Kommission zur Untersuchung der Gefährdung der wirtschaftl. Existenz von Presseunternehmen und der Folgen der Konzentration

Identifier
B 102-ANH. II
Language of Description
German
Dates
1 Jan 1966 - 31 Dec 1968
Level of Description
Collection
Languages
  • German
Source
EHRI Partner

Extent and Medium

Schriftgut

25 Aufbewahrungseinheiten

1,1 laufende Meter

Creator(s)

Scope and Content

Geschichte des Bestandsbildners

Bezeichnung

1946-1949: Verwaltungsamt für Wirtschaft

1949-1971: Bundesministerium für Wirtschaft

1971-1972: Bundesministerium für Wirtschaft und Finanzen - Unterscheidung des bisherigen BMWi durch Zusatz "Bereich Wirtschaft"

1972-1998: Bundesministerium für Wirtschaft

1998-2002: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

2002-2005: Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit

ab 2005: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

Verteilung der Fachaufgaben auf die Abteilungen nach dem Organisationsplan von 1952

I Wirtschaftspolitik

I A Wirtschaftspolitische Grundsatzfragen, Marshallplan

I B Preise, Monopole, Kartelle, Betriebsanalysen, Steuern u. Abgaben

II Wirtschaftsordnung und -förderung

II A Wirtschaftsordnung

II B Handwerk

II C Handel, Fremdenverkehr, Gewerberecht, Verbraucherpolitik

II D Leistungssteigerung und Technik

III Bergbau, Energie- und Wasserwirtschaft, Eisen und Stahl, Europäische Gemeinschaft

III A Bergbau

III B Energie- und Wasserwirtschaft

III C Eisen und Stahl

III D Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl

IV Gewerbliche Wirtschaft

IV A Eisen- und Metallwirtschaft

IV B Chemie

IV C Sonstige Industrien

V Außenwirtschaft

V A Allg. Fragen der Außenwirtschaft, Ein- und Ausfuhr, Zollpolitik

V B Handelspolitik mit dem Ausland

V C Zahlungsverkehr mit dem Ausland

VI Geld und Kredit (ohne Unterabteilungen)

Abteilungen und Unterabteilungen 1989

Z Zentralabteilung

ZB Wirtschaftliche Fragen der Verteidigung

ZC ERP-Sondervermögen, Inlandsbürgschaften und -finanzierungen

ZD Wirtschaftliche Fragen des Umweltschutzes; Betriebswirtschaft

E Europapolitik (mit Verfassungsentwicklung)

EA Beziehungen zu Mitgliedstaaten und Drittländern, Europarecht

EB Gemeinsamer Markt

I Wirtschaftspolitik

I A Grundsatzfragen, Konjunktur- und Wachstumspolitik

I B Wettbewerbs- und Preispolitik

I C Strukturpolitik, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik

I D Gesamtwirtschaftliche Analysen und Projektionen, Konjunkturbeobachtung, Wirtschaftsstatistik

II Mittelstandspolitik, Dienstleistungswirtschaft, Forschung und Technik, Bildungspolitik

II A Grundsatzfragen der Mittelstandspolitik, Freie Berufe, Dienstleistungen, Bildungs- und

Tourismuspolitik

II B Handwerk, Handel, Gewerberecht, Kulturwirtschaft

II C Innovationsförderung, Verbraucherpolitik

III Energiepolitik, mineralische Rohstoffe

III A Bergbau, Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, rationelle Energieverwendung

III B Versorgungswirtschaft (Recht, Elektrizität), Kernenergie, mineralische Rohstoffe

III C Mineralöl, Gaswirtschaft, industrielle Beteiligung des Bundes

III D Allgemeine Fragen der Energiepolitik

IV Gewerbliche Wirtschaft, Wirtschaftsförderung Berlin (mit innerdeutschen Wirtschaftsbeziehungen)

IV A Industriepolitik, Informations- und Kommunikationstechnik, Elektro-, Luft- und

Raumfahrtindustrie

IV B Investitionsgüterwirtschaft, Chemie

IV C Verbrauchsgüterwirtschaft, Eisen und Stahl

IV D Wirtschaftsförderung Berlin, Bauwirtschaft, Außenwirtschaftsfragen der Industrie

V Außenwirtschaftspolitik und Entwicklungshilfe

V A Allgemeine Fragen der Außenwirtschaftspolitik, Handelspolitik

V B Außenwirtschaftsrecht, Entwicklungspolitik, bilaterale wirtschaftliche Zusammenarbeit

V C Multilaterale Außenwirtschaftsfragen, Finanzierungen, Ost-West-Wirtschaftsbeziehungen

15.05.1970 Behandlung von Projekten der Kapitalhilfe in Entwicklungsländern von/zu

BMZ

15.12.1972 Fremdenverkehr von BMV

Förderung von Forschung und Entwicklung in der gewerblichen Wirtschaft von/zu

BMFT

Geld-, Kredit- und Währungswesen zu BMF

Bank-, Börsen- und Versicherungspolitik zu BMF

Deutsche Industrie-Anlagen-Gesellschaft AG zu BMF

Wettbewerbsrechtliche Medienfragen zu BMI

Sprengstoffrecht zu BMI

Kapitalhilfe zu BMZ

Förderung der elektronischen Datenverarbeitung zu BMFT

Berufliche Bildung zu BMBW

01.01.1973 Berufliche Bildung von/zu BMBV

April 1973 Entwicklungshilfe (u.a. multilaterale Umschuldungsverhandlungen bei

verbürgten Exportkrediten u./oder Finanzkrediten, Gesamtkonzeption der

Assoziierungs- und Präferenzpolitik der EG) von/zu BMZ

Berufliche Bildung (u.a. im Rahmen der Gewerbeförderung) von/zu BMBW

02.10.1973(?) Recht der Übertragung von Aufgaben an die Bundesanstalt für Materialprüfung

und die Physikalisch-Technische Bundesanstalt zu BMI

Medienfragen von/zu BMI

19.12.1973 Waffenrecht zu BMI

Dez. 1978 Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe

von/zu BMFT

Aug. 1982 Bundesinstituts für chemisch-technische Untersuchungen, Überleitung in

den Geschäftsbereich des BMVg von/zu BMVg

April 1993 Erweiterung der Aufgaben der Bundesanstalt für Geowissenschaften und

Rohstoffe von BMZ

Jan. 1994 Getränkeschankanlagenverordnung zu BMA

Dez. 1997 Zusammenarbeit bei der Vergabe von Aufträgen für den Bedarf der Bundeswehr

von/zu BMVg

Okt. 1998 Medien- und Filmwirtschaft, Verlagswesen zu BKM

Beratung/Technische Hilfe zugunsten Osteuropas und GUS zu BMF,

BMZ

Angelegenheiten des Lomé-Abkommens zu BMZ

Indirekte Forschungsförderung, Förderung technologieorientierter Unternehmensgründungen,

angewandte Energieforschung von BMBF

Teile der Grundsatzabteilung und Europaabteilung zu BMF

1998 Telekommunikation und Post von BMPT

Sept. 2002 Bereich Sozialordnung zu BMG

2005 Erneute Selbständigkeit des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS)

Bestandsbeschreibung

Bestandsgeschichte

Die in das BArch gelangten Unterlagen der Kommission wurden vermutlich gezielt für die Abgabe im Jahr 1969 zusammengestellt und sind nicht als geordnete Ablage der Geschäftsvorfälle der Arbeitsgruppe im BKartA erwachsen. Sie dürften gleichwohl den zentralen Kern der Überlieferung umfassen: Korrespondenz, Sitzungsunterlagen und Berichtsentwürfe des Plenums (7), Wortprotokolle der Plenarsitzungen (9) sowie Unterlagen der Ausschüsse (9).

