) und V (Weltraumforschung und -technik, Luftfahrtforschung) an das neu eingerichtete BM für Forschung und Technologie (BMFT) ab. Es verlor damit die Zuständigkeit für Allgemeine Förderung der Wissenschaften (Aktenplanhauptgruppe 3), Kernenergie (5 und 6), Neue Technologien (7), Luftfahrt- und Weltraumforschung (8) sowie teilweise für ausländische und internationale Angelegenheiten (9). Gleichzeitig übernahm das BMBW die Zuständigkeit für die berufliche Bildung vom BMWi bzw. BMA und für die Ausbildungsförderung vom BMJFG.
Zwischen 1972 und 1994 nahm das Ministerium folgende Aufgabengebiete wahr: Bildungsplanung und Bildungsforschung; Ausbildungsförderung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses; Berufliche Bildung und Berufsbildungsförderung; Hochschulwesen; Wissenschaftsförderung.
Mit Organisationserlass des Bundeskanzleramts vom 17. November 1994 wurden das BMBW und das BMFT in dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF) zusammengeführt (Bulletin Nr. 109 vom 25.11.1994).
Mit Organisations-Erlass des Bundeskanzlers vom 27. Okt. 1998 erhielt das Ministerium die Bezeichnung Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
In diesem Zusammenhang wurden die Zuständigkeiten für die indirekte Forschungsförderung und technologieorientierter Unternehmensgründungen, der Energieforschung und der Luftfahrt (ohne Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, DLR) an das Bundesministerium für Wirtschaft abgegeben (Bestand B 102).
Minister:
Franz Josef Strauß (CSU), 21.10.1955-16.10.1956
Siegfried Balke (CSU), 16.10.1956-11.12.1962
Hans Lenz (FDP), 14.12.1962-17.10.1965
Gerhard Stoltenberg (CDU), 19.10.1965-19.10.1969
Hans Leussink (parteilos), 20.10.1969-15.03.1972
Klaus von Dohnanyi (SPD), 15.03.1972-16.05.1974
Helmut Rohde (SPD), 16.05.1974-16.02.1978
Jürgen Schmude (SPD), 16.02.1978-28.01.1981
Björn Engholm (SPD), 28.01.1981-04.10.1982
Dorothee Wilms (CDU), 04.10.1982-18.02.1987
Jürgen W. Möllemann (FDP), 18.02.1987-20.12.1990
Rainer Ortleb (FDP), 20.12.1990-04.10.1994
Karl-Hans Laermann (FDP), 04.10.1994-10.11.1994
Jürgen Rüttgers (CDU), 10.11.1994-26.10.1998
Edelgard Bulmahn (SPD), 26.10.1998-22.11.2005
Annette Schavan (CDU), 22.11.2005-14.02.2013
Johanna Wanka (CDU), 14.02.2013
Beamtete Staatssekretäre:
Wolfgang Cartellieri, Juli 1959-Okt. 1966
Hans von Heppe, Nov. 1966-Jan. 1971
Hildegard Hamm-Brücher, Okt. 1969-Mai 1972
Hans-Hilger Haunschild, Febr. 1971-März 1987
Reimut Jochimsen, Febr. 1973-Sept. 1978
Hermann Granzow, Okt. 1978-Okt. 1982
Paul Harro Piazolo, Okt. 1982-April 1987
Eberhard Böning, April 1987-März 1988
Fritz Schaumann, Mai 1988-Okt. 1998
Gebhard Ziller, 1987-Juli 1996
Helmut Stahl, Aug. 1996-Okt. 1998
Uwe Thomas, Okt. 1998-2002
Wolf-Dieter Dudenhausen, 2002-2005
Wolf-Michael Catenhusen, 2003-2005
Frieder Meyer-Krahmer, 2005-2009
Michael Thielen, 2005-2009
Cornelia Quennet-Thielen, 2009-
Georg Schütte, 2009-
Parlamentarische Staatssekretäre:
Klaus von Dohnanyi, Okt. 1969-März 1972
Joachim Raffert, März-Aug. 1972
Karl Fred Zander, Dez. 1972-Mai 1974
Peter Glotz, 1974-1977
Björn Engholm, 1977-1981
Eckart Kuhlwein, 1981-1982
Anton Pfeifer, 1982-1987
Irmgard Karwatzki, 1987-1989
Norbert Lammert, 1989-1994
Torsten Wolfgramm, 1991-1993
Bernd Neumann, 1990-1998
Cornelia Yzer, 1994-1997
Elke Wülfing, 1997-1998
Wolf-Michael Catenhusen,1998-2002
Christoph Matschie, 2002-2004
Ulrich Kasparick, 2004-2005
Andreas Storm, 2005-2009
Thomas Rachel, 2005-
Helge Braun 2009-2013
Stefan Müller, 2013-
Das BMBF verteilt sich auf zwei Dienstsitze, den Hauptsitz in Bonn in den sogenannten "Kreuzbauten", und einen weiteren Dienstsitz in Berlin im Gebäude der ehemaligen Ständigen Vertretung der Bundesrepublik bei der DDR. Grundlage für diese Aufteilung ist das Berlin-Bonn-Gesetz. Eine der Aufgaben des BMBF ist es, die Bundesstadt Bonn als Wissenschaftsstandort auszubauen, um die Folgen des Umzugs von Parlament und Regierung nach Berlin für die Region abzumildern.
Einzige Behörde im nachgeordneten Bereich des BMBF ist das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn, das 1970 aufgrund des Berufsbildungsgesetzes gegründet wurde.
Das Institut hat bisher noch keine Akten an das Bundesarchiv abgegeben. Unterlagen befinden sich allerdings im Ministerialbestand.
Bearbeitungshinweis
Hinweis auf einschlägige Vorgänge:
2483/6: Verzeichnungs- und Bewertungsarbeiten
2484/13: Großforschungseinrichtungen (GFE)als Projektträger BMBF
3484/15: Anwendung Bundesarchivgesetz auf GFE
2484/17: Deutsches Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR)
Bestandsbeschreibung
Zwischen 1969 und 1994 nahm das Ministerium folgende Aufgabengebiete wahr: Bildungsplanung und Bildungsforschung; Ausbildungsförderung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses; Berufliche Bildung und Berufsbildungsförderung; Hochschulwesen; Wissenschaftsförderung.
Der bisher in das Bundesarchiv gelangte Bestand umfasst Abgaben zu allen Aufgabenbereichen.
Zuständigkeiten des Ministeriums laut Angaben Geschäftsverteilungsplänen und Organigrammen:
Abteilungsgliederung des BMBW/BMBF1969 ff
Ende 1972 (vor Errichtung des BMFT):
Abt. I: Verwaltung, Finanzen, Wirtschaft, Internationale Zusammenarbeit
Abt. II: Bildungsplanung, Hochschulen
Abt. III: Forschungsplanung, Technologische Forschung und Entwicklung
Abt. IV: Kerntechnik, Datenverarbeitung
Abt. V: Weltraumforschung und -technik, Luftfahrtforschung
1973-1994 (nach Errichtung des BMFT):
Abt. I: Zentralabteilung
Abt. II: Bildungsplanung, 1983 umbenannt in Allgemeine Angelegenheiten der Bildungspolitik
Abt. III: Berufliche Bildung
Abt. IV: Hochschulen, Wissenschaftspolitik
1995 (nach Zusammenlegung mit dem BMFT):
Abt. Z: Zentralabteilung
Abt. 1: Innovation, Strategische Orientierungen, Internationale Zusammenarbeit
Abt. 2: Allgemeine und Berufliche Bildung
Abt. 3: Hochschulen und Wissenschaftsförderung; Grundlagenforschung
Abt. 4: Energie und Umwelt
Abt. 5: Biowissenschaften und Informationstechnik
Abt. 6: Luft- und Raumfahrt, Verkehr, Neue Technologien
Ende 1998 (nach Abgabe des Technologiebereichs):
Abt. Z: Zentralabteilung, Grundsatzfragen
Abt. 1: Europäische und internationale Zusammenarbeit
Abt. 2: Allgemeine Bildung; Berufliche Bildung
Abt. 3: Hochschulen
Abt. 4: Forschung; Umwelt
Abt. 5: Neue Technologien; Informationstechnologie
Abt. 6: Gesundheit, Biowissenschaften; Verkehr, Raumfahrt
Ab 2007 liegen Zuständigkeiten für Verkehr und Raumfahrt beim BM für Verkehr und digitale Infrastruktur (B 108)
2006/2009/2015/ (GVPl unverändert)
Abt. Z: Zentralabteilung
Abt. 1: Strategien und Grundsatzfragen
Abt. 2: Europ. und internat. Zusammenarbeit
Abt. 3: Berufliche Bildung, lebenslanges Lernen
Abt. 4: Wissenschaftssystem
UAbt. 4.1: Hochschulen
Abt. 5: Neue Technologien, Informationstechnologie
Abt. 6: Lebenswissenschaften, Forschung für Gesundheit
Abt. 7: Zukunftsvorsorge, Forschung für Kultur, Grundlagen und Nachhaltigkeit
UAbt. 7.2: Kultur, Erde und Umwelt
1994, unmittelbar vor der Zusammenlegung des BMBW mit dem BMFT, war folgender Aktenplan (Hauptgruppen) gültig:
0: Allgemeine politische Angelegenheiten,Verteidigung, Recht, Wirtschaft, Statistik, Berlin
1: Zentralverwaltung
2: Bildungsplanung
4: Hochschulen und sönstiger tertiärer Bereich (soweit nicht BBiG), Wissenschaftspolitik
5: Förderung im Hochschulbereich, Hochschule und Wirtschaft, Fachhochschulen
6: Berufliche Bildung
9: Ausländische und internationale Angelegenheiten.
Im November 1994, nach der Vereinigung zum BMBF, erging ein neuer fünfstelliger Aktenplan mit folgenden Hauptgruppen:
0: Allgemeine politische Angelegenheiten, Rechts- und Wirtschaftsangelegenheiten, Statistik
1: Zentralverwaltung
2: Allgemeine und berufliche Bildung
4: DAMIB-PT-Vorhaben, Hochschulen und Wissenschaftsförderung, Forschungseinrichtungen neuer
Art, Grundlagenforschung
6: Energie und Umwelt
7: Biowissenschaften und Informationstechnik
8: Neue Technologien
9: Internationale Zusammenarbeit
Der Bestand B 138 enthält Vorakten auch aus der Zeit vor der Gründung des BMBW im Jahr 1969. Vorakten aus dem BMI betreffen insbes. die Bereiche Bildungswesen und Wissenschaftsförderung.
Nach der Verselbstständigung des BMFT im Jahr 1972 verblieb ein Teil der Altakten aus den Aktenplanhauptgruppen 3, 5/6, 8 und 9 im Bestand B 138, obwohl die Zuständigkeiten vom BMFT wahrgenommen wurden.
Seit der Zusammenlegung von BMFT und BMBW zum BMBF im Jahr 1994 werden Akten des Forschungsbereichs wieder laufend in den Bestand B 138 übernommen.
Der Bestand B 196 (BMFT 1972-1994) ist geschlossen.
Einzige Behörde im nachgeordneten Bereich des BMBF ist das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), das 1970 aufgrund des Berufsbildungsgesetzes gegründet wurde und seit 1999 seinen Sitz in Bonn hat. Das Institut hat bisher noch keine Akten an das Bundesarchiv abgegeben. Unterlagen befinden sich allerdings im Ministerialbestand.
Zum Geschäftsbereich des BMFT/BMBF gehören Großforschungseinrichtungen (GfE), die die Ministerien bei forschungs- und energiepolitischen Zielen beraten und unterstützen (u.a. Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Forschungszentrum Jülich, Gesellschaft für Reaktorsicherheit, Arbeitsgemeinschaft industrielle Forschungseinrichtungen). Unterlagen zur Leitung und Organisation der GfE wurden bisher nicht an das Bundesarchiv abgegeben. Eine umfangreiche Überlieferung befindet sich allerdings in dem Ministerialbestand.In ihrer Funktion als Projektträger haben die GfE im Auftrag v.a. des BMFT/BMBF seit Mitte der 60 er Jahre staatlich geförderte Forschungsprojekte organisiert und verwaltet. Im Bundesarchiv wird nur der Bestand B 228 (Projektträger Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) als Modellbestand als archivwürdig aufbewahrt.
Inhaltliche Charakterisierung
Nach dem jetzigen Stand sind die inhaltlichen Schwerpunkte der bisherigen Bewertung in den Hauptgruppen 2,3, 4, 5/6, 8 und 9 zu finden.
Informationen zu den Hauptgruppen 2, 3, 4, 5/6, und 8 enthalten die Vorworte zu den folgenden Teilbeständen:
Vorwort HGr.2: Bildungsplanung
Aufgaben und Organisation
Die Anfänge des heutigen Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gehen zurück auf das am 20. Oktober 1955 gegründete "Bundesministerium für Atomfragen".
Entsprechend der im Laufe der Jahre sich wandelnden politischen Zielsetzungen änderte sich der Aufgabenzuschnitt und das Ressort unterlag zahlreichen Neustrukturierungen unter wechselnden Bezeichnungen.
In den 1950er Jahren war vor allem die Erforschung und friedliche Nutzung der Kernenergie Aufgabe des Ministeriums. 1956 kam die Wasserwirtschaft dazu.
1962 wurde aus der neuen Bezeichnung "Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung" eine umfassendere Aufgabenstellung deutlich: allgemeine Wissenschaftsförderung, Förderung der Raumfahrtforschung, Ausbau der Großforschungseinrichtungen, anteilige Finanzierung des Hochschulbaus, Förderprogramme für die Datenverarbeitung u. a.
1969 erhielt der Bund durch eine Grundgesetzänderung Zuständigkeiten in der Bildungsplanung und der Forschungsförderung. Entsprechend wurde die Bezeichnung des Hauses erweitert in „Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft" (BMBW).
Daneben wurde Ende 1972 das Bundesministerium für Forschung und Technologie (BMFT) gegründet, um die Grundlagenforschung, die angewandte Forschung und die technologische Entwicklung zu fördern. Schwerpunkte waren die Forschung in den Bereichen Raumfahrt und Verkehr, Umwelt und Energie, Datenverarbeitung, Biotechnologie und Gesundheit.
1994 wurden BMBW und BMFT zusammengelegt zum „Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft, Forschung und Technologie".
1998 wurde die Ressortbezeichnung verkürzt auf „Bundesministerium für Bildung und Forschung" (BMBF). Den Technologiebereich übernahm das Bundesministerium für Wirtschaft.
Die Ressortentwicklung im Überblick:
1955BM für Atomfragen1956Atomkernenergie und Wasserwirtschaft1961Atomkernenergie1962Wissenschaftliche Forschung1969Bildung und Wissenschaft (daneben 1972-1994 BM für Forschung und Technologie - siehe Findmittel zum Bestand B 196)1994Bildung und Wissenschaft, Forschung und Technologie1998Bildung und Forschung
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat zwei Dienstsitze,
den Hauptsitz in Bonn (in einem der sog. „Kreuzbauten") und einen weiteren Dienstsitz in Berlin (im Gebäude der ehemaligen Ständigen Vertretung der Bundesrepublik bei der DDR). Grundlage für diese Aufteilung ist das Berlin/Bonn-Gesetz. Um die Folgen des Umzugs von Parlament und Regierung für die Region abzumildern, fällt in die Ressortzuständigkeit des BMBF, Bonn als Wissenschaftsstandort auszubauen.
Organisationsentwicklung der Aufgabenbereiche Bildungsberatung und
Bildungsplanung bis zur Gründung des BMBW 1969
In den ersten 20 Jahren der Bundesrepublik hatte der Bund keine Kompetenzen zur gesamtstaatlichen Bildungsplanung. Die Kulturhoheit lag fast ausschließlich bei den Ländern. Lediglich bei der außerschulischen Bildung und der Forschungsförderung (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11-13 GG) hatte der Bund bis dahin eigene Zuständigkeiten.
Zur Koordination des Bildungswesens und zur Schaffung gewisser „Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse" gründeten die Länder am 19./20. Februar 1948 in Stuttgart-Hohenheim als freiwillige Arbeitsgemeinschaft (länderübergreifend, aber nicht übergeordnet) die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder (KMK), zunächst noch mit, ab der zweiten Sitzung im Juli 1948 aber schon ohne die Länder der DDR.
Als erstes überregionales bildungspolitisches Beratungsgremium und als erste gemeinsame kulturpolitische Maßnahme von Bund und Ländern wurde mit Abkommen vom 22.09.1953 der Deutsche Ausschuss für das Erziehungs- und Bildungswesen eingerichtet, der den Auftrag erhielt, durch seine Empfehlungen die Entwicklung des Bildungswesens zu befördern. Der „Rahmenplan zur Umgestaltung und Vereinheitlichung des allgemein bildenden öffentlichen Schulwesens" von 1959 gilt als bedeutendste Empfehlung dieses Honoratiorengremiums. Die politische Unabhängigkeit des Deutschen Ausschusses hatte aber gleichzeitig die Unverbindlichkeit seiner Beschlüsse zur Folge. Seine Empfehlungen wurden nicht einmal offiziell den Parlamenten von Bund oder Ländern vorgelegt. Wegen fehlender Akzeptanz wurde der Deutsche Ausschuss zum 1. Juli 1965 formell aufgelöst.
Gleichzeitig gab der seit 05.09.1957 bestehende Wissenschaftsrat Empfehlungen heraus für die Förderung, den Neu- und Ausbau von wissenschaftlichen Hochschulen, Bibliotheken und Forschungseinrichtungen. Zwischen 1960 und 1964 veröffentlichte er drei Teilpläne, die als Planungsgrundlage für den geforderten „Gesamtplan zur Förderung der Wissenschaften" dienen sollten.
Zu dieser Zeit war die Bildungsreformdebatte bereits in vollem Gang.
Bundeskanzler Ludwig Erhardt erhob 1963 die „Aufgaben der Bildung und Forschung für unsere Zeit" in „den gleichen Rang wie die soziale Frage im 19. Jahrhundert".
Ebenfalls 1963 veröffentlichte die KMK eine umfassende bildungspolitische „Bedarfsfeststellung" (für Schulwesen, Lehrerbildung, Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kulturpflege) für den Zeitraum bis 1970.
Für die breite Öffentlichkeit forderte Ralf Dahrendorf 1965 ein „Bürgerrecht auf Bildung". Zuvor hatte Georg Picht 1964 „Die deutsche Bildungskatastrophe" beschrieben. Auch internationale Vergleiche der Bildungssysteme zeigten deutsche Defizite. Das OECD-Länderexamen von 1971 wurde 1973 unter dem deutschen Titel „Bildungswesen: mangelhaft" veröffentlicht.
Die Bildungsreformdiskussion befasste sich v. a. mit Fragen der sozialen Chancen(un)gleichheit im Bildungswesen (Schlagwort „katholisches Arbeiter-mädchen vom Land") und, da die Bedeutung von hochqualifiziertem Personal für die internationale Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft erkannt war, mit den Möglichkeiten zur Steigerung der Abiturienten- und Studentenzahlen als Investition in die Zukunft.
Nach der Auflösung des Deutschen Ausschusses errichteten Bund und Länder ein neues gemeinsames Bildungsplanungsgremium mit veränderter Struktur und Aufgabenstellung, den Deutschen Bildungsrat (Abkommen vom 15.07.1965). Er sollte Bedarfs- und Entwicklungspläne für das deutsche Bildungswesen entwerfen, Vorschläge für die Struktur des Bildungswesens machen, den Finanzbedarf berechnen und Empfehlungen für eine langfristige Bildungsplanung aussprechen.
In enger Zusammenarbeit mit dem 1963 gegründeten Max-Planck-Institut für Bildungsforschung erschienen in zwei Amtsperioden (1966-1970, 1970-1975) zahlreiche Empfehlungen und Gutachten zu bildungspolitischen Themen. Zur allgemeinen Bildungsplanung sind v. a. zu nennen der am Ende der 1. Amtsperiode erschienene „Strukturplan für das Bildungswesen" und der Abschlussbericht nach der 2. Amtsperiode, der „Bericht `75", der eine kritische Analyse des deutschen Bildungswesens bis zu diesem Zeitpunkt enthielt.
Aufgrund politischer Differenzen wurde das Abkommen über den Deutschen Bildungsrat 1975 jedoch nicht mehr verlängert. Erst 1988 wurde von Bundes-bildungsminister Jürgen Möllemann ein „Neuer Bildungsrat" berufen, der sich jedoch ebenfalls nicht etablieren konnte.
Institutionalisierung der überregionalen Bildungsplanung im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft (1969-1989)
Vor 1969 ging gesamtstaatliche Bildungs- und Forschungsplanung auf Bundesebene neben den gescheiterten Planungs- und Beratungsgremien von Deutschem Ausschuss und Deutschem Bildungsrat vor allem vom Wissenschaftsrat aus, jedoch nur für seinen Zuständigkeitsbereich der höheren Bildungs- und Forschungsebene.
1967 hatte der BMI einen vom Bundestag geforderten „Bericht über den Stand der Maßnahmen auf dem Gebiet der Ausbildungsförderung und Bildungsplanung" erstellt, der in der Form getrennter Teilberichte, einem Bundes- und elf Länderberichten, erschien und den Begriff der Bildungsplanung etablierte.
Im Zuge der Finanzreform änderte die Große Koalition das Grundgesetz
(21. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 12.05.1969).
Dadurch wurde der Bund zur Mitfinanzierung der Bildungsaufgaben herangezogen und erhielt dafür begrenzte Gesetzgebungskompetenzen und Mitwirkungsrechte:
-
Regelung der Ausbildungsbeihilfen (Art. 74 Nr. 13 GG)
-
Rahmengesetzgebung für die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens
(Art. 75 Nr. 1a GG)
- Ausbau und Neubau von Hochschulen einschließlich der Hochschulkliniken
(Art. 91 a Abs. 1 Nr. 1 GG)
-
Bildungsplanung und Forschungsförderung (Art. 91 b GG)
-
Bundesfinanzhilfen bei besonders wichtigen Investitionen (Art. 104 Abs. 4 GG)
Mit der Grundgesetzänderung in Art. 91 b GG wurde die überregionale Bildungsplanung in allen Stufen und Formen des Bildungswesens als Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern verfassungsmäßig institutionalisiert.
Nach der Regierungsneubildung im Herbst 1969 setzte Bundeskanzler Willy Brandt in seiner ersten Regierungserklärung vom 28.10.1969 die Bildungspolitik an die Spitze der Reformen: „Schwere Störungen des gesamten Bildungssystems ergeben sich daraus, dass es bisher nicht gelungen ist, die vier Hauptbereiche unseres Bildungswesens - Schule, Hochschule, Berufsausbildung, und Erwachsenenbildung (...) zu koordinieren. Solange aber ein Gesamtplan fehlt, ist es nicht möglich, Menschen und Mittel so einzusetzen, dass ein optimaler Effekt erzielt wird. Die Bundesregierung hat aufgrund des Art. 91b des GG eine klare verfassungsrechtliche Grundlage für eine Bildungsplanung gemeinsam mit den Ländern erhalten (...) Besonders dringlich ist ein langfristiger Bildungsplan (...) für die nächsten 15 bis 20 Jahre. Dieser (...) Plan soll gleichzeitig erklären, wie er verwirklicht werden kann. Gleichzeitig muss ein nationales Bildungsbudget für einen Zeitraum von 5 bis 15 Jahren aufgestellt werden."
Mit Organisationserlass des Bundeskanzlers vom 11.11.1969 wurde aus dem bisherigen Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft mit einer eigenen Abteilung für die neue Aufgabe der Bildungsplanung.
Zur Durchführung der gemeinsamen Bildungsplanung nach Art. 91b GG gründeten die Regierungschefs von Bund und Ländern in einem Verwaltungsabkommen
vom 25.06.1970 die „Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung" (BLK)
als ständiges Gesprächsforum. 1971 kam eine gemeinsame Rahmenvereinbarung zur Durchführung von Modellversuchen hinzu, 1975 eine weitere zur Forschungs-förderung. Die BLK änderte daraufhin zum 05.04.1976 ihre Bezeichnung entsprechend ihres erweiterten Aufgabenbereichs in „Bund-Länder-Kommission
für Bildungsplanung und Forschungsförderung". Die Abkürzung BLK behielt sie
bis zu ihrer Auflösung 2007 bei.
Gut ein halbes Jahr nach seiner Gründung veröffentlichte das BMBW den angekündigten Bericht der Bundesregierung zur Bildungspolitik. Die darin enthaltenen 12 konkreten Reformziele waren noch nicht mit den Ländern abgestimmt, sondern stellten die bildungspolitischen Vorstellungen der Bundesregierung dar. Unter Berücksichtigung der Empfehlungen von Bildungsrat und Wissenschaftsrat sollte anschließend von der BLK ein gemeinsamer, umfassender Bildungsplan (in realisierbaren Teil-, Stufen- und Rahmenplänen),
nach finanzieller Abstimmung auch ein entsprechendes Bildungsbudget verabschiedet werden.
Unter Schwierigkeiten dauerte es noch bis Herbst 1973, bis der sogenannte „Bildungsgesamtplan" für den Planungszeitraum bis 1985 veröffentlicht werden konnte.
Als mit Erlass vom 15.12.1972 das Bundesministerium für Forschung und Technologie (BMFT) verselbstständigt wurde, gab das BMBW seine Zuständigkeiten auf diesen Gebieten ab, erhielt aber gleichzeitig von den Ministerien für Wirtschaft und für Arbeit deren bisherige Kompetenzen zur beruflichen Bildung.
In der Folgezeit verabschiedete die Bundesregierung eine Reihe bildungspolitisch relevanter Gesetze: Berufsbildungsgesetz (14.08.1969), Hochschulbauförderungs-gesetz (01.09.1969), Ausbildungsförderungsgesetz (19.09.1969), Bundes-ausbildungsförderungsgesetz (26.08.1971), Hochschulstatistikgesetz (31.08.1971), Graduiertenförderungsgesetz (02.09.1976), Hochschulrahmengesetz ( 26.01.1976), Fernunterrichtsschutzgesetz (24.08.1976), Ausbildungsplatzförderungsgesetz (07.09.1976).
In der Zeit der höchsten Bildungsexpansion entstanden zahlreiche Institutionen, die sich der bildungsbezogenen Forschung, Entwicklung und Verbreitung widmeten.
Seit etwa der Mitte der 1970er Jahre stagnierten die Bildungsreformbestrebungen. Außer der Reform der gymnasialen Oberstufe kam es zu keinen institutionellen Veränderungen im Bildungswesen bis zur deutschen Einheit.
Weitere Bemühungen, den (ersten) Bildungsgesamtplan von 1973 fortzuschreiben, scheiterten und wurden 1982 wegen mangelnder Konsensfähigkeit endgültig eingestellt. Lediglich für einen Teilbereich erschien 1977 der „Gesamtplan zur musisch-kulturellen Bildung" als Ergänzungsplan zum Bildungsgesamtplan.
Die BLK als Gesprächsforum entging knapp ihrer Auflösung, blieb aber in stark reduzierter Form doch bestehen. Ihre Empfehlungen zu bildungspolitischen Einzelthemen oder auch zu umfassenderen Themenbereichen erschienen weiter,
z. B. in den Veröffentlichungen „Innovationen im Bildungswesen" oder „Modellversuche im Bildungswesen". Erst mit der deutschen Einheit kam die BLK wieder zu neuer Bedeutung.
Im Februar 1976 veröffentlichte das BMBW eine „Bildungspolitische Zwischenbilanz" als Analyse dessen, „was erreicht werden konnte und was zu tun bleibt."
Insgesamt zeigten sich hier und in der Folgezeit die geringen Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten des Bundes einerseits und die großen Bereiche,
in denen Übereinstimmung zwischen Bund und Ländern nicht erzielt werden konnte, andererseits.
Nachdem sich Bund und Länder 1975 nicht darüber verständigen konnten, das Abkommen über den Deutschen Bildungsrat noch einmal zu verlängern und ein (anderes) Abkommen über die wissenschaftliche Beratung im Bildungswesen vom 28.11.1975 nicht in Kraft trat, richtete das BMBW 1977 einen „Gesprächskreis Bildungsplanung" ein, als eigenes Beratungsgremium auf Bundesebene.
Die gesamtstaatliche bildungspolitische Situation Ende der 1970er Jahre stellte die Bundesregierung dar in ihrem 1978 verfassten „Bericht über die strukturellen Probleme des föderativen Bildungssystems", der allgemein als „Mängelbericht" zitiert wird. Als Versuch des Bundes, seine geringen Kompetenzen im Bildungsbereich zu stärken, waren die darin enthaltenen Vorschläge bei der KMK erwartungsgemäß nicht durchsetzbar.
Ein generelles Spannungspotential bestand auch von Anfang an zwischen der außenpolitischen Zuständigkeit des Bundes für internationale Angelegenheiten in Bildung und Wissenschaft (nach Art. 32 Abs. 1 GG) und der Kulturhoheit der Länder (Art. 70 Abs. 1 GG). Für die Vertretung der Bundesrepublik in internationalen Organisationen gilt letztlich: "Wer immer die deutsche Delegation führt, die Bestellung muss durch die Bundesregierung erfolgen. Insofern handelt es sich stets um eine - weisungsgebundene - Delegation des Bundes auf Zeit".
Deutsche Einheit und Föderalismusreform - Ende der überregionalen Bildungsplanungskompetenz des Bundes (1990-2008)
Nach den Phasen des bildungspolitischen Aufschwungs in den 1960er Jahren,
der Hochkonjunktur und Expansion bis etwa zur Mitte der 1970er Jahre und
der anschließenden Flaute (auch bedingt durch die Belastungen von Ölkrise, Arbeitsmarktkrise und Wirtschaftskrise), gewannen mit der deutschen Einheit die Bemühungen um eine Angleichung der Bildungsverhältnisse neue Bedeutung.
Die Kultusminister der 5 neuen Bundesländer traten der KMK bei.
Ebenso waren die neuen Länder nun in BLK und Wissenschaftsrat vertreten.
Aus der Westdeutschen Rektorenkonferenz (WRK) formierte sich nach dem Beitritt die Hochschulrektorenkonferenz (HRK).
Seit den 1990er Jahren, bestärkt durch die Erfordernisse der deutschen Einheit und der OECD-„PISA"-Studie gab es wieder verstärkt gesamtstaatliche Diskussionen über die Vereinheitlichung und Verbesserung des Bildungswesens. Ähnlich wie in den 1960er Jahren ging es um das niedrige Leistungsniveau, die soziale Chancen(un)gleichheit, die zu geringen Bildungsausgaben und die wirtschaftliche Gefährdung von Deutschland als Industriestandort und Exportnation.
Am 17.11.1994 wurden das Bildungs- und das Forschungsministerium (nach ihrer Trennung 1972) zusammengelegt unter der Bezeichnung Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF). 1998 ging der Bereich der Technologie an das Wirtschaftsministerium über. Die Ressortbezeichnung wurde verkürzt auf Bundesministerium für Bildung und Forschung (an der amtlichen Abkürzung änderte sich nichts).
Ein Schwerpunkt des neuen „Zukunftsministeriums" war die Internationalisierung des Standorts Deutschland. Mit der Sorbonne-Erklärung 1998 gehörte Deutschland zu den Vorreitern für die Einführung der gestuften Bachelor-Master-Studienstruktur wie sie in der Bologna-Erklärung 1999 für ganz Europa angenommen wurde.
Auf Initiative der Ministerin Edelgard Bulmahn (1998-2005) wurde am 29.07.1999
ein von Bund und Ländern gemeinsam besetztes neues gesamtstaatliches Bildungsberatungsgremium eingesetzt, das „Forum Bildung". (Der 1988 von Bundesminister Möllemann berufene „Neue Bildungsrat beim BMBW" hatte sich
nicht etablieren können.)