Archivische Bewertung und Bearbeitung

Wegen des geringen Umfangs von wenig mehr als einem Gefach wurde trotz vereinzelter Doppelablage nicht kassiert. Die erste, nicht transskribierte Plenarsitzung ist als Tonaufzeichnung überliefert.

Inhaltliche Charakterisierung

Korrespondenz, Sitzungsunterlagen und Berichtsentwürfe des Plenums (7), Wortprotokolle der Plenarsitzungen (9) sowie Unterlagen der Ausschüsse (9)

Bereits die "Michel-Kommission" hatte für die Veränderungen der bundesdeutschen Presselandschaft nicht die Konkurrenz zwischen Fernsehen und Presse, sondern den Wettbewerb der Zeitungen unter‧einander verantwortlich gemacht. Noch bevor deren Untersuchungen formell abgeschlossen waren (vgl. B 106/89984), beschloß die Bundesregierung zur Ergänzung und Aktualisierung des Untersu‧chungsauftrages in ihrer Kabinettsitzung am 8. März 1967 die Einsetzung einer zweiten Kommission "zur Untersuchung der Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz von Presseunternehmen und den Folgen der Konzentration für die Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik (Pressekommission)". Den vereinzelt zu findenden Namen "Lücke-Kommission" verdankt sie der Tatsache, daß dem nicht ein Bundestagsbeschluß zugrunde lag, sondern der Innenminister die Untersuchung zuvor in einer Frage‧stunde des Bundestages angekündigt hatte und die Federführung in seiner Zuständigkeit für die Rahmenkompetenz des Bundes bei Presse und Film beanspruchte.

In seiner 109. Sitzung am 11. Mai 1967 nahm der Bundestag den entsprechenden Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD (BTDrs.V/1642) einstimmig an und forderte die Bundesregierung auf, bis zum 1. Oktober 1967 einen Bericht vorzulegen sowie geeignete erste Maßnahmen zur Ver‧hinderung der aus der Konzentration entstehenden Gefahren zu unterbreiten.

In der Sitzung vom 10. Mai beauftragte das Kabinett dann Innenminister, Wirtschaftsminister sowie das Bundespresseamt, einen gemeinsamen Vorschlag über die Besetzung der Pressekommission aus‧zuarbeiten, dem es am 17. Mai 1967 zustimmte (Kabinettvorlagen in B 136/5876). Im Vordergrund stand dabei der Gedanke, die Presse ihre Angelegenheiten selbst regeln zu lassen. Mit Schreiben vom 18. Mai wurden 6 Zeitungs- bzw. Zeitschriftenverleger, 3 Journalisten, 3 Intendanten der Rundfunk‧anstalten und 4 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens gebeten, ihr Amt als Kommissionsmitglied anzutreten:

Dr. Rüdiger AltmannStellvertr. HGF des DIHT, BonnDr. Anton BetzVerleger der Rheinischen Post, DüsseldorfDr. Gerd BuceriusVerleger "Die Zeit", Mitgesellschafter Gruner & Jahr, HamburgHelmut A. Crous Redakteur der Aachener Volkszeitung, Vorsitzender des Deutschen Journalistenverbandes, AachenHans Dürrmeier Generaldirektor und Mitgesellschafter der Süddeutschen Verlagsgesellschaft mbH, Vorsitzender der Kommission des Deutschen Presserats für Fragen der Konzentration im Deutschen Pressewesen, MünchenDr. Wilhelm EhmerVerleger der Lüdenscheider Nachrichten, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Standortpresse GmbH, LüdenscheidDr. Erich Frey Justitiar der IG Druck und PapierAlfons GeubelsInhaber der Pressevertriebsgesellschaft mbH, FrankfurtDr. Eberhard GüntherPräsident des Bundeskartellamtes, BerlinGeorg HerdaRedakteur der Frankfurter Rundschau, Vorsitzender der Deutschen Journalistenunion in der IG Druck und Papier, FrankfurtHarald O. HermannKorrespondent mehrerer Tageszeitungen; Mitglied des Vorstandes der Deutschen Pressekonferenz, BonnProf. Dr. Karl Holzamer Intendant des ZDF, MainzDietrich Oppenberg Verleger der NRZ Essen, Sprecher des Deutschen Presserates, Vorsitzender des Vereins RegionalpresseGerhard Schröder Intendant des NDRAxel Cäsar Springer Verleger, Verlagshaus Springer & Sohn, HamburgDr. Hellmuth Wagner HGF des BDI, KölnChristian WallenreiterIntendant des BR, Vorsitzender der ARD

Die Kommission konstituierte sich am 6. Juni 1967 und hielt anschließend noch neun weitere Plenarsitzungen ab. Auf ihrer zweiten Plenarsitzung richtete sie fünf Unterausschüsse ein, die Teilaspekte des Berichts vorbereiten sollten (B 102 Anh. II/1). Ausschuß I war betraut mit Struktur- und Ertragsverhältnissen bei Zeitungen und Unterhaltungszeitschriften (Vorsitz: Bucerius), Ausschuß II mit den Ursachen der Gefährdung der Verlage (Vorsitz: Betz), Ausschuß III mit Fernsehen und Presse (Vorsitz: Wagner; dann Altmann [B 102 Anh.II/2]), Ausschuß IV mit Konzentration und Meinungsbildung (Vorsitz: Günther) und Ausschuß V mit Sofortmaßnahmen bzw. der Erstellung eines vorläufigen Berichts (Vorsitz: Oppenberg).

Für die Geschäftsführung wurde im Unterschied zur Michel-Kommission keine selbständige Geschäftsstelle errichtet, sondern zur Unterstützung des Vorsitzenden eine "Arbeitsgruppe P[ressekommission]" unmittelbar im Bundeskartellamt eingerichtet, die unter der Leitung von RD Dr. Siegfried Klaue stand, zuvor Mitarbeiter des Referates Z 2 "Recht". Eine formelle Geschäftsvertei‧lung scheint es innerhalb der Arbeitsgruppe P nicht gegeben zu haben. Mit weiteren vier, später drei Mitarbeitern des höheren Dienstes aus anderen Abteilungen, teils Juristen, teils Volkswirten, ist sie in Organisationsplänen des BKartA nachweisbar vom 1. August 1967 bis 1. Juni 1968. Klaue selbst ist zum 1. September 1968 offensichtlich noch mit der Abwicklung der Aufgaben betraut, die restlichen Mitarbeiter bereits zurückversetzt. Im Organisationsplan vom 20. Februar 1969 firmiert er schließlich als Nachfolger des Referatsleiters "Recht". In dieser Funktion beriet er später die SPD bei der Konzeption ihres Gesetz‧entwurfes (B 102/143848+245816).