Das Forum Bildung setzte sich zusammen aus Vertretern unterschiedlicher Gesellschaftsgruppen. Den Vorsitz hatten gemeinsam die Bundesministerin und der bayerische Wissenschaftsminister Hans Zehetmaier. Sein Arbeitsstab saß in der Geschäftsstelle der BLK. Das Forum Bildung war von vornherein nur für 2 Jahre konzipiert; am 10.01.2002 hielt es seinen Abschlusskongress.
In den 12 Empfehlungen des Forums zu Bildung und Ausbildung waren Finanzierung und Realisierbarkeit im Sinne des Bund-Länder-Konsenses bewusst ausgeklammert worden.
An der kulturpolitischen Kontroverse änderte sich dadurch nichts.
Im Jahr 2003 erschien eine vom BMBF in Auftrag gegebene Expertise „Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards" mit dem Angebot des Bundes zur finanziellen Beteiligung an der Entwicklung überregional einheitlicher Mindestanforderungen an Bildung und Ausbildung.
Allerdings errichteten die Länder ohne Bundesbeteiligung im Dezember 2003
durch die KMK ihr „Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen" an der Humboldt-Universität Berlin, das die Entwicklung nationaler Bildungsstandards
zum Ziel hat.
Am 1. September 2006 trat die Föderalismusreform I in Kraft, die folgende Grundgesetzänderungen auf bildungspolitischem Gebiet brachte:
-
Der Bund erhielt zusätzliche Regelungskompetenzen (alle in Art. 74 Abs. 1 GG):
-
Recht der Ausbildungsbeihilfen (Nr. 13)
-
Zulassung zu ärztlichen Heil- und Heilhilfsberufen (Nr. 19)
-
Hochschulzulassung und Hochschulabschlüsse (Nr. 33)
-
Der Bund gab andererseits Regelungskompetenzen ab:
-
Ausbildung, Laufbahnzuordnung, Besoldung und Versorgung der öffentlich
bediensteten Beamten (Art. 74 Abs. 1 Nr. 23 GG)
- die Gemeinschaftsaufgaben Hochschulbau (Art. 91a GG) sowie
Bildungsplanung und Modellversuche (Art. 91 b GG) entfielen.
Als Gemeinschaftsaufgabe erhalten blieb lediglich die Förderung
von Wissenschaft und Forschung.
Nach dem Wegfall der Gemeinschaftsaufgabe Bildungsplanung stellte die BLK ihre bisherige Tätigkeit zum 31.12.2007 ein. Aus den verbleibenden Aufgaben formierte sich neu die „Gemeinsame Wissenschaftskonferenz" (GWK). Als Büro übernahm sie die frühere Geschäftsstelle der BLK in Bonn.
- Neu ins Grundgesetz aufgenommen wurde eine andere Gemeinschaftsaufgabe von
Bund und Ländern, die „Feststellung der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens im
internationalen Vergleich und bei diesbezüglichen Berichten und Empfehlungen"
(Art. 91b Abs. 2 GG). Dies bedeutet z. B. die Durchführung von internationalen
Studien („PISA"...) und die Erarbeitung eines künftig für alle zwei Jahre vorge-
sehenen „Bildungsberichts", auf den sich Bund und Länder verständigen konnten.
Hierzu wurde ein gemeinsamer „Wissenschaftlichen Beirat für die Bildungs-
berichterstattung" (Beirat Bildungsbericht) berufen, dessen Vorsitz z. Zt. beim
Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Berlin, liegt. Bisher sind zwei „Nationale
Bildungsberichte" in den Jahren 2006 und 2008 erschienen.
Seit der Föderalismusreform ist die KMK das wichtigste Gremium zur Koordinierung der Bildungs- und Kulturpolitik der Länder, jedoch ohne Beteiligung des Bundes.
Für den Wissenschaftssektor hat sich seit seiner Gründung der Wissenschaftsrat
als gesamtstaatliches Beratungsgremium bewährt. Sein Gründungsabkommen
vom 05.09.1957 wurde stets verlängert und durch Änderungsabkommen vom 28.02.1991 auch auf die neuen Bundesländer erweitert.
Die GWK führt die Gemeinschaftsaufgabe der Forschungsförderung fort, darunter speziell die Finanzierung der gemeinsam von Bund und Ländern getragenen außeruniversitären Forschungseinrichtungen (Max-Planck-Gesellschaft, Fraunhofer-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft, Leibniz-Gemeinschaft).
Zusammenfassend bestehen in der föderativen Verfassung der Bundesrepublik
nach wie vor nur geringe Kompetenzen des Bundes bei der Gestaltung einer überrregionalen Bildungspolitik. Seine beschränkten Einflussmöglichkeiten lassen sich in folgende Tätigkeitsbereiche einordnen:
- die Organistation von Bildungsberatung (Deutscher Ausschuss für das Erziehungs-
und Bildungswesen, Deutscher Bildungsrat, Forum Bildung, Beirat Bildungsbericht)
-
die Beteiligung an Planungen (Bund-Länder-Konferenz)
-
die (Mit-)Finanzierung von Vorhaben und Maßnahmen (BAföG, Modellversuche ...)
Bestandsbeschreibung, Überlieferung, Aktenordnung und archivische Bearbeitung
Im BMBW wurde mit seiner Errichtung im November 1969 die neue Aufgabe der Bildungsplanung der gleichnamigen Abteilung II („Bildungsplanung") übertragen.
Zu deren Zuständigkeitsbereich gehörte zunächst auch noch das Hochschulwesen, das mit Hausanordnung vom 27.02.1973 aus der Abteilung II ausschied und im Folgenden stets als eigene Abteilung fortbestand.
Nach der Zusammenlegung von BMBW und BMFT zum BMBF Ende 1994 kam die Zuständigkeit für die berufliche Bildung, die seit 1972 beim BMBW lag und dort eine eigene Abteilung bildete, zur neuen Abteilung 2 hinzu, die nun „Allgemeine und berufliche Bildung" hieß.
1997 wurde der Bereich der Ausbildungsförderung aus der Abteilung 2 ausgegliedert und der für die Hochschulen zuständigen Abteilung 3 angeschlossen.
In der zweiten Amtszeit der Bundesministerin Bulmahn ab Ende 2002 erhielt die Abteilung 2 die Bezeichnung „Ausbildung; Bildungsreform". Die Kompetenzen „Lebenslanges Lernen" und „Weiterbildung" gingen zunächst ebenfalls an die Hochschulabteilung.
Nach dem Wegfall der Bildungsplanung durch die Föderalismusreform 2006
finden sich die verbleibenden Aufgaben des Bundes zu „Bildungsforschung" und „Bildungsberichterstattung" wieder vereint mit den früher ausgegliederten Bereichen „Lebenslanges Lernen" und „Weiterbildung" in der Unterabteilung 32, die ihren Sitz
in der Bonner Dienststelle des BMBW hat. Diese Kompetenzverteilung wurde auch nach dem Regierungswechsel im Oktober 2009 beibehalten.
Die Überlieferung der Aktenplan-Hauptgruppe 2 umfasst dem Aufgabenspektrum entsprechend die allgemeinen Angelegenheiten der Bildungspolitik und Bildungsplanung: bildungspolitische Grundsätze des Ministeriums, Abstimmung mit Bundesressorts und Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern in den verschiedenen Planungs- und Beratungsgremien (v. a. Bildungsrat, Wissenschaftsrat, KMK und BLK).
Einen Schwerpunkt bildete bis Ende 1997 die Ausbildungsförderung einschließlich BAföG, die danach auf die Hochschul- bzw. Wissenschaftsabteilung des Ministeriums überging (s. Aktenplan-Hauptgruppe 4).
Weitere Tätigkeitsfelder waren Bildungsforschung und Bildungsreformbestrebungen im allgemeinen und in den einzelnen Bereichen z. B. von Kindergarten, Schule oder außerschulischer Bildung.
Neben den Bereichen der Ausbildung, Besoldung und Versorgung der Lehrer (welche Kompetenzen der Bund mit der Föderalismusreform verlor), befasste sich die Abteilung auch mit der Planung des Lehrerbedarfs bzw. mit dem Ausgleich von Lehrermangel und Lehrerüberschuss.
Hinzu kamen familien- und sozialpolitische Fragen des Bildungswesens wie z. B.
die Förderung bestimmter sozialer Gruppen (Frauen, Ausländer, Behinderte u. a.) sowie Fragen der musisch-kulturellen Bildung.
Zunehmene Bedeutung erlangte die Weiterbildung, die zeitweise in einer „Konzertierten Aktion Weiterbildung" (KAW) zusammengefasst wurde, wie auch der Bereich „Lebenslanges Lernen".
Der Einzug der Neuen Medien und Informationstechniken in Bildung und Wissenschaft ist ebenfalls in der Aktenüberlieferung nachzuvollziehen.
Ein bedeutendes Tätigkeitsfeld der Abteilung war die Durchführung und Koordination von Modellversuchen in den verschiedenen Stufen des Bildungswesens.
Die Projekt-Einzelfallakten mit routinemäßig gleichförmigem Inhalt zur finanziellen Förderungsabwicklung wurden jedoch als nicht archivwürdig bewertet. Lediglich eine ausgewählte Beispieldokumentation wurde unter dem Az. 299 aufbewahrt.
Die archivische Ordnung der Überlieferung folgt in weiten Teilen dem Aktenplan
von 1994 betreffend die Aktenplan-Hauptgruppe 2 „Bildungsplanung",
die in folgende Gruppen untergliedert ist:
20Grundsatz- und allgemeine Angelegenheiten der Bildungspolitik und -planung21Bildungsreform22Allgemeine Angelegenheiten von Kindergarten, Schule und Weiterbildung23Berufe und Personal im Bildungswesen24Ausbildungsförderung25Weiterbildung26Außerschulische Jugendbildung27Sonderfragen und -themen im Bereich Bildung und Wissenschaft28Übergreifende Fragen sozialer Benachteiligungen und Ausgleichsmaßnahmen im Bildungswesen29Modellversuche bzw. Kunst und Sport im Bildungswesen In dieser Gruppe ergeben sich z.T. Überschneidungen durch Doppelbelegung von Aktenzeichen, die sich aber inhaltlich klar voneinander trennen lassen.
Vom Aktenplan abweichende Ordnungsmaßnahmen waren nötig im Bereich von Ausbildungsförderung und BAföG (Gruppe 24).
In dem vorliegenden Teilfindbuch sind alle archivwürdigen Akten der Hauptgruppe 2 bis etwa zur Signatur B 138/77000 verzeichnet. In der Gruppe 20, die v. a. die Zusammenarbeit in den Bund-Länder-Gremien dokumentiert, geht die Bewertung und Erschließung auch noch über diesen Nummernbereich hinaus.
Überlieferungsverweise:
Die wichtigsten Bildungsplanungs- und -beratungsgremien, für deren Überlieferung das Bundesarchiv (auch) zuständig ist, hier zusammengefasst (in Klammern die Bestandssignatur des jeweiligen Bundesarchiv-Bestandes, sofern bereits Aktenabgaben erfolgt sind):
seit 1948Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder - KMK (B 304)1953-1965Deutscher Ausschuss für das Erziehungs- und Bildungswesen (B 154)1965-1975Deutscher Bildungsrat (B 251)seit 1957Wissenschaftsrat (B 247)1970-2007Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung - BLK (B 455)seit 2008Gemeinsame Wissenschaftskonferenz1949-1990Westdeutsche Rektorenkonferenzseit 1990Hochschulrektorenkonferenz
Literatur (chronologisch nach Erscheinungsjahr):
Werner E. Spies: Bildungsplanung in der Bundesrepublik, Kastellaun 1976
Klaus Hüfner, Jens Naumann: Konjunkturen der Bildungspolitik in der
Bundesrepublik Deutschland. Band 1: Der Aufschwung (1960-1967),
Stuttgart 1977
Christoph Führ: Das Bildungswesen in der Bundesrepublik Deutschland.
Weinheim/Basel 1979
Klaus Hüfner, Jens Naumann, Helmut Köhler, Gottfried Pfeffer: Hochkonjunktur
und Flaute. Bildungspolitik in der Bundesrepublik Deutschland 1967-1980,
Stuttgart 1986
Bibliographie Bildungsgeschichte. Hrsg: Bibliothek für Bildungsgeschichtliche
Forschung (BBF) des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische
Forschung (seit 1994/95 einmal jährlich erscheinende Fachbibliographie).
Christoph Führ: Deutsches Bildungswesen seit 1945. Grundzüge und Probleme,
Neuwied/Berlin 1997
Christoph Führ/ Carl-Ludwig Furck (Hrsg.): Handbuch der deutschen Bildungs-
geschichte, Band VI, Teilband 1: Bundesrepublik Deutschland, München 1998
Hans-Werner Fuchs, Lutz R. Reuter: Bildungspolitik in Deutschland.
Entwicklungen, Probleme, Reformbedarf, Opladen 2000
Peter Weingart, Niels C. Taubert (Hrsg.): Das Wissensministerium. Ein halbes
Jahrhundert Forschungs- und Bildungspolitik in Deutschland, Weilerswist 2006
Kai S. Cortina/Jürgen Baumert/Achim Leschinsky/Karl Ulrich Mayer/ Luitgart
Trommer (Hrsg.): Das Bildungswesen in der Bundesrepublik Deutschland. Bericht des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung, Reinbek 2008
Rudolf Tippelt (Hrsg.): Handbuch Bildungsforschung, Wiesbaden 2009
Eine Sammlung der von BMBW bzw. BMBF herausgegebenen Druckschriften
bildet im Bundesarchiv den Amtsdruckschriftenbestand BD 24.
Schriftenreihen des BMBW/BMBF (Auswahl):
Schriftenreihe Hochschule, 1969 ff (BD 24/71)
Schriftenreihe Bildung und Wissenschaft, 1970 ff (BD 24/69)
Monatsschrift Informationen Bildung Wissenschaft (IBW), 1970 ff (BD 24/1)
Schriftenreihe Berufliche Bildung, 1973 ff (BD 24/67)
Schriftenreihe Bildungsplanung, 1973 ff (BD 24/68)
Grund- und Strukturdaten, 1974 ff (BD 24/48)
Materialien zur Bildungsplanung, 1977 ff (BD 24/55-57)
BMBW-Werkstattberichte, 1977 ff (BD 24/54)
Grundlagen und Perspektiven für Bildung u. Wissenschaft, 1981 ff (BD 24/31)
Studien zu Bildung und Wissenschaft, 1984 ff (BD 24/77)
Bildung Wissenschaft Aktuell, 1984 ff (BD 24/16)
Vorwort HGr.3: Allgemeine Förderung der Wissenschaften und der Meeresforschung
Organisation und Aufgaben:
Die Zuständigkeit für die Allgemeine Förderung der Wissenschaften wurde bis 1972 vom Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft (BMBW) wahrgenommnen (Bestand
B 138, Hauptgruppe 3). 1972 wurden die Aufgaben an das neu gegründete Bundesministerium für Forschung und Technologie (BMFT) (Bestand B 196) übertragen. In diesem Zusammenhang sind auch Vorakten des BMBW an das neue Ministerium übergeben worden, die dann zum Teil im BMFT fortgeführt und später als Schriftgut des BMFT zum Bestand B 196 übergeben worden sind. Nach der Zusammenlegung des BMBW mit dem BMFT im Jahre 1994 zum Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF, Organisations-Erlass des Bk vom 17.11.1994, Bulletin Nr. 109 vom 25.11.1994) wird die Überlieferung ab ca. 1995 wieder dem Bestand B 138 zugeordnet. Mit Organisations-Erlass des Bundeskanzlers vom 27. Okt. 1998 erhielt das Ministerium die Bezeichnung Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
Als Keimzelle des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft (BMBW) kann das im Okt. 1953 eingerichtete Bundesministerium für besondere Aufgaben unter der Leitung von Franz Josef Strauß bezeichnet werden, das 1953 in Bundesministerium für Atomfragen (BMAt) umbenannt wurde. Mit der zeitweiligen Übernahme weiterer Zuständigkeiten hieß das Ministerium ab 1957 Bundesministerium für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft (BMAtW), ab Nov. 1961 Bundesministerium für Atomkernenergie (BMAt). Im Rahmen der Übernahme neuer Zuständigkeiten für Wissenschaft, Forschung und technische Entwicklung, erstmals im Aktenplan von April 1965 in der Hauptgruppe 3 dokumentiert, wurde das Ministerium 1962 zum Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung (BMwF) ausgebaut.