Die Unterlagen der Kommission, die das Bundesarchiv im Jahr 1969 aufgrund eines Beschlusses der letzten Plenarsitzung unmittelbar von Eberhard Günther erhielt, nehmen nur wenig mehr als ein Gefach ein. Mit Ablauf der seinerzeit vereinbarten und heute durch das Bundesarchivgesetz allgemein geregelten Benutzungssperrfristen wurde der Bestand bearbeitet. Er enthält vor allem Arbeitsunterlagen von Günther und Klaue - insofern auch Doppelstücke - und scheint nicht als geord‧nete Ablage der Geschäftsvorfälle der eigentlichen Arbeitsgruppe erwachsen, sondern eher aus Handakten formiert worden zu sein. Die Unterlagen tragen zwar teilweise Ordnungsziffern mit Nummer und Jahr, sind danach aber weder vollständig noch konsequent geordnet. Titel und Gliederung der Bände waren durch das Ablieferungsverzeichnis im wesentlichen vorgegeben. Kassiert wurde nicht; auch Doppelstücke wurden im Verbund der Akten belassen. Gleiches gilt für die verschiedenen Entstehungsstufen des Schlußberichts. Ob Günther im Vorfeld bereits selektiert hat oder ob aufgrund des im Vergleich zur Michel-Kommission deutlich kleineren administrativen Apparates weiteres Schriftgut nicht entstanden ist, ist letztlich unerheblich: Ins Bundesarchiv gelangte der zentrale und archivwürdige Kern der Überlieferung, bestehend aus Korrespondenz, Sitzungsunter‧lagen und Berichtsentwürfen des Plenums (7 AE), Wortprotokollen der Plenarsitzungen (9 AE) sowie Unterlagen der Ausschüsse (9 AE).

Verglichen mit der üppigen Überlieferung der Michel-Kommission ist der Informationswert des Be‧standes B 102 Anh. II umgekehrt proportional zu seinem Umfang. Angesichts der geglätteten Er‧gebnisprotokolle lassen die Wortprotokolle - bei allem Ballast durch Terminvereinbarungen und ähn‧liche Banalitäten - die inneren Spannungen und die individuellen und institutionellen Strategien ihrer Protagonisten erkennen. Der Mitschnitt der ersten, nicht schriftlich protokollierten Sitzung dürfte auch als Tondokument zeitgeschichtlichen Wert haben.

Akten des im Innenministerium federführenden Referates befinden sich im Bestand B 106 unter den Signaturen 89984 und 89985 sowie 112117-112119. Im Bestand B 102 (Bundesministerium für Wirt‧schaft) sind unmittelbar einschlägig: 251763-251767, 251769, 251772; für das anschließende Gesetz‧gebungsverfahren 143844-143848, soweit das im BMWi dann nur mitwirkende "Medienreferat" betroffen ist und 245815-245822 für das im BMWi federführende Referat I B 5/I B 6 (Wettbewerbspolitik). Im Bundeskanzleramt wurde der gesamte Komplex unter dem Betreff "Presserecht" subsumiert und findet sich in den Bänden B 136/3455 und 5875-5886.

Die Kommission sollte ausdrücklich keine eigenen Untersuchungen anstellen, sondern sich auf vor‧handenes Material stützen. Ihre geplanten Informationsquellen - der Bericht der Michel-Kommission wie eine nach Ländern und Springer-Unternehmen gegliederte gleichgelagerte Erhebung des Deutschen Presserates (B 136/5877-5879) standen jedoch entweder nicht (B 102 Anh. I/86) oder nicht rechtzeitig zur Verfügung oder waren wegen Stoßrichtung und Untersuchungszeitraum nur ein‧geschränkt zu verwenden. Dennoch drängten Bundestag und Bundesrat auf einen schnellen Abschluß und regten einen vorläufigen Bericht an. Diesen verabschiedete die Pressekommission auf ihrer letz‧ten Plenarsitzung am 8. November 1967 und übergab ihn am 13. November. Am 15. Dezember legte ihn der Bundeskanzler dem Bundestag bereits mit der Stellungnahme der Bundesregierung zu den Empfehlungen der Kommission vor (BTDrs. V/2403). Darin wurde die Erwartung geäußert, die Kommission möge ihre Arbeiten bis zum 30. April 1968 beenden.

Am 14. Juni 1968 wurde der Schlußbericht den zuständigen Ressorts (B 102/251764), am 3. Juli dem Bundestag übergeben (BTDrs. V/3122; B 106/89984). Die Kommission kam darin zu dem Ergebnis, daß die Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik akut noch nicht beeinträchtigt sei, eine zunehmende Pressekonzentration aber zu ihrer Gefährdung beitrage und daher geeignete Gegenmaßnahmen ergrif‧fen werden müßten.

Während man bei der Michel-Kommission auf Verlangen des Bundestages davon abgesehen hatte, Vertreter der untersuchten Branchen zu Kommissionsmitgliedern zu berufen, führte die Ernennung von Großverlegern wie Gerd Bucerius und Axel Springer von vornherein zu öffentlicher Kritik und Skepsis gegenüber der Ausgewogenheit des zu erwartenden Urteils. Tatsächlich aber ergaben sich heftige Spannungen innerhalb der Kommission. Als ihr Vorsitzender war am 29. Mai 1967 Dr. Eberhard Günther berufen worden. Der Präsident des Bundeskartellamtes, ein erklärter Gegner konsumentenfeindlicher wirtschaftlicher Zusammenschlüsse, setzte sich maßgeblich für die lau‧fende Kartellrechtsreform mit verschärften Maßnahmen zur Fusionskontrolle ein. Bereits im vorjäh‧rigen Jahresbericht seines Amtes wie in Äußerungen gegenüber dem Spiegel hatte er die Springer-Gruppe darüber hinaus als gesellschaftspolitisches Problem gebrandmarkt. Verstärkt durch die Anti-Springer-Kampagne der Studentenbewegung vermutete Springer in den von Günther vorgeschlagenen Maß‧nahmen eine "lex Springer" und bat den BMI mit Schreiben vom 8. September 1967, ihn von der Mitgliedschaft in der Pressekommission zu entbinden (B 102 Anh. II/19, B 102/251765). Das Schrei‧ben blieb ohne Antwort und Springer formell weiterhin Mitglied, doch nahm er seither an den Sitzungen der Kommission nicht mehr teil. Betz, der sich bereits am 26. Mai beim Bundeskanzler vehement gegen die bevorstehende Ernennung Günthers unter Hinweis auf Befangenheit wegen der "inquisitorischen Funktion seines Amtes" ausgesprochen hatte (B 136/5877), schloß sich Springer an. Schon vorher hatten das ZDF und die Springer-Konzernleitung in einer anderen Frage eine heftige Kontroverse ausgefochten. Holzamer konnte daraufhin nur knapp am Verlassen der Kommission gehindert und die Beschlußfähigkeit erhalten werden. Die Auseinandersetzung um eine Marktanteilsbegrenzung in dem inzwischen als "Günther-Kommission" bekanntgewordenen Gremium dauerte gleichwohl fort und nicht alle Mitglieder mochten sich schließlich den Empfehlungen des Schlußberichts anschließen.