Seit 1963 war das BMwF neben den Grundsatzfragen der Wissenschaftsförderung auch zuständig für den Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen und die Förderung der wissenschaftlichen Organisationen und anderer Forschungseinrichtungen (Organisations- Erlass des Bundeskanzleramts (BK) vom 15. Mai 1963). Hinzu kamen die Aufgaben der wissenschaftlichen Dokumentation und Information sowie ab 1965 die Zuständigkeit für den Bundesforschungsbericht. 1966 die Zuständigkeiten für die Kommission für die Geschichte des Parlamentarismus, das Deutsche Historische Institut und ab 1969 für die Wissenschaftsförderung. Diese Aufgaben waren bisher vom Bundesministerium des Innern (BMI) wahrgenommen worden. Im Hochschulbereich übernahm das BMwF von 1969 bis 1972 vom BMI und vom Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit (BMJFG) weiterhin die Aufgaben für Studentenangelegenheiten, die Interessen des Bundes für die Bildungsplanung im Hochschulwesen sowie Zuständigkeiten im Studentenwohnraumbau.
Vom Bundesministerium für Landwirtschaft und Forsten (BML) war 1970 auch die Zuständigkeit für die Biologische Anstalt Helgoland übernommen worden.
Die Zuständigkeit für die Allgemeine Wissenschaftsförderung wurde im BMBW bis Ende der 60er Jahre von der Abt. II, ab 1967 getrennt in die Abteilungen II A: Forschungsplanung, Forschungsförderung und II B: Hochschulangelegenheiten, wahrgenommen. Ab 1970 war die Abt. II nur noch für Bildungsplanung und Hochschulen zuständig. Die Forschungsplanung unterstand ab diesem Zeitpunkt der Abt. III.
Als Folge neuer Zuständigkeiten arbeitete das Ministerium ab 1969 unter der Bezeichnung Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft.
Mit der Gründung des Bundesministeriums für Forschung und Technologie (BMFT) im Jahre 1972 (Organisations- Erlass des BK vom 15. Dez. 1972) wurden die Aufgabenbereiche für die Allgemeine Forschungsförderung sowie die Forschungsplanung und -koordinierung dem neu gegründeten Ministerium übertragen.
Der Hochschulbereich wurde im BMBW nach 1972 in einer eigenen Aktenplan-Hauptgruppe 4 zusammengefasst; die Aufgaben wurden von der Abteilung IV wahrgenommen.
Im BMFT lag die Zuständigkeit für den Forschungsbereich bei der Abt. II. Die Aufgabenverteilung erfolgte schon Mitte der 70er Jahre auf die Unterabteilungen UA 21: Grundlagenforschung, Forschungskoordinierung und UA 22: Internationale Zusammenarbeit
Überlieferungsbildung und archivische Bewertung
Bei den hier aufgeführten Akten handelt es sich um Abgaben aus der Tätigkeit der Ministerien in ihrer Zuständigkeit für die Allgemeine Förderung der Wissenschaften sowie die Meers- und Polarforschung seit Mitte der 60er Jahre bis Anfang der 90er Jahre. Für die 90er Jahre und den späteren Zeitraum liegen im Bestand weitere archivisch unbearbeitete Aktenbereiche vor.
Nach den im Jahre 1972 erfolgten Organisationsveränderungen trat der neue Aktenplan des BMFT am 1. Januar 1976 in Kraft; Neuauflagen des Aktenplans erfolgten in den Jahren bis 1994.
Die Klassifikation der Hauptgruppe 3 der Bestände B 138 und B 196 orientiert sich an der Gliederung der Gruppen des Aktenplans aus den Jahren 1965 und 1991. Wesentliche Teile des Aktenplans aus der Zeit vor und nach 1972 wurden beibehalten und stimmen in ihrer Aufgabenstellung überein. Andere Zuständigkeiten wurden organisatorisch neu geregelt oder aufgrund veränderter Anforderungen im Aktenplan ergänzt.
Die folgende Gegenüberstellung zeigt die Aktenplanzuständigkeiten von 1965 und 1996 mit Hinweisen auf die Veränderungen:
B 138-BMBW (bis 1972) B 196-BMFT (ab 1972)Aktenplan 1969Aktenplan 1993Aktenplangruppen (Gr): 30Allgemeine und grundsätzliche Angelegenheiten der Wissenschaftsförderung dito31Forschungsplanung dito32Zukunftsforschung und Technologiefolgenbeschützung (ab Ende 80er Jahre) 33Wissenschaftliche Dokumentation und InformationNeu: HGr. 5/6 Hier AGr. 57 - Wissenschaftliche Dokumentation und Information Neu: Gr. 33 Rahmenbedingungen für Forschung und Investition (90er Jahre) 34Hochschulangelegenheiten Neu: HGr. 4 (ab 1972) 35Angelegenheiten der angewandten Forschung 36Wissenschaftsorganisationen von besonderer Bedeutung dito (Institutionelle Förderung der Forschung)37Förderung einzelner Forschungseinrichtungen und sonstige Förderungsmaßnahmen dito(3742: Kommission zur Erforschung des sozialen Wandels in den neuen Bundesländern) 38Meeresforschung dito39Antarktisforschung
Neben den allgemeinen und grundsätzlichen Angelegenheiten der Wissenschaftsförderung und Forschungsplanung enthalten die Bestände umfangreiche Unterlagen zur institutionellen Förderung einzelner Forschungseinrichtungen und (Aktenplangruppen 36 und 37).
Hierbei ist insb. auf folgende Institutionen im Bestand B 196 hinzuweisen: Fraunhofer Gesellschaft (Az. 363*), Deutsches Primatenzentrum (364*), Stiftung Volkswagenwerk (Az. 365*), Deutsche Gesellschaft für Friedens- und Konfliktforschung (Az. 367*), Wissenschaftszentrum Berlin (Az. 3727*), Alexander von Humboldt-Stiftung (Az. 374*), Studiengruppe für Systemforschung (Az. 375*), Deutsche Historische Institute (Az. 379*).
Durch die in der Hauptgruppe 3 vorliegenden Unterlagen konnte teilweise auch das in der Hauptgruppe 2: Bildungsplanung und der Hauptgruppe 4: Hochschulen des Bestandes B 138 vorhandene Schriftgut, insb. zu den Sitzungsunterlagen der Institutionen wie Deutsche Forschungsgemeinschaft, Max-Planck-Gesellschaft und Bund-Länder-Kommission, Deutscher Akademischer Austauschdienst und deren Arbeitsgruppen und Gremien vervollständigt werden.
Bei dem umfangreichen Schriftgut zur Förderung einzelner Institute und Forschungsstellen erfolgte eine exemplarische Auswahl einzelner Institute, wobei in der Regel nur das Schriftgut aus den Anfangsjahren bis Mitte/Ende der 70er Jahre aufgehoben wurde.
Nicht aufgehoben wurde in der Regel auch das Schriftgut zur finanziellen Beteiligung des Bundes an einzelnen Institutionen.
Im Rahmen seiner Zuständigkeit für die Wissenschaftspolitik hat das Ministerium auch viele Informationsunterlagen gesammelt, die als Publikationen vorliegen, allgemein zugänglich sind und deshalb kassiert werden konnten. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auf die umfangreiche Amtsdruckschriften-Sammlung des Bundesarchivs, die als Ergänzung zur Schriftgutüberlieferung im Bundesarchiv recherchiert und eingesehen werden kann.
Vorwort HGr. 4: Hochschulen und sonstiger Tertiärer Bereich, Wissenschaftspolitik
Organisation und Aufgaben
Als Keimzelle des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft (BMBW) kann das im Okt. 1953 eingerichtete Bundesministerium für besondere Aufgaben unter der Leitung von Franz Josef Strauß bezeichnet werden, das 1955 in Bundesministerium für Atomfragen (BMAt) umbenannt wurde. Mit der zeitweiligen Übernahme weiterer Zuständigkeiten hieß das Ministerium ab 1957 Bundesministerium für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft (BMAtW), ab Nov. 1961 Bundesministerium für Atomkernenergie (BMAt). Im Rahmen der neuen Zuständigkeiten für Wissenschaft, Forschung und technische Entwicklung wurde das Ministerium 1962 zum Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung (BMwF) ausgebaut. In dieser Funktion übernahm es auch die Aufgaben zur Förderung der Weltraumforschung und ab 1966 zur Förderung der Datenverarbeitung.
Seit 1963 war das BMwF neben den Grundsatzfragen der Wissenschaftsförderung auch zuständig für den Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen und die Förderung der wissenschaftlichen Organisationen und anderer Forschungseinrichtungen (Organisations- Erlass des Bundeskanzleramts (BK) vom 15. Mai 1963). Hinzu kamen die Aufgaben der wissenschaftlichen Dokumentation und Information sowie ab 1965 die Zuständigkeit für den Bundesforschungsbericht. Diese Aufgaben waren bisher vom Bundesministerium des Innern (BMI) wahrgenommen worden. Im Hochschulbereich übernahm das BMwF von 1969 bis 1972 vom BMI und vom Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit (BMJFG) weiterhin die Aufgaben für Studentenangelegenheiten, die Interessen des Bundes für die Bildungsplanung im Hochschulwesen sowie Zuständigkeiten im Studentenwohnraumbau.
Mit Organisations- Erlass des BK vom 11. Nov. 1969 hatte das BMBW vom BMI auch die Zuständigkeit für die Bildungsplanung erhalten.
Als Folge der neuen Zuständigkeiten arbeitete das Ministerium ab 1969 unter der Bezeichnung Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft.
Mit der Gründung des Bundesministeriums für Forschung und Technologie (BMBF) im Jahre 1972 (Organisations- Erlass des BK vom 15. Dez. 1972, Bulletin N. 169, S. 1989) gingen die Zuständigkeiten für die
Allgemeine Forschungsförderung
Forschungsplanung und -koordinierung
Datenverarbeitung und Kernforschung
Weltraum- und Luftfahrtforschung
an das neu gegründete Ministerium über.
Zu den im BMBW verbleibenden Kompetenzen für die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Sonderforschungsbereiche, übernahm das Ministerium zeitgleich vom
· Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMA) und dem
· Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi)
· die Zuständigkeit für die berufliche Bildung und die Regelung der berufs- und arbeitspädagogischen Eignung der Berufsausbildung sowie vom
· Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit (BMJFG)
die Zuständigkeit für die Ausbildungsförderung.
Mit Organisations- Erlass des BK vom 17. Nov. 1994 wurden das BMBW und das BMFT in dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF) zusammengeführt. 1998 erfolgte die Umbenennung in BM für Bildung und Forschung (BMBF), der Bereich der Technologie wurde dem BMWi übertragen.
Die Zuständig für die Hochschulen und die Wissenschaftsförderung wurde von 1972 bis 1994 von der Abteilung IV wahrgenommen.
Als Aufgaben dieser Abteilung sind insbesondere folgende Bereiche zu nennen: Erarbeitung von Rahmenregelungen für das Hochschulrecht, einschließlich Zulassungs- und Zugangsvorschriften; gemeinsam mit den Ländern die Förderung der Ausstattung der Hochschulen, des Studentenwohnraumbaus, von Modellversuchen und Forschungsvorhaben, von hochbegabten Studenten und des wissenschaftlichen Nachwuchses; Betreuung von Programmen der Deutschen Forschungsgemeinschaft in der Hochschulforschung sowie von Hochschulsonderprogrammen.
Im Zuge der im Jahre 1994 erfolgten Zusammenführung des BMBW und des BMFT in dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF) wurde ein neuer Organisationsplan für das Ministerium erstellt. Die Aufgaben für die Hochschulen und die Wissenschaftsförderung sind seitdem der Abteilung 3 mit den Unterabteilungen UA 31:Hochschulpolitik und Ausbildungsförderung, UA 32: Hochschulbau, Fachhochschulen und UA 33: Wissenschaftsförderung, Grundlagenforschung zugewiesen.
Der folgende Abschnitt enthält eine kurze Zusammenfassung einiger für die Arbeit des Ministeriums wichtigen Vereinbarungen und gesetzlichen Regelungen sowie Informationen zur Zusammenarbeit mit einschlägigen Institutionen bis 1994:
In der Bundesrepublik Deutschland sind die Bundesländer für die Bildungs- und Kulturpolitik zuständig, die, abgesehen von wenigen Ausnahmen, auch die Träger der Hochschulen sind. Die Zusammenarbeit der Länder erfolgt in der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder (KMK). Die Hochschulen arbeiten zur Erfüllung ihrer Aufgaben in Forschung und Lehre in der 1949 gegründeten Westdeutschen Rektorenkonferenz (WRK) zusammen. Die WRK informiert die Öffentlichkeit über Aufgaben und Probleme der Hochschulen und äußert sich in Form von Empfehlungen gegenüber Parlamenten und Regierungen zu Fragen der Wissenschafts- und Bildungspolitik. Die staatlichen Hochschulen sind überwiegend Körperschaften des öffentlichen Rechts und zugleich staatliche Einrichtungen der Länder. Im Rahmen der Gesetze haben sie das Recht der Selbstverwaltung. Aufsichtsrechte des zuständigen Landesministeriums bestehen bei Satzungsangelegenheiten und Prüfungsfragen.
Der Bund hat nur begrenzte Gesetzgebungs- und Finanzierungskompetenzen, wirkt jedoch an der Bildungsplanung mit. Nur in wenigen Bereichen, etwa der Hochschulpolitik, besitzt der Bund eine bildungspolitische Rahmenkompetenz. Die Beteiligung des Bundes am Bau wissenschaftlicher Hochschulen setzt zwischen Bund und Ländern eine langfristige Konzeption voraus, die Beratungen zum Umfang der Studienplätze, der Hochschulentwicklung, der Gestaltung der Studiengänge, zum Bedarf von Hochschulabsolventen u.a. einschließt. Zu diesem Zweck wurde durch ein Abkommen des Bundes und der Länder im Jahre 1957 der Wissenschaftsrat gegründet, der Empfehlungen zur strukturellen Entwicklung der Hochschulen, der Wissenschaft und der Forschung erarbeitet. Eine finanzielle Beteiligung des Bundes an den Investitionsmaßnahmen für die bestehenden Hochschulen setzt seit diesem Zeitpunkt ein. 1964 schlossen Bund und Länder das Verwaltungsabkommen zur Förderung der Wissenschaft, zu dessen Maßnahmen u.a. der gemeinsame Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen und die Festlegung der Richtlinien für die Studentenförderung gehören. Im Rahmen der Erarbeitung einer langfristigen Konzeption für den Ausbau der Hochschulen und des gesamten tertiären Bereichs im Bildungswesen wurde 1968 eine Bund-Länder-Kommission zur Abstimmung von Fragen der Hochschul- und Wissenschaftsfinanzierung und der Vorbereitung einer Hochschulreform eingesetzt. Im Jahre 1969 wurde die Hochschulbauförderung sowie die Bildungs- und Forschungsförderung als Gemeinschaftsaufgabe im Grundgesetz verankert (Art. 94 a GG). Außerdem erhielt der Bund die Kompetenz Rahmenvorschriften für das Hochschulwesen zu erlassen (Art. 75 GG).
Die gemeinsame Rahmenplanung wurde durch das Hochschulbauförderungsgesetz (HBFG) vom 1. Sept. 1969 (BGBL. I S. 1556) geregelt. Im Vollzug dieses Gesetzes wurde 1970 der Planungsausschuss für den Hochschulbau konstituiert, dem nach Prüfung der zu fördernden Vorhaben der Bundesländer durch den Wissenschaftsrat dessen Empfehlungen vorgelegt werden. Der vom Planungsausschuss beschlossene Rahmenplan ist für die Regierungen von Bund und Ländern verbindlich.
Im Zuge des Ausbaus des Hochschulsystems entstanden ab 1960 eine Reihe neuer Universitäten. Gegen Ende der 60er Jahre wurden als neuer Hochschultyp die Gesamthochschule, in den Jahren 1969 bis 1971 die Fachhochschulen errichtet.
Zur Realisierung der bildungspolitischen Vorstellungen der Bundesregierung wurde 1970 durch ein Verwaltungsabkommen die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) eingerichtet. Mit dem 1971 in Kraft getretenen Hochschulstatistikgesetz war die rechtliche Grundlage für die Erhebung der wesentlichen planerischen Eckdaten geschaffen worden. Hierzu gehören die Erhebung der Raumbestände und die Bemessung von Flächenrichtwerten.
1971 treten das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) und das Graduiertenförderungsgesetz zur Unterstützung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Kraft. Im gleichen Jahr verabschieden Bund und Länder den
- Rahmenplan für den Hochschulbau, der jährlich fortgeschrieben wird.
1972 erhält das BMBW als neue Aufgaben die Zuständigkeit für die Förderung der Wissenschaft und Forschung an Hochschulen.
Wegen der steigenden Studienanfängerzahlen seit den 70er Jahren wurde eine Ausdehnung der Zulassungsbeschränkungen (Numerus clausus) auf eine größere Zahl von Studiengängen in Erwägung gezogen. In einigen Bereichen, in denen keine Zulassungsbeschränkungen eingeführt worden waren, führt dieses zeitweilig zu einer "Überlast". In diesen Studiengängen konnten seit 1977 die Aufnahmemöglichkeiten mit Hilfe zusätzlicher Finanzierungen erhöht werden.
In den bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengängen werden die freien Studienplätze durch die von den Ländern errichtete Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) in Dortmund vergeben. Für Humanmedizin, Zahnmedizin und Tiermedizin gilt seit 1986 ein besonderes Auswahlverfahren, bei dem alle deutschen Bewerber an einem Test teilnehmen müssen.
Die Organisation der Studenten in den einzelnen Hochschulen ist in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. In den meisten Bundesländern besteht an jeder Hochschule eine Studentenschaft mit Pflichtmitgliedschaft, die sog. verfasste Studentenschaft, die jeweils durch einen Allgemeinen Studentenausschuss (ASTA) repräsentiert wird. Daneben sind auf Bundesebene Hochschulgruppen parteipolitisch ausgerichteter Studentenorganisationen organisiert, u.a. der Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS), die Jungsozialisten (JUSOS) und der Sozialliberale Hochschulverband (SLH). Die soziale Betreuung der Studenten erfolgt durch die Studentenwerke, die im Deutschen Studentenwerk zusammengeschlossen sind.
Die Betreuung der ausländischen Studenten und die Bewilligung von Stipendien erfolgt weitgehend durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD). Zu den Aufgaben des DAAD gehört auch die Vermittlung von deutschen Wissenschaftlern an Hochschulen in der Dritten Welt. Hierfür stehen Mittel des Auswärtigen Amts, des BMBW und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) zur Verfügung.
Als weiterer Teil der Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern wurde 1975 das Hochschulrahmengesetz verabschiedet. Es enthält allgemeine Grundsätze insbesondere für die Studiengänge und Prüfungen, die Zulassung zum Studium, die Forschung an Hochschulen, das wissenschaftliche Personal sowie die Organisation und Verwaltung der Hochschulen. Mit der Novellierung des HRG im Jahre 1985 werden die Differenzierung und der Wettbewerb der Hochschulen gesetzlich verankert. Nachdem 1978 die Ständige Kommission für die Studienreform ihre Arbeit aufgenommen hatte, wurden verschiedene Studienreformkommissionen, u.a. in den Fächern Zahnmedizin, Wirtschaftswissenschaften und Chemie eingerichtet. Das Koordinierungsgremium für die Studienreform und die Ständige Kommission sind seit 1985 in der Zentralen Kommission zusammengefasst.
Zur besonderen Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses läuft 1978 das Heisenberg-Programm an.
1987 verabschieden die EG-Bildungsminister das ERASMUS-Programm zur Förderung des Austauschs zwischen den Hochschulen.
Zur Erweiterung der Zulassungsmöglichkeiten in besonders belasteten Studiengängen und zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses verständigten sich Bund und Länder ab 1988 über die Finanzierung von Hochschulsonderprogrammen, 1989 über ein Programm zur Förderung von Graduiertenkollegs sowie ein Förderprogramm zur Schaffung von zusätzlichen Studentenwohnheimen.
1991 läuft das Hochschulerneuerungsprogramm (HEP) für die neuen Bundesländer als Soforthilfe zur personellen und baulichen Erneuerung der Hochschulen an.
Überlieferungsbildung und archivische Bewertung
Bei den hier aufgeführten Akten handelt es sich um Abgaben aus der Tätigkeit des Ministeriums in seiner Zuständigkeit für die Wissenschaftspolitik und die Hochschulen sowie den sonstigen tertiären Bereich seit Mitte der 60er Jahre bis Anfang der 90er Jahre. Für die 90er Jahre und den späteren Zeitraum liegen im Bestand weitere archivisch unbearbeitete Aktenbereiche vor.
Das Findbuch erfasst auch bereits einige Unterlagen aus der Zusammenarbeit mit der DDR zur Vorbereitung der staatlichen Einheit und den Neuen Bundesländern.
Vom Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit (BMJFG) und vom Bundesministerium des Innern (BMI) übernommene und teilweise fortgeführte Aktenschichten aus den 60er Jahren (6-stellige Aktenzeichen) sind dem Sachzusammenhang entsprechend zugeordnet worden.
Die Unterlagen zu Hochschulangelegenheiten in den 60er Jahren sind zum überwiegenden Teil, sofern nicht als Vorakten in der hier dargestellten Hauptgruppe 4 fortgeführt, in der Hauptgruppe 3 (Allgemeine und grundsätzliche Angelegenheiten der Wissenschaftsförderung) überliefert. Im Einzelnen siehe hierzu Akten der Aktenplangruppe 34 (4 stellig) zu Hochschulangelegenheiten. Einen besonderen Überlieferungskomplex bilden in diesem Kontext die hier nachgewiesenen BMI-Vorakten (6 stellige Aktenzeichen) zu kulturpolitischen Angelegenheiten, die sich zum Teil ebenfalls auf Hochschulangelegenheiten beziehen. Zur Hauptgruppe 3 liegt ein gesondertes vorläufiges Findmittel vor, das im Fachreferat eingesehen werden kann.
Unterlagen zur Begabtenförderung und zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses sind zum Teil in der Aktenplangruppe 442* klassifiziert. Seit den 80er Jahren werden diese Akten in einer eigenen Aktenplangruppe 50* erfasst, für die ebenfalls ein vorläufiges Findmittel vorliegt.
Weitere archivisch bisher noch nicht erschlossene Akten zu Hochschulangelegenheiten aus den 80er und 90er Jahren liegen zu folgenden Aktenplanbereichen vor: Aktenplangruppe 51: Hochschule und Wirtschaft; Aktenplangruppe 52: Neue Technologien im Hochschulbereich; 53:Studium an Fachhochschulen.
Nach den im Jahre 1972 erfolgten Organisationsveränderungen trat der neue Gesamtaktenplan des BMBW am 1. Januar 1976 in Kraft; Neuauflagen des Aktenplans erfolgten in den Jahren 1983 bis 1994.
Anhand der Aktenüberlieferung musste allerdings festgestellt werden, dass bereits Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre vierstellige Aktenzeichen der Hauptgruppe 4 verwendet worden sind, die in den vorliegenden Unterlagen der Aktenpläne nicht nachgewiesen werden können. In diesen Fällen erfolgte die Klassifikation nach inhaltlichen Kriterien (siehe Hochbegabtenförderung. Alte Az. 4431, jetzt 442)
Ende der 80er / Anfang der 90er Jahre wurden auch bereits vorhandene Aktenplanpositionen teilweise neu belegt. So wird die Aktenplanuntergruppe 401 von 1976 (Berufe für Hochschulabsolventen und Abiturienten) seit März 1990 für die Zusammenarbeit mit der DDR verwandt.
Die Klassifikation der Hauptgruppe 4 orientiert sich im wesentlichen an der Gliederung der Gruppen des Aktenplans aus dem Jahre 1976 mit folgenden Schwerpunkten:
-
Allgemeine Angelegenheiten des Hochschulwesens und sonstiger tertiärer Bereich
-
Hochschulrecht
-
Studium an Hochschulen
-
Lehrkörper
-
Studentenangelegenheiten, Studienreform, Hochschule und Arbeitswelt
-
Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau
-
Innerdeutsche und internationale Wissenschaftsfragen, Vorbereitung der staatlichen Einheit
-
Angelegenheiten des tertiären Bereichs
-
Wissenschaftspolitik, Wissenschaftsförderung
Bis 1994 wurden eine Reihe von Ergänzungen und Berichtigungen des Aktenplans aufgrund veränderter Zuständigkeiten und neuer Aufgabenwahrnehmungen der Referate vorgenommen.
Wesentliche Aktenplanänderungen im Zeitraum bis 1994:
Gruppe 40Az 401 Zusammenarbeit mit der DDRIV A 119.03.1990Gruppe 45Az 452, 453 Gemeinsame Rahmenplanung und AusführungIV B 215. 03.1990 Az 454 bis 457, Studentischer Wohnraumbau, Kapazität, Rationalisierung, WohnraumförderungIV B 3um 1990Gruppen 41 bis 45 Az 41 bis 45 Hochschulrecht, Hochschulabschlüsse, Lehrkörper, HochschulbauförderungsgesetzIV A 502.04.1992Gruppe 46 Az 460, 461 Zusammenarbeit mit DDR, Vorbereitung staatliche Einheit, innerdeutsche WissenschaftsfragenI B 411.05.1990 Az 462 Internationale WissenschaftsbeziehungenIV A 4um 1990 Az 4650 Wissenschaftsraum BonnPGWB26.08.1992Gruppe 48 Az 48 Wissenschaftspolitik, Wissenschaftsförderung02.12.1991Gruppe 49Az 491 Wissenschaftsrat und ArbeitsgruppenIV B 220.08.1990
Teile der Überlieferung zu einzelnen Verbänden und wissenschaftlichen Gremien wurden ebenfalls als archivwürdig bewertet, wenn Unterlagen dieser Stellen bisher noch nicht ins Bundesarchiv gelangt sind oder wenn der Überlieferung in dem Ministerialbestand ein hoher Quellenwert beizumessen war. Hierzu zählen v.a. Archivgut zur Westdeutschen Rektorenkonferenz (WRK), zur Deutschen Forschungsgemeinschaft (B 227), zum Wissenschaftsrat (B 247), zur Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (B 284), zum Deutschen Akademischen Austauschdienst (B 212) und zur Ständigen Konferenz der Kultusminister (B 304).
Eine umfangreiche Überlieferung in dem Bestand bilden die Unterlagen folgender Ausschüsse und Kommissionen:
· Wissenschaftsrat - Ausschuss Medizin (133 Bände)
· Wissenschaftsrat - Vollversammlung und Kommission (226 Bände)
· Bund-Länder-Kommission - Arbeitsgruppe Deutsche Forschungsgemeinschaft/Max-Planck-Gesellschaft (54 Bände)
· Arbeitsgruppe Rahmenplan - Abteilungsleitersitzungen (71 Bände)
· Planungsausschuss für den Hochschulbau (89 Bände)
·
· Schriftgut der zahlreichen Unterausschüsse, Kommissionen, Arbeitsgruppen und Gremien, deren Beratungsergebnisse sich in den Unterlagen der Hauptausschüsse widerspiegeln, wurden dagegen kassiert.
· Eine enge inhaltliche Verzahnung besteht darüber hinaus zu Aktenkomplexen im Bestand, die auf grundsätzliche bildungs- und wissenschaftspolitische Fragen und internationale Angelegenheiten Bezug nehmen und für die gesonderte Findmittel vorliegen.
· Im Bestand Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft (B 138) sind das v.a. folgende Aktenplanbereiche:
· Bildungsplanung (Aktenplanhauptgruppe 2)
· Wissenschaftsförderung (Aktenplanhauptgruppe 3)
· Wissenschaftlicher Nachwuchs, Begabtenförderung (Aktenplangruppe 50)
- Internationale Angelegenheiten (Aktenplanhauptgruppe 9)
Überlieferungsschichten zu Hochschulangelegenheiten liegen in folgenden weiteren Beständen vor:
· Deutsche Forschungsgemeinschaft (B 227)
· Deutsche Forschungsgemeinschaft (in: Bundesministerium für Bildung und
· Forschung, B 196, Aktenplangruppe 361*)
· Wissenschaftsrat (B 247)
· Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (B 284)
· Deutscher Akademischer Austauschdienst (B 212)
· Ständige Konferenz der Kultusminister (B 304)
· Bundesministerium des Innern (B 106)
· Bundesministerium für Familie und Jugend (B 153)
· Verbandsschriftgut, u.a.:
· Verband der Vereine Deutscher Studenten (B 165)
· Verband Deutscher Studentenschaften (B 166)
· Liberaler Studentenbund Deutschlands (B 204)
· Ostpolitischer Deutscher Studentenverband (B 209)
· Deutscher Hochschulverband (B 280)
Im Rahmen seiner Zuständigkeit für die Wissenschaftspolitik und das Hochschulwesen hat das Ministerium auch viele Unterlagen zu einzelnen Hochschulen, Veröffentlichungen zu Hochschulfragen und sonstige Informationsunterlagen gesammelt, die als Publikationen vorliegen, allgemein zugänglich sind und deshalb kassiert werden konnten. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auf die umfangreiche Amtsdruckschriften-Sammlung des Bundesarchivs, die als Ergänzung zur Schriftgutüberlieferung im Bundesarchiv recherchiert und eingesehen werden kann.
Vorwort HGr. 5/6: Energieforschung einschließlich Kernenergie
Aufgaben und Organisation des Ministeriums
Die Gründung des Bundesministeriums für Atomfragen (BMAt) erfolgte am 6. Oktober 1955, nachdem die Bundesrepublik mit Inkrafttreten der Pariser Verträge im Mai 1955, die volle Souveränität erlangt hatte. Am 21. Oktober wurde Franz-Josef Strauß - seit Oktober 1953 Bundesminister für besondere Aufgaben - zum ersten Bundesminister für Atomfragen ernannt. Mit der bereits fünf Monate nach Aufhebung des Besatzungsstatuts erfolgten Gründung des Ministeriums dokumentierte die Bundesregierung die Bedeutung, die sie der Kernenergieentwicklung beimaß.
Bis zur Konstituierung der Bundesregierung wurde die auf dem Gesetz Nr. 25 des Alliierten Kontrollrates vom 29. April 1946 und den nachfolgenden Ergänzungsgesetzen basierende Forschungskontrolle durch die bei den Militärregierungen auf Länderebene eingerichteten Forschungsüberwachungsstellen und die beim Länderrat des amerikanischen und des britischen Besatzungsgebietes geschaffenen Arbeitsausschüsse „Forschungskontrolle" ausgeübt. Die auch nach Gründung der Bundesrepublik weiterbestehende Forschungskontrolle für die Bereiche der angewandten naturwissenschaftlichen Forschung, bei denen sich bereits im Dritten Reich Ansätze zur Großforschung mit militärischer Relevanz herausgebildet hatten, ging auf das „Militärische Sicherheitsamt" über, das erst nach Aufhebung des Besatzungsstatuts am 5. Mai 1955 diese Zuständigkeit an das Bundeswirtschaftsministerium
übergab. Damit die waren die Forschungsbeschränkungen für die insgesamt neun im Artikel I des Kontrollratsgesetzes Nr. 25 aufgeführten verbotenen Forschungsbereiche generell aufgehoben und die Bundesregierung erhielt das Recht Kernforschung zu betreiben und die Kernenergie zu friedlichen Zwecken zu nutzen. Sie setzte mit dem Arbeitsauftrag den der Atomminister mit Aufnahme seiner Tätigkeit am 1. Dez. 1955 erhielt, gegenüber den Ländern und der Öffentlichkeit ein deutliches Zeichen für den Anspruch des Bundes auf eine umfassende Zuständigkeit für die Kernforschung und Kerntechnik. Dazu gehörten v.a.:
· die Förderung der Forschung und des wissenschaftlichen und technischen Nachwuchses
· der Aufbau einer deutschen Atomwirtschaft zu friedlichen Zwecken
· die Durchführung eines wirksamen Strahlenschutzes
- die Förderung der internationalen Zusammenarbeit.