Mehrfach hatte Springer unterdessen gegen die Kommissionsarbeit als Fortsetzung der vom SDS betriebenen Enteignungspolitik polemisiert und sich noch am 25. Juni 1968 bei Kiesinger in zwar moderateren, doch deutlichen Worten über Günther beschwert: "...Die auf dem Wege einer amerikanischen Ver‧steigerung durch den Vorsitzenden herausgelockten Marktanteil-Prozentsätze bedeuten die Einmaue‧rung eines einzelnen Verlagsunternehmens...".( B 136/5877). Umso erstaunter registrierte die Öffent‧lichkeit, daß er fast zeitgleich mit dem Erscheinen des Schlußberichts einen der Verlage des Konzerns mit dem Großteil der ihm bisher gehörenden Publikumszeitschriften verkaufte und damit weit hinter die von der Kommission als Gefährdungsgrenze für die Meinungsfreiheit bezeichneten Marktanteile zurückfiel. Spekulativ blieb, ob er tatsächlich eine Zwangsentflechtung für möglich hielt und ihr zu‧vorkommen wollte, ob der Schritt zumindest ein moralischer Sieg der Pressekommission oder gar der APO war, ob er nur notwendige Investitionen in das Kerngeschäft der Zeitungen finanzieren oder genau dort eine neue Marktoffensive ermöglichen sollte. Daß die Verkaufsverhandlungen mit Gruner & Jahr und damit Bucerius als einem anderen Kontrahenten in der Pressekommission nur knapp scheiterten, mag ein weiteres Schlaglicht auf das dort virulente Konfliktpotential werfen.

Am 11. Februar 1969 verabschiedete das Kabinett schließlich die Stellungnahme der Bundesregie‧rung (BtDrs. V/3856). Dem umstrittenen Kernpunkt der Empfehlung folgte auch sie nicht: Als mögli‧che Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit hatte die Kommission nicht nur Zusammen‧schlüsse, sondern den Verdrängungswettbewerb durch die eigendynamische Selbstexpansion eines einzelnen Presseunternehmens ausgemacht. Sie forderte daher eine generelle Marktanteilsbegrenzung anhand der Auflagenhöhe eines Publikationsorgans und hielt die von der Bundesregierung favorisierte Fusionskontrolle für eine nur unzureichende Lösung des Problems, das nach ihrem Verständnis mit den vorhandenen Regularien nicht zu lösen war.

Bereits vorher hatten öffentliche Hearings des Bundestagsausschusses für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik begonnen, in denen u.a. Sachverständige der Michel- wie der Günther-Kommission ihre Positionen zu verdeutlichen versuchten (B 106/112119, B 102/251766, B 136/5880). Ergebnis war am 3. Juni 1969 ein Entschließungsantrag, der der Stellungnahme der Bundesregierung im wesentlichen folgte (BTDrs. V/4344; B 102/251766). Demnach sollte künftig intensiver über Strukturveränderungen der Presselandschaft berichtet werden, die soziale Stellung der Journalisten gegenüber dem Verleger ("innere Pressefreiheit") gestärkt, finanzielle Erleichterungen gewährt, kommunikationswissenschaftliche Forschungen gefördert und konzentrationshemmende Maßnahmen vorgenommen werden. In seiner 246. Sitzung am 2. Juli 1969 nahm der Bundestag den Antrag an und forderte die Bundesregierung auf, die entsprechenden Schritte einzuleiten. Die gesetzliche Regelung zur Fusionskontrolle im Pressewesen machte sich die SPD auch im Regierungsprogramm für die neue Legislaturperiode zu eigen, doch blieb in der Regierungserklärung Brandts vom 28. Oktober 1969 noch offen (B 106/89985), inwieweit sie sich im geplanten Presserechtsrahmengesetz oder einer Novellierung des Wettbewerbsrechts niederschlagen sollte. Nachfolgende heftige Kompetenzstreitig‧keiten zwischen Innen- und Wirtschaftsministerium trugen dazu bei, daß selbst bei der großen Kartellrechtsreform des Jahres 1973 pressespezifische Überlegungen keine Berücksichtigung mehr fanden. Anläßlich der Verabschiedung der Novelle wurde die Bundesregierung vom Bundestag erneut aufgefordert, einen weitergehenden Gesetzentwurf vorzulegen. Schließlich fiel die Entscheidung dann doch für die ökonomische Lösung, die den Gefahren der Pressekonzentration für die Meinungs- und Pressefreiheit ein rein wettbewerbsrechtliches Instrumentarium entgegenzusetzen versuchte. Nicht zuletzt wurde die Fusionskontrolle nun von ethischen Implikationen des Presserechtsrahmengesetzes entkoppelt, bei dem wirtschaftliche Aspekte nur schwer von einem Verhaltenskodex der Verleger zu trennen gewesen wären. Maßgeblich waren allerdings verfassungsrechtliche Gründe: Bei der Verhütung von Mißbrauch wirtschaftlicher Machtstellung war die Gesetzgebungskompetenz des Bundes eindeutig gegeben, während eine Gesetzgebung innerhalb der presserechtlichen Rahmenkompe‧tenz hätte auf die Länder Rücksicht nehmen müssen. Die verfahrensmäßige Teilung beendete gleich‧zeitig das Kompetenzgerangel zwischen Innen- und Wirtschaftsministerium.

Nachdem eine interministerielle Arbeitsgruppe "Pressefusionskontrolle" unter Federführung des BMWi bereits 1974 dem Kabinett einen Entwurf vorgelegt hatte (B 102/143848), sollte es noch zwei weitere Jahre dauern, bis nach Einspruch des Bundesrates und dessen Zurückweisung durch den Bun‧destag die 3. Kartellgesetznovelle zur Fusionskontrolle im Pressewesen am 2. Juli 1976 verkündet wurde. Die im Wettbewerbsrecht formal zulässigen "Aufgreifkriterien" ließen nun letztgültig keinen Raum mehr für eine Berücksichtigung der Auflagenhöhe, die die Pressekommission für sinnvoll ge‧halten hatte. So wurde die für die allgemeine Fusionskontrolle nach der 2. Kartellgesetznovelle gel‧tende Umsatzgrenze für Unternehmenszusammenschlüsse entsprechend dem mittelständischen Charakter von Presseunternehmen lediglich herabgesetzt und die Möglichkeit geschaffen, die kartell‧rechtliche Genehmigung an Bedingungen wie den Erhalt einer Lokalredaktion zu knüpfen.

Nicht allen auf die Empfehlungen der Pressekommission zurückgehenden Initiativen war Erfolg be‧schieden, wie die Bundesregierung dem Bundestag 1970 vorläufig, 1974 endgültig berichtete (BTDrs. VI/692 und VII/2104). Auch das zunächst noch vom Innenministerium betriebene Presserechtsrahmengesetz wurde schließlich fallen gelassen. Das Zeugnisverweigerungsrecht für Mit‧arbeiter von Presse und Rundfunk wurde 1975 indes ebenso verabschiedet wie das Pressestatistikgesetz als Grundlage für die seither vom Statistischen Bundesamt ermittelten Daten.