Laut Organisationsplan des BMAt von 1955 wurden die sich daraus ergebenden Aufgaben anfangs von zwei Unterabteilungen mit je fünf Fachreferaten wahrgenommen.
In dem hier dargestellten Zeitraum bis 1972 änderte sich die Bezeichnung des Ministeriums in Abhängigkeit von der Schwerpunkten der Aufgabenstellung:
· Oktober 1955 - Oktober 1957 Bundesministerium für Atomfragen (BMAt)
· Oktober 1957 - November 1961 Bundesministerium für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft (BMAtW)
· November 1961 - November 1962 Bundesministerium für Atomkernenergie (BMAt)
· Dezember 1962 - September 1969 Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung (BMwF)
· Oktober 1969 - Dezember 1994 Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft (BMBW)
In der Praxis verursachte die Ausgliederung der mit Kernforschung und Kerntechnik verbundenen Kompetenzen aus dem Wirtschaftsministerium und aus anderen beteiligten Ressorts - insbesondere dem Auswärtigen Amt und dem Bundesinnenministerium - anfangs erhebliche Kompetenzstreitigkeiten. In Verbindung mit dem sich bereits vor Gründung der Bundesrepublik abzeichnenden zähen Ringen zwischen den Bundesländern und dem Bund um die Zuständigkeit für die Forschungsförderung und -lenkung hatte das neu gegründete Ministerium einen schwierigen Start.
Vor der Atomwissenschaft stand als vordringlichste Aufgabe das Aufholen des entstandenen Forschungsrückstandes der deutschen Atomforschung gegenüber der USA und den anderen Atommächten. Dabei wirkte sich der mit dem Wiederaufbau verbundene gewaltige Energiebedarf der Industrie forcierend auf die Forschungsförderung im Bereich Kernenergie aus. Nachdem der 1957 in den Bundestag eingebrachte Entwurf eines Bundesatomgesetzes gescheitert war, verabschiedeten die Länder eigene Atomgesetze. Erst nach langwierigen Verhandlungen, mit Inkrafttreten der nachfolgend aufgeführten Gesetze, waren die verfassungsrechtlichen Grundlagen gegeben:
· Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes vom 23. Dezember 1959 (BGBl I S. 813)
· Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz vom 23. Dezember 1959; BGBl I S. 814).
Mit der Erarbeitung eines Drei-Stufen-Plans bereitete der Atomminister Strauß ein erstes Atomprogramm vor, das im Dezember 1957 im Bundestag verabschiedete wurde. Schwerpunktmäßig orientierten die bis 1976 aufgestellten Deutschen Atomprogramme auf folgende Aufgaben:
· Erstes Deutsches Atomprogramm 1958 - 1962; Entwicklung und Bau von fünf unterschiedlichen Reaktoren durch fünf namhafte Industrieunternehmen
· Zweites Deutsches Atomprogramm 1963 - 1967; Förderung der Leichtwasserreaktorenentwicklung
· Drittes Deutsches Atomprogramm (Regierungsprogramm) 1968 - 1972; Entwicklung des Hochtemperaturreaktors, Weiterentwicklung des Schnellen Brüters und Planung der industriellen Wiederaufarbeitungsanlagen
· Viertes Deutsches Atomprogramm (Regierungsprogramm) 1973 - 1976; Fortsetzung der Förderung von Hochtemperaturreaktoren und Schnellen Brüter sowie der Weiterentwicklung der Entsorgung
In fast allen Bundesländern wurden in den Anfangsjahren Pläne für eine „Reaktorstation" geschmiedet. Einerseits ging es dabei um die technologische Entwicklung eigener Reaktoren, andererseits um den möglichst schnellen Einsatz von Forschungs- und Testreaktoren für die verschiedensten wissenschaftlichen Zwecke.
Die finanziellen Aufwendungen für Entwicklung und Bau des ersten großen deutschen Kernforschungsreaktors in Karlsruhe wurden anteilig von Wirtschaft und Staat getragen. In die am 4. Juli 1956 eigens gegründete Kernreaktor-Finanzierungs-Gesellschaft hatte die deutsche Industrie 50, der Bund 30 und das Land Baden-Württemberg 20 Prozent des Anfangskapitals eingebracht. Auf der Basis dieses Kapitalstocks wurde zwei Wochen später, am 19. Juli 1956, die Kernreaktorbau- und Betriebsgesellschaft mbH (KBB) als Trägergesellschaft errichtet. Die Verhandlungen in dieser ersten Phase wurden fast ausschließlich vom Bundesfinanzministerium geführt. Nach dem Ausscheiden der Industrie im Dezember 1963, fusionierte die KBB mit der 1959 gegründeten Karlsruher Gesellschaft für Kernforschung (alt) zu einer neuen Trägergesellschaft, nachdem die Beteiligungen zwischen Bund (75 %) und Baden-Württemberg (25%) neu geregelt worden war.
Große Bedeutung bei der Gestaltung der Forschungsstrukturen kam dem Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern vom 4. Juni 1964 zu. Obwohl die rasch steigenden Anforderungen der Wissenschaft an die staatliche Förderung und Finanzierung überregionaler Forschungseinrichtungen sehr früh deutlich wurden, hatte der Bund diese Zuständigkeit formal erst mit der Grundgesetzänderung von 1969 für sich erstritten.
Die ersten Großforschungseinrichtungen, die sich zu 100% im Besitz des Bundes befanden, wurden 1964 mit der Gesellschaft für Strahlenforschung mbH (GSF) und der Gesellschaft für Kernverfahrenstechnik in Jülich (GKT) geschaffen.
In den folgenden Jahren wurden in der Bundesrepublik auf dem Gebiet der Kernforschung und Kerntechnik eine Vielzahl von Bund/Sitzland finanzierten Großforschungszentren gegründet, die einen neuen Organisationstyp institutionalisierter Forschung darstellten. In der Folgezeit etablierten sich auch auf anderen Wissenschaftsgebieten (z. B Luft- und Raumfahrt, Energieforschung, Datenverarbeitung) staatlich getragene Forschungszentren, die die deutsche Forschungslandschaft mehr und mehr prägten. Nachdem sich 1968/1969 Bund und Länder grundsätzlich auf einen Finanzierungsmodus von 90:10 geeinigt hatten, schlossen sich die Großforschungseinrichtungen 1970 zur „Arbeitsgemeinschaft der Großforschungseinrichtungen" zusammen und verabschiedeten die „Leitlinien über das Verhältnis von Staat und Großforschung" .
Bis Ende der 60 er Jahre wurden folgende Großforschungseinrichtung gegründet:
· Kernforschungszentrum Karlsruhe - KFK (1956) (s. AZ 601/602)
· Kernforschungsanlage Jülich - KFA (1956) (s. AZ 609)
· Gesellschaft für Kernenergieverwertung in Schiffbau und Schifffahrt - GKSS
· (1956) (s. AZ 604)
· Hahn-Meitner-Institut für Kernforschung - HMI (1957) (s. AZ 608)
· Deutsches Elektronen - Synchrotron - DESY (1959) (s. AZ 605)
· Institut für Plasmaphysik - IPP (1960) (s. AZ 606)
· Gesellschaft für Strahlenforschung - GSF (1964) (s. AZ: 543 in B 196)
· Deutsches Krebsforschungszentrum - DKFZ (1964) (s. AZ 545 in B 196)
· Gesellschaft für Kernverfahrenstechnik -GKT (1964) (s AZ 607).
· Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung - GMD (1968) (s. 591 in B 196)
· Gesellschaft für Biotechnologische Forschung - GBF (1968) (s. AZ 544 in B 196)
· Deutsche Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt - DFVLR (1969 durch Zusammenschluss mehrerer Einrichtungen) (s. AZ 809 in B 196)
· Gesellschaft für Schwerionenforschung - GSI (1969) (s. AZ 61)
In der Organisation des Ministeriums kam es mit der Regierungsumbildung im Dezember 1962 zu ersten einschneidenden Veränderungen: Das „Bundesministerium für Atomkernenergie" wurde zum „Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung". Mit der damit verbundenen Übernahme der Aufgabe „Forschungsplanung und -förderung" vom Bundesministerium des Innern erhielt das BMwF eine neue Abteilung II „Allgemeine Wissenschaftsförderung" und damit auch offiziell eine Kompetenzerweiterung gegenüber den Ländern.
Zum 1. 8.1963 weist der Organisationsplan des BMwF folgende Abteilungen aus:
· Abt. I - Recht und Wirtschaft der Kernenergie; Internationale Zusammen-
· arbeit auf dem Gebiet der Kernenergie; Verwaltung
· Abt II - Allgemeine Wissenschaftsförderung
· Abt III - Kernforschung, Kerntechnik, Strahlenschutz
· Abt IV - Weltraumforschung
·
Ab Mitte der 60 er Jahre ging die Bedeutung der Kernforschung gegenüber neu hinzukommenden Aufgaben, wie z.B. Datenverarbeitung, Information und Dokumentation und Meeresforschung langsam zurück.
Mit der Umbenennung in „Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft" wurde der bildungs- und wissenschaftspolitische Anspruch des Bundes durch die im Oktober 1969 neu gebildete SPD/FDP Koalitionsregierung untermauert. Die veränderte Zielsetzung der neuen Regierung auf dem Gebiet der Forschungs- und Bildungspolitik und der Kernenergie fand ihren Niederschlag auch in den ab Januar 1970 wirksamen organisatorischen Veränderungen:
Neben der Ernennung eines zweiten beamteten und erstmals auch eines parlamentarischen Staatssekretärs erhielt das BMBW eine neue Abteilung II „Bildungsplanung", die bisherigen Abt. II „Allgemeine Wissenschaftsförderung" wurde zur Abt. III „Forschungsplanung" und aus der alten Abt. III „ Kernforschung, Kerntechnik, Strahlenschutz" wurde die Abt. IV „Kerntechnik, Datenverarbeitung, Technologien".
Kurz vor der Ausgliederung des Forschungsbereichs weist der Organisationsplan (Stand 1972) folgende Struktur aus:
Abt. I - Verwaltung, Finanzen, Wirtschaft, Internationale Zusammenarbeit
Abt. II - Bildungsplanung, Hochschulen
Abt. III - Forschungsplanung, technologische Forschung und Entwicklung
Abt. IV - Kerntechnik, Datenverarbeitung
Abt. V - Weltraumforschung und -technik; Luftfahrtforschung
Im Dezember 1972 wurde das BMBW in zwei Ministerien aufgeteilt; es entstand das neue „Bundesministerium für Forschung und Technologie", dem die Zuständigkeit für Kernenergie und Kerntechnik, Datenverarbeitung, Weltraumforschung- und -technik und Luftfahrtforschung übertragen wurde. Die Zuständigkeit für die Bereiche Reaktorsicherheit (ohne Reaktorsicherheitsforschung und -technik) und Strahlenschutz ging auf das Bundesministerium des Innern über (s. dazu B 106 Findbuch „Reaktorsicherheit").
Die ab Jan. 1973 zum Tragen kommende neue Struktur des BMBW, mit deutlich stärkeren bildungspolitischen Kompetenzen, bot sich als zeitlich Schnittstelle für die in diesem Findbuch dargestellte Überlieferungsschicht zum Aufgabenbereich Kernforschung und Kerntechnik an.
Während in der Vorbereitungsphase des Einstiegs in die Kernforschung ein seit 1953 beim Wirtschaftsministerium und später bei der Physikalischen Studiengesellschaft (PSG) bestehendes System von Ausschüssen beratend tätig war, wurde diese Aufgabe zwei Monate nach Ernennung des Atomministers, im Dezember 1955, der neu gebildeten „Deutschen Atomkommission" (DAtK) übertragen. Dieses Gremium setzte sich aus führenden Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Wirtschaft zusammen. Dass die Atomkommission nicht, wie die Fachbeiräte anderer Bundesministerien, vom Ressortminister, sondern von der Bundesregierung selbst eingesetzt wurde, spricht für die Bedeutung, die ihr beigemessen wurde. In den Ländern existierten parallel dazu eigene Atomkommissionen. Am 26. Januar 1956 trat die DAtK zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen, in deren Verlauf bereits eine umfangreiche Untergliederung in Fachkommissionen (FK) beschlossen wurde. Eine weitere Untergliederung erfolgte durch die Einrichtung von Arbeitskreisen (AK) bei den einzelnen Fachkommissionen. Am 19. Oktober 1971 fand ihre letzte Sitzung statt. Im Kontext mit weitreichenden Veränderungen im Beratungswesen des BMBW im Jahre 1971, erfolgte eine Neuberufung des Gremiums auf veränderter Grundlage mit der Maßgabe, sich auf neuartige Fragen und Probleme von grundsätzlicher Bedeutung zu konzentrieren
Neben der Förderung der Forschung und des wissenschaftlichen Nachwuchses gehörte die Durchführung eines wirksamen Strahlenschutzes von Anfang an zu den Aufgaben des Atomministeriums. Innerhalb der DAtK befasste sich v.a. der AK „Kernreaktoren" in der FK III „Technische und wirtschaftliche Fragen bei Reaktoren" und der AK „ Strahlenschutz in atomtechnischen Anlagen" (der später in einen Querausschuss AK III/IV/1 „ Strahlenschutz und Sicherheit für atomtechnische Anlagen" umgewandelt wurde) mit diesen Fragen. Ab Mitte der 60er Jahre erforderte die schnell wachsende Zahl von Reaktorplanungen und die erforderliche fachspezifische Kompetenz der Mitglieder die Bildung von „Unterausschüssen" und „ad hoc- Ausschüssen".
Ergänzend wurde am 30. Januar 1958 die „Reaktor-Sicherheitskommission" (RSK) gebildet, die als unabhängige Kommission für Schutz- und Sicherheitsfragen auf diesem Gebiet tätig war; der Übergang der RSK in die Zuständigkeit des BMI (1972) brachte keine wesentlichen organisatorischen Veränderungen mit sich.
Von Beginn an waren die großen Forschungs- und Entwicklungsprogramme sowohl auf dem Gebiet der Kernenergie aber auch im Bereich der Weltraumforschung und der Raumfahrttechnik bilateral und multilateral verknüpft.
Insbesondere der Kauf von Forschungsreaktoren und des dafür benötigten angereicherten Kernbrennstoffes erfolgte auf der Grundlage völkerrechtlicher Abkommen.
Im Prozess um Anerkennung im internationalen Rahmen wirkte sich positiv aus, dass sich die Mehrzahl der am „Uranprojekt" beteiligten deutschen Wissenschaftler nach ihrer Internierung in England wieder in der Bundesrepublik etabliert hatte. Im Dienste der Wissenschaft gelang es den international bekannten und begehrten deutschen Fachleuten in der Nachkriegszeit sehr schnell, ihre Kontakte zu ausländischen Wissenschaftlern und wissenschaftlichen Einrichtungen zu aktivieren.
Nachdem die Bundesrepublik im Juli 1951 in die UNESCO aufgenommen worden war, trat sie im Februar 1952 auch dem Europäischen Rat für Kernforschung (CERN) bei, der sich speziell mit der Planung eines für die Forschung außerordentlich wichtigen europäischen Großbeschleunigerprojektes befasste. Die Zuständigkeit für die deutsche Beteiligung an CERN und die deutsche Expertengruppe lag bis zur Gründung des BMAt 1955 beim Auswärtigen Amt. Weitere Schritte auf dem Weg zur Einbindung in die internationale Gemeinschaft war die Aufnahme der Bundesrepublik in die Internationale Atomenergie-Organisation in Wien (IAEO) im Oktober 1957 und der Beitritt zur Europäischen Atomgemeinschaft (EURATOM), die im Januar 1958 ihre Arbeit aufnahm. Entscheidende Impulse für den Wiederbeginn der Kernforschung und Reaktorentwicklung gingen von dem 1960 gegründeten Institut für Plasmaphysik (IPP) aus, das Heisenberg gemeinsam mit der Max-Planck-Gesellschaft 1960 ins Leben gerufen hatte und das bereits seit 1961 dem von EURATOM koordinierten Europäischen Fusionsprogramm angeschlossen war.
Der Einstieg in die Kernforschung löste nicht nur bei staatlichen Stellen in Bund und Ländern Aktivitäten aus. Im gesamten öffentlichen Leben, in Wissenschaft , Energiewirtschaft, Verbänden und anderen Organisationen wurden Gruppen und Gremien gebildet, die sich mit diesen Fragen beschäftigten. Hervorzuheben sind hier insbesondere die privatwirtschaftlich organisierten Trägergesellschaften für die neu entstehenden Kernforschungseinrichtungen, die Gruppierungen der Elektrizitätswirtschaft und die seit 1959 unter dem Dach des „Deutschen Atomforums" zusammengefassten Organisationen.
Aktenordnung und Überlieferung
Die im Findbuch nachgewiesenen Akten aus dem Zeitraum bis 1972 gliedern sich in drei große Überlieferungsschichten:
- Allgemeine Angelegenheiten der Kernenergie (Aktenplan-Hauptgruppe 5)
Den Schwerpunkt in dieser Hauptgruppe bilden die Unterlagen zur Reaktorentwicklung und zur Entwicklung der Atomtechnik. Neben grundsätzlichen Fragen der Zusammenarbeit zwischen Staat, Wissenschaft und Industrie bei der Planung und Entwicklung der Kernenergie - wie z.B. die in den Anfangsjahren erforderlichen Abstimmungen zur der Planung und Festlegung von Standorten für Reaktorstationen - bilden die Akten zur Projektierung und Errichtung der verschiedenen Reaktortypen hier den Schwerpunkt.
Eine weitere Aktenschicht betrifft die Beschaffung und Herstellung von Kernbrennstoffen, insbesondere die Uranprospektion und die Wiederaufbereitung von bestrahlten Brennelementen, sowie die damit zusammenhängenden Fragen des Strahlenschutzes und der Beseitigung radioaktiver Abfälle.
- Kernforschungseinrichtungen (Aktenplan-Hauptgruppe 6)
Im vorliegenden Findbuch sind hier die als archivwürdig bewerteten Akten zur Planung und Errichtung der ersten Großforschungseinrichtungen (GFE) ausgewiesen. Der Aspekt, dass von den GFE selbst keine Sachakten an das BArch übergeben wurden, fand bei der Bewertung dieser Unterlagen entsprechende Berücksichtigung. Breiten Raum nimmt in dieser Aktengruppe die Bund/Länder Abstimmung im Hinblick auf die Organisationsform und die Finanzierung der GFE und ihrer Infrastruktur ein.
Die Überlieferung bildet zusammen mit den in den GFE und den in den Staatsarchiven vorliegenden Unterlagen eine wichtige Quellenbasis für die Darstellung der Entwicklung der Großforschung und ihrer Institutionalisierung.
- Fachgremien auf dem Gebiet Kernenergie (Aktenpangruppe 19)
Bei den hier abgebildeten Gremien handelt es sich ausschließlich Fachgremien, die mit Fragen der Kernenergie befasst waren. Die Kernüberlieferung bilden die Akten zur Deutschen Atomkommission und ihrer fünf Fachkommissionen:
I Kernenergiegesetz (ab Ende 1956 Kernenergierecht
II Forschung und Nachwuchs
III Reaktorbau (ab Mai 1956 Technisch-Wirtschaftliche Fragen bei Reaktoren)
IV Strahlenschutz
V Wirtschaftliche finanzielle und soziale Probleme
Die Tätigkeit der mit Zustimmung der Atomkommission eingerichteten 15 Arbeitkreise ist in dieser Teilüberlieferung unter dem Gliederungspunkt 8.1.ebenfalls dokumentiert; ein weiterer Teil der Unterlagen zur DAtK ist im Bestand B 196 nachgewiesen.
Eine weitere Überlieferungsschicht bilden die Unterlagen der Reaktorsicherheitskommission, deren Sitzungen hier bis 1969 nachgewiesen sind (bis 54.Sitzung); der spätere Zeitraum ist im Bestand B 106 überliefert.
Die übrigen, in diesem Zeitraum bereits bestehenden Fachgremien (Deutsche Kommission für Weltraumforschung ab 1959; Fachbeirat für Datenverarbeitung ab 1965; Deutsche Kommission für Ozeanografie ab 1967), sind in einem gesonderten Findmittel zur Hauptgruppe 1 erfasst. (s. dazu auch Findmittel zum Bestand B 196).
Grundsätzlich ist bei Benutzung der in diesem Findbuch abgebildeten Aktenbereiche darauf hinzuweisen, dass auch im Bestand B 196 Bundesministerium für Forschung und Technologie Überlieferungsschichten aus dem Zeitraum vor 1973 vorliegen, da ein großer Teil der im BMBW begonnenen Akten bei Gründung des BMFT mit übergeben wurden. Diese Akten sind später als Schriftgut des BMFT (Vorprovenienzen) in den Bestand B 196 eingeflossen und hier in den zu den einzelnen Hauptgruppen erstellten Findmitteln nachgewiesen. Umfangreiche frühe Überlieferungskomplexe (aus der Zeit vor 1973) liegen im Bestand B 196 v.a. im Aktenplanbereich 53 - Isotopen- und Strahlentechnik, Kern- und Radiochemie; 6 - Kernforschungseinrichtungen und 19 Fachbeiräte/Beratungsgremien vor. Bei der Erschließung des Schriftgutes war aufgrund dieser Überlieferungslage die Bildung archivischer Bandfolgen erforderlich; in der Regel beginnen die in das BMFT übernommenen und dort teilweise fortgeführten Bandfolgen wieder mit Band 1.
Grundlage für die Klassifikation der hier aufgeführten Titel bildet der auf dem Aktenplan von 1969 basierende ergänzte Aktenplanentwurf des Bundesministeriums für wissenschaftliche Forschung von 1972. Ein neuer Aktenplan, der der mit der Ausgliederung des Forschungsbereichs verbundenen neuen Schwerpunktsetzung in der Aufgabenstellung des BMBW Rechnung trägt, trat erst zum 1. Jan 1976 in Kraft.
Zwischen 1973 und 1994 nahm das Ministerium folgende Aufgabengebiete wahr: Bildungsplanung und Bildungsforschung; Ausbildungsförderung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses; Berufliche Bildung und Berufsbildungsförderung; Hochschulwesen und Wissenschaftsförderung.
Erst mit der Zusammenführung beider Ministerien (BMBW und BMFT) 1994 zum Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie ist auch die Überlieferung zu Kernforschung und Kerntechnik wieder im Bestand B 138 integriert. 1998 erfolgte die Umbenennung in Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), nachdem der Bereich Technologie an das Bundeswirtschaftsministerium übergeleitet wurde.
Überlieferungsverweis
Im Bestand B 138 enthält v.a. die Aktenplanhauptgruppen 3 „ Allgemeine und grundsätzliche Fragen der Wissenschaftsförderung" Informationen die auch den Bereich Kernenergie tangieren. Insbesondere sind hier die Aktenbereiche zu den mit der Forschungsplanung befassten Gremien wie Wissenschaftsrat (ab 1957), Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (ab 1970), DFG und Max-Planck-Gesellschaft ggf. in die Auswertung einzubeziehen.
In der Überlieferung des Aktenplanbereichs 9 „Ausländische und internationale Angelegenheiten" nehmen die Akten zu den internationalen Beziehungen auf dem Gebiet der Kernenergie einen breiten Raum ein.
Ergänzende Informationen bieten die in der Aktenplanhauptgruppe 0 „Allgemeine Politische, Rechts- und Wirtschaftsangelegenheiten; Statistik; Grundsatz- und Personalfragen in Großforschungseinrichtungen" in der insbesondere die Kabinettsprotokolle und die Aktengruppe zu wirtschaftlichen Grundsätze für Fördermaßnahmen des Bundes auch Fragen der Entwicklung der Kernforschung berühren.
Die o.a. Aktenbereich des Bestandes sind in den zu den einzelnen Hauptgruppen vorliegenden Findmitteln ausgewiesen.
Die Bestände B 136 Bundeskanzleramt, B 102 Bundesministerium für Wirtschaft, und
B 106 Bundesministerium des Innern sind zum Thema Kernenergie für den dargestellten Zeitraum ebenfalls einschlägig.
Außerhalb des Bundesarchivs ist in diesem Kontext insbesondere auf das außenpolitische Archiv des Auswärtigen Amtes, das Deutsche Museum München, die Landesarchive und die bei den Großforschungseinrichtungen bestehenden Hausarchive hinzuweisen.
Literatur (Auswahl)
Johannes Sobotta: Das Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung. Bonn, 1969
Wolfgang D. Müller: Geschichte der Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland, Anfänge und Weichenstellungen. Stuttgart, 1990
Margit Szöllösi-Janze, Helmut Trischler (Hg.): Großforschung in Deutschland - Studien zur Geschichte der deutschen Großforschungseinrichtungen; Bd. 1. Frankfurt/Main, 1990
Vorwort HGr. 8: Weltraum- und Luftfahrtforschung
Organisation und Aufgaben:
Die Zuständigkeit für die Weltraum- und Luftfahrtforschung wurde bis 1972 vom Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft (BMBW) wahrgenommnen (Bestand B 138, Hauptgruppe 8). 1972 wurden die Aufgaben an das neu gegründete Bundesministerium für Forschung und Technologie (BMFT) (Bestand B 196) übertragen. In diesem Zusammenhang sind auch Vorakten des BMBW an das neue Ministerium übergeben worden, die dann zum Teil im BMFT fortgeführt und später als Schriftgut des BMFT zum Bestand B 196 übergeben worden sind. Nach der Zusammenlegung des BMBW mit dem BMFT im Jahre 1994 zum Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF, Organisations-Erlass des Bk vom 17.11.1994) wird die Überlieferung ab ca. 1995 wieder dem Bestand B 138 zugeordnet. Mit Organisations-Erlass des Bundeskanzlers vom 27. Okt. 1998 erhielt das Ministerium die Bezeichnung Bundesministerium für Bildung und Forschung. In Umsetzung des Organisationserlasses wurden die Zuständigkeiten für die indirekte Forschungsförderung und technologieorientierter Unternehmensgründungen, der Energieforschung und der Luftfahrtforschung (ohne DLR) an das Bundesministerium für Wirtschaft abgetreten.
Als Keimzelle des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft (BMBW) kann das im Okt. 1953 eingerichtete Bundesministerium für besondere Aufgaben unter der Leitung von Franz Josef Strauß bezeichnet werden, das 1953 in Bundesministerium für Atomfragen (BMAt) umbenannt wurde. Mit der zeitweiligen Übernahme weiterer Zuständigkeiten hieß das Ministerium ab 1957 Bundesministerium für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft (BMAtW), ab Nov. 1961 Bundesministerium für Atomkernenergie (BMAt). Im Rahmen der neuen Zuständigkeiten für Wissenschaft, Forschung und technische Entwicklung wurde das Ministerium 1962 zum Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung (BMwF) ausgebaut.
In dieser Funktion erhielt es durch Organisations- Erlass des Bundeskanzleramts (BK) vom 29 Jan. 1962 auch die Aufgaben zur Förderung der Weltraumforschung und Raumflugforschung mit dem Vorsitz im Interministeriellen Ausschuss für die anderen Ressorts.
Am 29.06.1962 erfolgte mit dem Bundesministerium für Verkehr eine Vereinbarung über die Grundsätze der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Raumfahrtforschung.
In weiteren Verwaltungsvereinbarungen vom 22. Sept.1967 mit dem Bundesministerium für Verkehr (BMV) und vom 29. Sept. 1967 mit dem Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) wurde auch die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Luftfahrtforschung geregelt. Die Zuständigkeiten für die Vorgängergesellschaften der Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DFVLR) gingen vom Verkehrsminister auf den Forschungsminister über. Die Aerodynamische Versuchsanstalt Göttingen (AVA), die Deutsche Forschungsanstalt für Luftfahrt- und Raumfahrt in Braunschweig (DFL) und die Deutsche Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt in Porz-Wahn (DVL), die sich bereits 1959 zur Deutschen Gesellschaft für Flugwissenschaften (DGF) zusammengetan hatten, wurden 1969 in einer Einheitsgesellschaft Deutsche Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DFVLR) zusammengefasst. 1989 erfolgte die Umbenennung in Deutsche Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DLR). Im gleichen Jahr wurde die Deutsche Agentur für Raumfahrtangelegenheiten gegründet (DARA). Nach der Fusion mit der DARA im Jahre 1997 wurde die DLR in das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) umgewandelt
Als Folge der neuen Zuständigkeiten arbeitete das Ministerium ab 1969 unter der Bezeichnung Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft.
Am 06. Aug. 1970 wurden mit dem Bundesministerium für das Post und Fernmeldewesen (BMP) eine Vereinbarung über die Grundsätze der Zusammenarbeit bei der Errichtung und dem Betrieb von Raumflugkörpern, am 19. Okt. 1971 eine Vereinbarung über die Errichtung und den Betrieb der Erdefunkstelle Raisting für das deutsch-französische Fernmeldesatelliten-Projekt Symphonie geschlossen.
Mit der Gründung des Bundesministeriums für Forschung und Technologie (BMFT) im Jahre 1972 (Organisations- Erlass des BK vom 15. Dez. 1972) ging die Koordinierungszuständigkeit für die Weltraum- und Luftfahrttechnik einschließlich der Luftfahrtforschung an das neu gegründete Ministerium über.
Mit Organisations- Erlass des BK vom 17. Nov. 1994 wurden das BMBW und das BMFT in dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF) zusammengeführt. 1998 erfolgte die Umbenennung in BM für Bildung und Forschung (BMBF).
Inhaltliche Charakterisierung:
Der folgende Abschnitt enthält eine kurze Zusammenfassung einiger für die Arbeit des Ministeriums wichtigen Projekte im nationalen und internationalen Bereich bis Anfang der 90er Jahre sowie Informationen zur Zusammenarbeit mit einschlägigen Institutionen:
Entwicklung der Raumfahrtforschung:
Schon Anfang der 60er Jahre trat die Bundesrepublik den europäischen Weltraumorganisationen ELDO (Europäische Organisation für die Entwicklung und den Bau von Raumfahrzeugen), CETS (Europäische Konferenz für Fernmeldeverbindungen mittels Satelliten) und ESRO (Europäische Organisation für Weltraumforschung) bei. Ferner gehörte Deutschland dem internationalen Konsortium für die Errichtung eines weltweiten Fernmeldesatelliten-Systems (INTELSAT) an. Die Förderungsabsichten der Bundesregierung auf dem Gebiet der Weltraumforschung wurden zunächst in einem mittelfristigen Programm (1967 - 1971) konkretisiert. Hierzu zählen u.a. die Entwicklung und der Bau der Forschungssatelliten AZUR im nationalen Bereich, mit Frankreich gemeinsam als erstes Nutzsatellitenprojekt der Betrieb des Fernseh-Versuchssatelliten „Symphonie" sowie in Ausführung eines Sonnenforschungsprojektes der Bau einer Sonnensonde in Zusammenarbeit mit der NASA. Weiterhin die Planung und Durchführung von Experimenten zur extraterrestrischen Forschung, die Ausführung eines nationalen Basisprogramms zur Modernisierung der wissenschaftlichen Institute, die Entwicklung von Grundlagen der Raumflugtechnik sowie die Erstellung von Versuchs- und Bodenanlagen. Bei den internationalen Projekten ist noch die Beteiligung an der Raumfahrzeugträgerrakete EUROPA I und dem wissenschaftlichen Satelliten HEOS - A zu nennen.