Die Verquickung von Marktmacht und Meinungsmacht, die nicht erst die Mitglieder der Kommissionen problematisiert hatten, weist der Presse im Unterschied zu anderen Branchen eine besondere Rolle zu im Spannungsfeld von grundgesetzlich garantierter Meinungs- und Pressefreiheit, von betriebswirtschaftlicher Notwendigkeit und Profitmaximierung, von Machtpolitik und unternehmerischer Selbstbeschränkung, von demokratischer Verantwortung und parteipolitischen Grundsätzen einerseits sowie wahltaktischer Rücksicht‧nahme auf die Meinungsbildung durch eben diese Presse andererseits. Insofern sind Arbeit und Wirkung der Michel- wie der Günther-Kommission - neben der Überlieferung der beteiligten Ministerien und Interessengruppen, der Archive der jeweiligen Regierungs- und Oppositionsparteien und nicht zuletzt der Presse selbst - ein wichtiger Baustein für Untersuchungen über das Selbstver‧ständnis der Massenmedien und die Metamorphosen der Medienpolitik von der Regierung Erhard über die Große Koalition und die Ära Brandt bis zur Regierung Schmidt.

Literatur:

Pressekonzentration - Eine kritische Materialsichtung und -systematisierung, hg. von Jörg Aufermann u.a., München 1960

Alphons Silbermann u. Ernest Zahn, Die Konzentration der Massenmedien und ihre Wirkungen - eine wirtschafts- und kommunikationssoziologische Studie, Düsseldorf 1970

Pressefreiheit - Entwurf eines Gesetzes zum Schutze freier Meinungsbildung und Dokumentation des Arbeitskreises Pressefreiheit, hg. von Helmut Arndt u.a., Neuwied 1970

Rundfunkanstalten und Tageszeitungen - Dokumentation 5: Untersuchungsergebnisse und Empfehlungen, hg. von der ARD, Mainz 1969

Medienpolitik. Dokumentation der Kommunikationspolitik in der Bundesrepublik Deutschland von 1945 bis 1990, hg. von Walter J. Schütz, Konstanz 1999 (=Schriften der Deutschen Gesellschaft für COMNET 8")

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Vorwort

Das "Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)" hatte 1957 das alliierte Dekartellierungsrecht abgelöst, jedoch unter dem Einfluß der deutschen Industrie entgegen den Vorstellungen der Allierten und der ordoliberalen Ökonomen auf Vorschriften zur Entflechtung und Fusionskontrolle verzichtet. Der zu beobachtende Konzentrationsprozeß in allen Wirtschaftsbereichen hatte bereits in den Jahren 1961-1964 zu einer umfassenden Enquête des Bundesamtes für gewerbliche Wirtschaft (vgl. Bestand B 103 Anh.) geführt und die Notwendigkeit einer Kartellrechtsreform erwiesen. Keine der dort ana‧lysierten Branchen rief jedoch in der Öffentlichkeit vergleichbares Interesse hervor wie das eher nachrangig untersuchte Presse- und Verlagswesen.

Ausgangspunkt der hochpolitisierten Auseinandersetzung um den Zeitungsmarkt in den 1960er Jah‧ren war die Prämisse, daß die freie Meinungsbildung nur durch den Erhalt der Pressevielfalt garantiert sei und die Dominanz einiger weniger Verleger auch die Pressefreiheit einschränke. Unter Hinweis auf die fatalen Folgen des einst durch den Hugenberg-Konzern geschaffenen Meinungsmonopols wurde die Bedrohung der grundgesetzlich garantierten Freiheiten nicht nur von den Verlegerver‧bänden in ihrem Kampf gegen das Werbefernsehen instrumentalisiert, sondern durch die APO mit der Forderung "Enteignet Springer" schließlich auch personalisiert. Empörung ersetzte in der Diskussion oft die Methode, denn gesicherte Daten über den Wettbewerb innerhalb eines Mediums, der Massen‧medien untereinander, über Fusionsformen und -verhalten der Verleger wie die Entstehungsfaktoren von Meinungsbildung lagen zunächst nicht vor. Alle Argumente lebten von Aufzeichnungen über die zurückgehende Zahl selbständiger Tageszeitungs-Vollredaktionen, die der Journalist Walter J. Schütz als Beobachter des Bundespresseamtes mit freilich anderem Erkenntnisinteresse angefertigt hatte (B 102 Anh. I/51). Die Einsetzung von Untersuchungskommissionen sollte daher mit methodisch fun‧dierten Aussagen Handlungsbedarf und -möglichkeiten der Regierung abstecken. Die öffentliche Dis‧kussion fand einen Nachhall zunächst bei der sozialdemokratischen Opposition, doch sah sich die SPD spätestens nach der Übernahme von Regierungsverantwortung in der Großen Koalition in der Zwickmühle, einen Verleger zügeln zu sollen, dessen "rechte" Presse auch für sie eine gute Presse darzustellen vermochte.

Die Kommission zur Untersuchung der Wettbewerbsgleichheit

von Presse, Funk/Fernsehen und Film (B 102/Anh. I)

Die Einsetzung der "Kommission zur Untersuchung der Wettbewerbsgleichheit von Presse, Funk/ Fernsehen und Film" war eine Folge der Diskussion über das Werbefernsehen. Die Ver‧bände der Zeitungsverleger hatten wiederholt sein Verbot oder eine zeitliche Begrenzung gefordert, weil es das Anzeigengeschäft als wirtschaftliche Grundlage der Tagespresse und damit nicht zuletzt die Meinungsvielfalt gefährde. Um dieser vermeintlichen Wettbewerbsverzerrung zu begegnen, ver‧langten sie außerdem die Übertragung eines ausschließlich durch Werbung finanzierten eigenen Fernsehprogramms.

Ein entsprechender Untersuchungsantrag der SPD vom 26. Juni 1963 wurde in der Sitzung des Bun‧destages am 15. November 1963 zunächst an den Wirtschaftsausschuß verwiesen, der die Vorlage am 12. März 1964 beriet. Entsprechend seiner Empfehlung wurde sie auf der 124. Sitzung des Bundestages am 29. April 1964 einstimmig angenommen (BTDrs. IV/1385, 1400 und 2158) und die Regierung mit der Enquête beauftragt. Die vom Bundestag vorgeschlagene Federführung des Wirt‧schaftsministers lehnte der Innenminister unter Hinweis auf seine alleinige Zuständigkeit nach Art. 5 GG allerdings ab. So faßte das Kabinett am 10. Juni 1964 (B 102/248478) vorerst nur einen Beschluß über die gemeinsame Federführung. Die beiden Minister unterbreiteten dem Kabinett daraufhin in der nächsten Sitzung am 22. Oktober 1964 eine Vorlage und wurden mit der Einsetzung der Kommission betraut.

Sie beriefen am 7. Dezember 1964 folgende Mitglieder:

Ministerialdirektor a.D. Dr. Elmar Michel (Vorsitz)Vorsitzender des Vorstandes der Salamander AG, Kornwestheim bei StuttgartDr. Arnold Gehlenordentlicher Professor der Soziologie an der Technischen Hochschule AachenDr. Karl HoffmannDirektor, Schönau/SchwarzwaldDr.Dr.Dr. Walter Leisnerordentlicher Professor des öffentlichen Rechts an der Universität Erlangen-NürnbergDr. Ernst-Joachim Mestmäckerordentlicher Professor des Bürgerlichen Rechts, Handels- und Wirtschaftsrechts an der Universität MünsterStadtrat Heinz-Wilfried SabaisSchul- und Kulturdezernent der Stadt DarmstadtDr. Karl Schwantagordentlicher Professor der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Mainz

Die Kommission hielt ihre konstituierende Sitzung am 14. Dezember 1964 ab. Die Arbeit wurde im Januar 1965 aufgenommen. An 41 Sitzungstagen wurden Anhörungen von 89 Vertretern der Medien und Sachverständigen vorgenommen. Unter Einbeziehung juristischer und betriebswirtschaftlicher Gutachten schloß sie die Untersuchungen am 22. Juli 1967 ab. Am 25. September 1967 schließlich legte sie dem Deutschen Bundestag ihren Abschlußbericht vor (BT-Drs. V/2120).

Die nach ihrem Vorsitzenden benannte "Michel-Kommission" oder auch "Wettbewerbskommission" kam darin zu dem Ergebnis, daß sich Presse und Rundfunk publizistisch ergänzen und die Zeitungs‧verleger den Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung zu Unrecht erhoben. Die wirtschaftlichen Probleme der Presse seien nicht durch das Werbefernsehen erklärbar; Rundfunkanstalten trotz des öffentlich-rechtlichen Status steuerlich nicht privilegiert. Das geplante Verlegerfernsehen sei zudem aus verfas‧sungsrechtlichen Gründen nicht zulässig.

Die Bundesregierung stimmte dem in ihrer Stellungnahme vom 9. Mai 1968 weitgehend zu (veröffentlicht als "zu BT-Drs. V/2120").

Die Mitglieder der Kommission übten ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. Die eigentliche Geschäftsführung oblag einer eigens errichteten Geschäftsstelle unter Aufsicht des Referates II C 4 (Wirtschaftliche Aufgaben im Bereich von Film, Fernsehen und Rundfunk) des Wirtschaftsministeriums, aus dessen Haushalt auch die restlichen Kosten der Untersuchung bestritten wurden. Sie stand bis 31.12.1965 unter der Leitung von Dr. Harald von Hinüber, einem im Ruhestand befindlichen ehemaligen Mitarbeiter des DIHT (B 106/103550). Sein Nachfolger wurde der Volks‧wirt Dr. Rudolph Hofsähs (B 102 Anh.I/22), Oberregierungsrat im BMWi, der bisher bereits diverse Branchenuntersuchungen des BMWi, u.a. die Werft-Enquête durchgeführt hatte (B 106/103550). Das BMWi stellte der Geschäftsstelle, nachdem Bemühungen der anderen Ressorts erfolglos verlau‧fen waren, schließlich auch die Referenten zur Verfügung. Mit ca. 10 Mitarbeitern war ihr personeller Aufbau jedoch erst im ersten Halbjahr 1966 abgeschlossen (Geschäftsverteilung in B 102 Anh.I/5).

Das Schriftgut der Geschäftsstelle, das den Bestand B 102 Anh. I bildet, gelangte im Jahr 1968 voll‧ständig und im beachtlichen Umfang von ca. 3 Regaleinheiten und 751 Archivalieneinheiten (AE) ins Bundesarchiv. Da in den Gutachten Betriebsgeheimnisse enthalten sein konnten, war der größte Teil des Bestandes versiegelt. Nachdem im Jahr 1998 Versiegelungs- wie gesetzliche Benutzungssperrfristen abgelaufen waren, wurde das Schriftgut archivisch bearbeitet.

Ein Ablieferungsverzeichnis befindet sich in B 102 Anh. I/1. Die im nachfolgenden Findbuch als "Alte Signatur" bezeichneten Ziffern beziehen sich auf die darin befindliche sog. "Archivnummer". Alle im Findbuch nicht gelisteten alten Signaturen und damit der größte Teil der Überlieferung wurden kassiert.

Es handelte sich dabei zum einen um Routine- und Abwicklungsschriftgut (Einladungen, Anschreiben ohne Anlagen, Urlaubsbescheinigungen, Telefonrechnungen, Buchungsbelege usw.) oder bloße Materialsammlungen. Doppel als wichtig empfundener Unterlagen wurden von der Geschäftsstelle unter mehreren Ordnungskriterien abgelegt. Kassiert wurden hier die offensichtlichen Dubletten. Ein Vergleich einzelner Akteninhalte wurde nicht vorgenommen, so daß weiterhin mit einer gewissen Redundanz zu rechnen ist. Kassiert wurden auch sämtliche Entwurfsstadien des Abschlußberichtes, da die Korrekturwünsche keine inhaltlichen Veränderungen enthielten. Von den sog. Arbeitsunterlagen und Korrespondenzen wurden diejenigen Bände kassiert, in denen sich lediglich Zeitschriftenartikel, Geschäftsberichte, die Bestellung von Informationsunterlagen o.ä. fanden. Kas‧siert wurden die Fragebögen aus schriftlichen Erhebungen bei Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen (Muster in B Anh. I/66). Aufgehoben wurden dagegen juristische Gutachten und Betriebsprüfungen, die im Auftrag der Kommission vor Ort durchgeführt wurden. Kassiert wurde auch die Dokumenten‧sammlung der Kommission, da sie in dem genannten Band bibliographiert und jederzeit wiederher‧stellbar ist. Weitere von der Kommission gesammelte Veröffentlichungen gelangten 1968 nicht ins Bundesarchiv, sondern wurden dem neugebildeten Pressereferat des BMWi übergeben (DA 3142/15).

Titel, Laufzeit und Klassifikation der im Findbuch verzeichneten archivwürdigen Bände richten sich mit geringen Korrekturen nach Angaben und Gliederung im genannten Ablieferungsverzeichnis der Geschäftsstelle. Die Laufzeit entspricht darin nicht wie üblich dem Datum der Ablage eines Schriftstücks, sondern seinem Bezugszeitraum. Der Bestand umfaßt Unterlagen aus folgenden Bereichen: Organisation und Haushalt (7 AE); Bericht und Arbeitsunterlagen der Kommission (17 AE); Sitzungsprotokolle (3 AE); Verfah‧rensfragen, Rechtsgutachten und werbewirtschaftliche Fragen (13 AE); Wirtschaftsprüfungen bei Medienunternehmen (31 AE); Korrespondenz der Geschäftsstelle mit Kommissionsmitgliedern, Behörden, Medienunternehmen und -verbänden (51 AE).

Die Überlieferung des aufsichtführenden Referates im BMWi ist bis auf die Bände B 102/248477 und 248478 kassiert. Für Fragen, die die Vor- und Nachbereitung der Kommission auf Ministerialebene betreffen, sind daher zusätzlich die Akten des Bundesministeriums des Innern hinzuzuziehen (Bestand B 106/103548-103551, 103553). Der Niederschlag der vergleichsweise unspektakulären Kommissionstätigkeit in den Akten des Bundeskanzleramtes ist mit zwei Bänden eher gering (B 136/3453+3454).