Aus den 70er und 80er Jahren sind folgende Ereignisse hervorzuheben:
Entscheidung zur Entwicklung der Trägerrakete ARIANE (1973); Start der Sonnensonde Helios A (Erforschung der Materie im sonnennahen Weltraum, 1974); Bau eines Weltraumlaboratoriums SPACELAP durch die Weltraumorganisation ESA unter deutscher Führung (1975).
1977 verabschiedet das Bundeskabinett das erste Gesamtprogramm Weltraumforschung, das die Fachprogramme des BMFT, des BMVg und des BMV enthält. Start des Wettersatelliten Meteosat (1977). Verabschiedung des zweiten Gesamtprogramms Luftfahrtforschung und -technologie durch die Bundesregierung im Jahre 1979. Aufbau von Satellitensystemen zur Fernmeldetechnik und Wetterbeobachtung als Schwerpunkte des neuen Weltraumprogramms (1982). Beschluss der Bundesregierung zur Mitarbeit am Bau der Trägerrakete ARIANE 5, an der bemannten Raumstation Columbus und am Weltraumgleiter Hermes (1986).
Beteiligung am Projekt Jupitersonde Gallileo (1987). Start des ersten polarumlaufende europäischen Erderkundungssatelliten (ERS-1) (1991).
Institutionen:
-Die Entstehung der Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DFVLR), der Deutschen Agentur für Raumfahrtangelegenheiten (DARA) und der Deutschen Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt bzw. des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) ist bereits unter dem Gliederungspunkt Organisation und Aufgaben auf Seite 2 beschrieben.
Neben der ressortbezogenen Förderung von Projekten wird ein großer Teil der Projektförderung im Auftrag der Ministerien, insb. des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie durch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt als Projektträger (PT-DLR) wahrgenommen (weitere Hinweise hierzu unter den Gliederungspunkten Archivische Bearbeitung und Verweise).
Aufgaben der Projektförderung nehmen weiterhin wahr:
-Gesellschaft für Weltraumforschung (GfW): Es handelt sich hier um eine Neugründung, die nicht mit der 1956 in die DGRR umgewandelten Gesellschaft identisch ist. Die Gesellschaft wurde 1962 gegründet, um das auf dem Gebiet der Weltraumforschung zuständige Ministerium zu unterstützen und von Durchführungsaufgaben zu entlasten. 1969 wurde zwischen der DFVLR und der GfW ein Zusammenarbeitsvertrag geschlossen. Seit 1972 ist die GfW für den Bereich Raumflugprojekte (BRP) der DFVLR verantwortlich.
-Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft (IABG): wurde 1961 als gemeinsame Initiative des BMVg und der deutschen Luftfahrtindustrie gegründet. Um kostenintensive Einrichtungen und Anlagen einzelner Unternehmen der Luftfahrtindustrie für industrielle Entwicklungen zu begrenzen, begann das BMBW Ende 1967 bei der IABG mit der Errichtung technischer Versuchsanlagen zur Durchführung von Forschungs- und Entwicklungsaufgaben (Betriebsvertrag BMBW - IABG vom Dez. 1967). In dieser Funktion übernimmt sie die Projektbegleitung im Förderungsbereich Luftfahrtforschung und -technologie
Sonstige Institutionen:
-Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt (DGLR), 1967 errichtet, ist die Nachfolgegesellschaft der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt(WGLR) und der Deutschen Gesellschaft für Raketentechnik und Raumfahrt (DGRR). Zweck der Gesellschaft ist die Förderung der Luft- und Raumfahrt u.a. durch Erfahrungsaustausch und internationale Kontakte.
-Wissenschaftliche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt" (WGLR), gegründet 1912 als Wissenschaftliche Gesellschaft für Flugtechnik e.V., wurde sie 1952 als Wissenschaftliche Gesellschaft für Luftfahrt e.V. (WGL) wieder ins Leben gerufen. Die Umbenennung in WGLR erfolgte 1962.
-Deutsche Gesellschaft für Raketentechnik und Raumfahrt (DGRR), wurde als Gesellschaft für Weltraumforschung e.V. (GfW) 1948 neu gegründet. 1956 Umbenennung in Deutsche Gesellschaft für Raketentechnik und Raumfahrt.
-Deutsche Kommission für Weltraumforschung (DKfW): 1962 gegründet, setzt sie sich aus hochqualifizierten Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Wirtschaft und öffentlichem Leben zusammen (siehe Gliederungspunkt Verweise)
Archivische Bearbeitung:
Bei den hier aufgeführten Akten handelt es sich im wesentlichen um Abgaben aus der Tätigkeit des Bundesministeriums für Forschung und Technologie in seiner Zuständigkeit für die Weltraumforschung und die Luftfahrtforschung seit den 70er Jahren bis Anfang der 90er Jahre. Für die 80er und 90er Jahre liegen in den Beständen B 196 bzw. B 138 (ab 1995 wird die Überlieferung dem fortzuführenden Bestand B 138 neu -Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie, BMBF- zugeordnet) weitere archivisch unbearbeitete Aktenbereiche vor. Die Unterlagen zur Weltraum- und Luftfahrtforschung der 60er Jahre sind zum größeren Teil, sofern nicht als Vorakten im Bestand B 196 (ca. 1850 Akten) fortgeführt, im Bestand B 138 alt -Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft, BMBW-, Hauptgruppe 8 (Weltraumforschung) überliefert (ca. 116 Akten). Zur Hauptgruppe 8, Bestand B 138 alt, liegt eine gesondertes Findbuch vor.
Für die Wahrnehmung dieser Aufgaben waren folgende Abteilungen des BMBW und des BMFT zuständig:
- Jan. 1963Abteilung IIIBMBWWeltraumforschung-Aug. 1963Abteilung IV-Aug. 1968Weltraumforschung, Luftfahrtforschung-Jan. 1970Abteilung VWeltraumforschung und -technik, Luftfahrtforschung-Mai 1973BMFT-Okt. 1973Abteilung 5Weltraum- und Transportsysteme-April 1979Luft- und Raumfahrt, Verkehr, Medizin, Biologie-Mai 1982Luft- und Raumfahrt, Rohstoffe, Geowissenschaften, Verkehr-Mai 1990Umwelt-, Meeres- und Polarforschung, Geowissenschaften, Luft- und Raumfahrt, Verkehr-Nov. 1995Abteilung 6BMBFLuft- und Raumfahrt, Verkehr, Neue Technologien-Nov. 1997Institutionelle Förderung, Luft- und Raumfahrt, Mobilität, Technologieentwicklung-Dez. 2002Abteilung 4Forschung, Verkehr, Raumfahrt
Mit Beginn der Zuständigkeit des BMBW für die Weltraumforschung trat der für die Aufgabengebiete der Hauptgruppe 8 zuständige Aktenplan Mitte der 60er Jahre in Kraft. Die dort verwandte Struktur wurde bis auf wenige Änderungen bis Mitte der 90er Jahre beibehalten. Für die bis 1972 vom Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft (BMBW) wahrgenommnen Aufgaben (Bestand B 138, Hauptgruppe 8) liegen hier jedoch nur Akten der Gruppe 80* (Allgemeine Angelegenheiten der Weltraumforschung und der Luftfahrtforschung) ab Mitte der 50er Jahre vor.
In dem Aktenplan von Juli 1991 wird aufgrund veränderter Zuständigkeiten in der Aufgabenwahrnehmung des Ministeriums die Aktenplangruppe 873*: Nutzung von Raumlaboratorien, unter dem Titel Mikrogravitationsnutzung und Projekte zusammengefasst. Ebenfalls wird eine neue Aktenplangruppe für das Schriftgut der Deutschen Agentur für Raumfahrtangelegenheiten GmbH (DARA) eingeführt (Az. 8085). Bisher liegen zu diesen beiden Aktenplangruppen noch keine bewerteten Akten vor.
Unterlagen der Deutschen Gesellschaft für Flugwissenschaft (DGF), die unter dem Aktenzeichen 809* in den vorliegenden Aktenplänen nicht nachweisbar waren, wurden aus inhaltlichen Gründen der Klassifikationsgruppe mit dem Az. 8071* zugeordnet.
Nach der Zusammenlegung des BMBW mit dem BMFT im Jahre 1994 wurde eine neuer 5-stelligerAktenplan Aktenplan erarbeitet, der die erweiterten Zuständigkeiten der Abteilungen 6 bzw. 4 (ab 2002) des BMBF für die Gebiete Forschung, Verkehr und Raumfahrt wiederspiegelt. Der im Bundesarchiv vorliegende Aktenplan ist datiert von Nov. 2004 und umfasst die Teilgebiete Luft- und Raumfahrt, Verkehr; Meerestechnik; Neue Technologien.
Die vorliegende Klassifikation der Hauptgruppe 8 orientiert sich im wesentlichen an der Gliederung des Aktenplans aus dem Jahre 1984 mit folgenden Schwerpunkten:
- Allgemeine Angelegenheiten der Weltraumforschung und der
Luftfahrtforschung (Az. 80*)
-
Nachwuchs und Weiterbildung (Az. 81*)
-
Extraterrestrische Forschung (Az. 83*)
-
Raumflugforschung (Az. 85*)
-
Raumflugtechnik (Az. 87*)
-
Luftfahrtforschung- und technik (Az. 88*)
-
Flugkörper, Fluggeräte (Az.89*)
Ein wesentliches Aufgabengebiet des Ministeriums ist die ressortbezogene Förderung von Projekten. Die Förderanträge werden bis zur Bewilligung und Erteilung des Zuwendungskennzeichens in den zuständigen allgemeinen Sachakten geführt.
Die Überlieferung der überwiegend formalisierten Durchführung der Förderungsmaßnahmen (Aktenzeichen mit Zuwendungskennzeichen der Fachreferate) enthält v.a. Förderanträge, Finanzierungsunterlagen, Verwendungsnachweise und Vertragsunterlagen. Bedeutsame Fördervorhaben werden publiziert und sind damit auch allgemein zugänglich.
Für Internetrecherchen steht eine Auswertung sonstiger Bibliotheken und Verbünde u.a. über die Universitätsbibliothek Karlsruhe zur Verfügung: http://www.ubka.uni-karlsruhe.de/kvk.html
Zu Dokumentationszwecken wurden deshalb nur wenige ausgewählte Beispiele als archivwürdig aufgehoben (Aktenplanuntergruppen 8191*, 8391*, 8591*, 8791*, 8891*, 8991*).
Verweise:
Als Ergänzung zu dem staatlichen Schriftgut verfügt das Bundesarchiv außerdem über einen sehr umfangreichen Bestand des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in seiner Funktion als Projektträger des BMBF und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (BMWA). Das Schriftgut des Bestandes B 228 (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt-Projektträger), der ca. 19000 Projektakten umfasst, wird als Beispiel für die von Bund und Ländern gemeinsam getragenen Großforschungseinrichtungen, die Anfang der 70er Jahre entstanden sind, aufgehoben. Für eine Einsichtnahme in den bisher noch nicht archivfachlich bearbeiteten Bestand stehen die vorhandenen Abgabelisten zur Verfügung. Sachakten der DLR und der Vorgängereinrichtungen wurden bisher noch nicht an das Bundesarchiv abgegeben. In diesem Fall ist auf die vorliegende umfangreiche ministeriellen Bundesüberlieferung zu verweisen. Das aktuelle Archiv der DLR befindet sich in Köln-Porz, das auch über einen historischen Bestand aus der Zeit ab 1912 verfügt. Weitere Bestände befinden sich in Göttingen (ehemalige AVA) und in Berlin-Adlershof (Institut für Kosmosforschung und Vorgängerinstitutionen der DDR).
Eine enge inhaltliche Verzahnung besteht darüber hinaus zum Bestand B 196, Aktenplanhauptgruppe 9 -Ausländische und internationale Angelegenheiten-, insb. Aktenplangruppe 970* -Allgemeine Angelegenheiten der ausländischen und internationalen Weltraumforschung. Zu erwähnen sind hierbei umfangreiche Aktenüberlieferungen zur Europäischen Weltraumorganisation (ESA) und zur Europäischen Organisation für die Entwicklung und den Bau von Raumflugzeugträgern (ELDO).
Unterlagen der Deutschen Kommission für die Weltraumforschung (DKfW) aus den 60er Jahren liegen im Bestand B 138 in der Hauptgruppe 1 (Fachbeiräte) in der Aktenplangruppe 1903 vor.
Weitere Unterlagen zu Personalangelegenheiten sind in Bestand B 196, Aktenpanhauptgruppe 0, Untergruppe 07: Personal in Forschung und Technik, zu finden.
Am Raumfahrtgeschehen in der Bundesrepublik Deutschland sind neben dem für die Weltraumforschung und Weltraumtechnik federführendem BMFT, dem auch die Koordinierung mit den anderen Bundesministerien obliegt, eine Reihe von Ministerien und nachgeordneten Bereichen, Firmen, Industrie- und Wirtschaftsunternehmen beteiligt.
Auf Ministerialebene liegen Überlieferungsschichten in folgenden weiteren Beständen vor:
-BM für Post- und Telekommunikation (BMPT, B 257)
Nutzung Satellitensysteme, Beteiligung INTELSAT u.a.
-BM für Verkehr (BMV, B 108)
Abt. Luftfahrt, ab 1986 Abt. Luft- u. Raumfahrt
-BM für die Wirtschaft (BMWi, B 102)
Koordinator für die deutsche Luft und Raumfahrt
-BM der Verteidigung (BMVg)
Militärische Satelliten-Kommunikationssystem
-Auswärtige Amt (AA)
Weitere Ministerien, die für die Nutzung der Raumfahrt in Betracht kommen:
-BM für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (BMBau, B 134)
-BM des Innern (BMI, B 106)
-BM für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (BML, B 116)
-BM für Umwelt-, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU, B 295)
-BM für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ, B 213)
Vorarchivische Ordnung
In der Zeit vor 1960 wurden nach Aktenplan des BMAt Aktenzeichen vergeben, die aus verschiedenen Buchstaben(kombinationen) und vier Ziffern zusammengesetzt waren.
Mit Einführung eines neuen Aktenplans wurden vierziffrige Aktenzeichen nach dem Dezimalsystem vergeben. Ableitungen von der Betreffseinheit erfolgten mit Bindestrich; eine evtl. nächste Stufe der Vorgangszählung erhielt einen Schrägstrich; auch weitere Zusätze z. B. mit Buchstaben wurden bei Bedarf verwendet (Beispiel: 2081-6/1 M).
Grundlage für die Erschließung des Schriftgutes vor 1972 bildet der seit 01.01.1965 gültige Aktenplan mit Nachträgen bis 1969. Ältere Aktenschichten, die auf früheren Aktenplänen basieren, wurden auf diesen Aktenplan umgestellt und sind im Bemerkungsfeld als "altes Az" nachweisbar.
Mit der Aufgabenverlagerung zum neugegründeten BMFT im Jahre 1972 wurden weite Bereiche des Aktenplans obsolet, nämlich die Hauptgruppen:
3: Allgemeine Förderung der Wissenschaften, Meeresforschung
5/6: Energieforschung einschl. Kernenergie
7: Neue Technologien
8: Weltraumforschung und Luftfahrtforschung
Die gleichzeitige Übernahme neuer Aufgaben durch das BMBW (Bildungsplanung, Ausbildungsförderung, berufliche Bildung) führte dazu, dass die Hauptgruppen 4, 5 und 6 in der Folgezeit neu belegt wurden. Ein neuer Gesamtaktenplan trat zum 01.01.1976 in Kraft. Das Schriftgut wurde demnach in drei Bereichsregistraturen organisiert ("Bildungsplanung", "Berufliche Bildung und Presse", "Hochschulwesen, Wissenschaftspolitik"). Akten des Ministerbüros und der Abteilung I verblieben jedoch in Sachbearbeiterablagen.
Zitierweise
BArch B 138/...