Die Kommission zur Untersuchung der Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz

von Presseunternehmen und den Folgen der Konzentration für die

Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik (Pressekommission) (B 102 Anh. II)

Bereits die "Michel-Kommission" hatte für die Veränderungen der bundesdeutschen Presselandschaft nicht die Konkurrenz zwischen Fernsehen und Presse, sondern den Wettbewerb der Zeitungen unter‧einander verantwortlich gemacht. Noch bevor deren Untersuchungen formell abgeschlossen waren (vgl. B 106/89984), beschloß die Bundesregierung zur Ergänzung und Aktualisierung des Untersu‧chungsauftrages in ihrer Kabinettsitzung am 8. März 1967 die Einsetzung einer zweiten Kommission "zur Untersuchung der Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz von Presseunternehmen und den Folgen der Konzentration für die Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik (Pressekommission)". Den vereinzelt zu findenden Namen "Lücke-Kommission" verdankt sie der Tatsache, daß dem nicht ein Bundestagsbeschluß zugrunde lag, sondern der Innenminister die Untersuchung zuvor in einer Frage‧stunde des Bundestages angekündigt hatte und die Federführung in seiner Zuständigkeit für die Rahmenkompetenz des Bundes bei Presse und Film beanspruchte.

In seiner 109. Sitzung am 11. Mai 1967 nahm der Bundestag den entsprechenden Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD (BTDrs.V/1642) einstimmig an und forderte die Bundesregierung auf, bis zum 1. Oktober 1967 einen Bericht vorzulegen sowie geeignete erste Maßnahmen zur Ver‧hinderung der aus der Konzentration entstehenden Gefahren zu unterbreiten.

In der Sitzung vom 10. Mai beauftragte das Kabinett dann Innenminister, Wirtschaftsminister sowie das Bundespresseamt, einen gemeinsamen Vorschlag über die Besetzung der Pressekommission aus‧zuarbeiten, dem es am 17. Mai 1967 zustimmte (Kabinettvorlagen in B 136/5876). Im Vordergrund stand dabei der Gedanke, die Presse ihre Angelegenheiten selbst regeln zu lassen. Mit Schreiben vom 18. Mai wurden 6 Zeitungs- bzw. Zeitschriftenverleger, 3 Journalisten, 3 Intendanten der Rundfunk‧anstalten und 4 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens gebeten, ihr Amt als Kommissionsmitglied anzutreten:

Dr. Rüdiger AltmannStellvertr. HGF des DIHT, BonnDr. Anton BetzVerleger der Rheinischen Post, DüsseldorfDr. Gerd BuceriusVerleger "Die Zeit", Mitgesellschafter Gruner & Jahr, HamburgHelmut A. Crous Redakteur der Aachener Volkszeitung, Vorsitzender des Deutschen Journalistenverbandes, AachenHans Dürrmeier Generaldirektor und Mitgesellschafter der Süddeutschen Verlagsgesellschaft mbH, Vorsitzender der Kommission des Deutschen Presserats für Fragen der Konzentration im Deutschen Pressewesen, MünchenDr. Wilhelm EhmerVerleger der Lüdenscheider Nachrichten, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Standortpresse GmbH, LüdenscheidDr. Erich Frey Justitiar der IG Druck und PapierAlfons GeubelsInhaber der Pressevertriebsgesellschaft mbH, FrankfurtDr. Eberhard GüntherPräsident des Bundeskartellamtes, BerlinGeorg HerdaRedakteur der Frankfurter Rundschau, Vorsitzender der Deutschen Journalistenunion in der IG Druck und Papier, FrankfurtHarald O. HermannKorrespondent mehrerer Tageszeitungen; Mitglied des Vorstandes der Deutschen Pressekonferenz, BonnProf. Dr. Karl Holzamer Intendant des ZDF, MainzDietrich Oppenberg Verleger der NRZ Essen, Sprecher des Deutschen Presserates, Vorsitzender des Vereins RegionalpresseGerhard Schröder Intendant des NDRAxel Cäsar Springer Verleger, Verlagshaus Springer & Sohn, HamburgDr. Hellmuth Wagner HGF des BDI, KölnChristian WallenreiterIntendant des BR, Vorsitzender der ARD

Die Kommission konstituierte sich am 6. Juni 1967 und hielt anschließend noch neun weitere Plenarsitzungen ab. Auf ihrer zweiten Plenarsitzung richtete sie fünf Unterausschüsse ein, die Teilaspekte des Berichts vorbereiten sollten (B 102 Anh. II/1). Ausschuß I war betraut mit Struktur- und Ertragsverhältnissen bei Zeitungen und Unterhaltungszeitschriften (Vorsitz: Bucerius), Ausschuß II mit den Ursachen der Gefährdung der Verlage (Vorsitz: Betz), Ausschuß III mit Fernsehen und Presse (Vorsitz: Wagner; dann Altmann [B 102 Anh.II/2]), Ausschuß IV mit Konzentration und Meinungsbildung (Vorsitz: Günther) und Ausschuß V mit Sofortmaßnahmen bzw. der Erstellung eines vorläufigen Berichts (Vorsitz: Oppenberg).

Für die Geschäftsführung wurde im Unterschied zur Michel-Kommission keine selbständige Geschäftsstelle errichtet, sondern zur Unterstützung des Vorsitzenden eine "Arbeitsgruppe P[ressekommission]" unmittelbar im Bundeskartellamt eingerichtet, die unter der Leitung von RD Dr. Siegfried Klaue stand, zuvor Mitarbeiter des Referates Z 2 "Recht". Eine formelle Geschäftsvertei‧lung scheint es innerhalb der Arbeitsgruppe P nicht gegeben zu haben. Mit weiteren vier, später drei Mitarbeitern des höheren Dienstes aus anderen Abteilungen, teils Juristen, teils Volkswirten, ist sie in Organisationsplänen des BKartA nachweisbar vom 1. August 1967 bis 1. Juni 1968. Klaue selbst ist zum 1. September 1968 offensichtlich noch mit der Abwicklung der Aufgaben betraut, die restlichen Mitarbeiter bereits zurückversetzt. Im Organisationsplan vom 20. Februar 1969 firmiert er schließlich als Nachfolger des Referatsleiters "Recht". In dieser Funktion beriet er später die SPD bei der Konzeption ihres Gesetz‧entwurfes (B 102/143848+245816).

Die Unterlagen der Kommission, die das Bundesarchiv im Jahr 1969 aufgrund eines Beschlusses der letzten Plenarsitzung unmittelbar von Eberhard Günther erhielt, nehmen nur wenig mehr als ein Gefach ein. Mit Ablauf der seinerzeit vereinbarten und heute durch das Bundesarchivgesetz allgemein geregelten Benutzungssperrfristen wurde der Bestand bearbeitet. Er enthält vor allem Arbeitsunterlagen von Günther und Klaue - insofern auch Doppelstücke - und scheint nicht als geord‧nete Ablage der Geschäftsvorfälle der eigentlichen Arbeitsgruppe erwachsen, sondern eher aus Handakten formiert worden zu sein. Die Unterlagen tragen zwar teilweise Ordnungsziffern mit Nummer und Jahr, sind danach aber weder vollständig noch konsequent geordnet. Titel und Gliederung der Bände waren durch das Ablieferungsverzeichnis im wesentlichen vorgegeben. Kassiert wurde nicht; auch Doppelstücke wurden im Verbund der Akten belassen. Gleiches gilt für die verschiedenen Entstehungsstufen des Schlußberichts. Ob Günther im Vorfeld bereits selektiert hat oder ob aufgrund des im Vergleich zur Michel-Kommission deutlich kleineren administrativen Apparates weiteres Schriftgut nicht entstanden ist, ist letztlich unerheblich: Ins Bundesarchiv gelangte der zentrale und archivwürdige Kern der Überlieferung, bestehend aus Korrespondenz, Sitzungsunter‧lagen und Berichtsentwürfen des Plenums (7 AE), Wortprotokollen der Plenarsitzungen (9 AE) sowie Unterlagen der Ausschüsse (9 AE).

Verglichen mit der üppigen Überlieferung der Michel-Kommission ist der Informationswert des Be‧standes B 102 Anh. II umgekehrt proportional zu seinem Umfang. Angesichts der geglätteten Er‧gebnisprotokolle lassen die Wortprotokolle - bei allem Ballast durch Terminvereinbarungen und ähn‧liche Banalitäten - die inneren Spannungen und die individuellen und institutionellen Strategien ihrer Protagonisten erkennen. Der Mitschnitt der ersten, nicht schriftlich protokollierten Sitzung dürfte auch als Tondokument zeitgeschichtlichen Wert haben.

Akten des im Innenministerium federführenden Referates befinden sich im Bestand B 106 unter den Signaturen 89984 und 89985 sowie 112117-112119. Im Bestand B 102 (Bundesministerium für Wirt‧schaft) sind unmittelbar einschlägig: 251763-251767, 251769, 251772; für das anschließende Gesetz‧gebungsverfahren 143844-143848, soweit das im BMWi dann nur mitwirkende "Medienreferat" betroffen ist und 245815-245822 für das im BMWi federführende Referat I B 5/I B 6 (Wettbewerbspolitik). Im Bundeskanzleramt wurde der gesamte Komplex unter dem Betreff "Presserecht" subsumiert und findet sich in den Bänden B 136/3455 und 5875-5886.

Die Kommission sollte ausdrücklich keine eigenen Untersuchungen anstellen, sondern sich auf vor‧handenes Material stützen. Ihre geplanten Informationsquellen - der Bericht der Michel-Kommission wie eine nach Ländern und Springer-Unternehmen gegliederte gleichgelagerte Erhebung des Deutschen Presserates (B 136/5877-5879) standen jedoch entweder nicht (B 102 Anh. I/86) oder nicht rechtzeitig zur Verfügung oder waren wegen Stoßrichtung und Untersuchungszeitraum nur ein‧geschränkt zu verwenden. Dennoch drängten Bundestag und Bundesrat auf einen schnellen Abschluß und regten einen vorläufigen Bericht an. Diesen verabschiedete die Pressekommission auf ihrer letz‧ten Plenarsitzung am 8. November 1967 und übergab ihn am 13. November. Am 15. Dezember legte ihn der Bundeskanzler dem Bundestag bereits mit der Stellungnahme der Bundesregierung zu den Empfehlungen der Kommission vor (BTDrs. V/2403). Darin wurde die Erwartung geäußert, die Kommission möge ihre Arbeiten bis zum 30. April 1968 beenden.

Am 14. Juni 1968 wurde der Schlußbericht den zuständigen Ressorts (B 102/251764), am 3. Juli dem Bundestag übergeben (BTDrs. V/3122; B 106/89984). Die Kommission kam darin zu dem Ergebnis, daß die Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik akut noch nicht beeinträchtigt sei, eine zunehmende Pressekonzentration aber zu ihrer Gefährdung beitrage und daher geeignete Gegenmaßnahmen ergrif‧fen werden müßten.

Während man bei der Michel-Kommission auf Verlangen des Bundestages davon abgesehen hatte, Vertreter der untersuchten Branchen zu Kommissionsmitgliedern zu berufen, führte die Ernennung von Großverlegern wie Gerd Bucerius und Axel Springer von vornherein zu öffentlicher Kritik und Skepsis gegenüber der Ausgewogenheit des zu erwartenden Urteils. Tatsächlich aber ergaben sich heftige Spannungen innerhalb der Kommission. Als ihr Vorsitzender war am 29. Mai 1967 Dr. Eberhard Günther berufen worden. Der Präsident des Bundeskartellamtes, ein erklärter Gegner konsumentenfeindlicher wirtschaftlicher Zusammenschlüsse, setzte sich maßgeblich für die lau‧fende Kartellrechtsreform mit verschärften Maßnahmen zur Fusionskontrolle ein. Bereits im vorjäh‧rigen Jahresbericht seines Amtes wie in Äußerungen gegenüber dem Spiegel hatte er die Springer-Gruppe darüber hinaus als gesellschaftspolitisches Problem gebrandmarkt. Verstärkt durch die Anti-Springer-Kampagne der Studentenbewegung vermutete Springer in den von Günther vorgeschlagenen Maß‧nahmen eine "lex Springer" und bat den BMI mit Schreiben vom 8. September 1967, ihn von der Mitgliedschaft in der Pressekommission zu entbinden (B 102 Anh. II/19, B 102/251765). Das Schrei‧ben blieb ohne Antwort und Springer formell weiterhin Mitglied, doch nahm er seither an den Sitzungen der Kommission nicht mehr teil. Betz, der sich bereits am 26. Mai beim Bundeskanzler vehement gegen die bevorstehende Ernennung Günthers unter Hinweis auf Befangenheit wegen der "inquisitorischen Funktion seines Amtes" ausgesprochen hatte (B 136/5877), schloß sich Springer an. Schon vorher hatten das ZDF und die Springer-Konzernleitung in einer anderen Frage eine heftige Kontroverse ausgefochten. Holzamer konnte daraufhin nur knapp am Verlassen der Kommission gehindert und die Beschlußfähigkeit erhalten werden. Die Auseinandersetzung um eine Marktanteilsbegrenzung in dem inzwischen als "Günther-Kommission" bekanntgewordenen Gremium dauerte gleichwohl fort und nicht alle Mitglieder mochten sich schließlich den Empfehlungen des Schlußberichts anschließen.

Mehrfach hatte Springer unterdessen gegen die Kommissionsarbeit als Fortsetzung der vom SDS betriebenen Enteignungspolitik polemisiert und sich noch am 25. Juni 1968 bei Kiesinger in zwar moderateren, doch deutlichen Worten über Günther beschwert: "...Die auf dem Wege einer amerikanischen Ver‧steigerung durch den Vorsitzenden herausgelockten Marktanteil-Prozentsätze bedeuten die Einmaue‧rung eines einzelnen Verlagsunternehmens...".( B 136/5877). Umso erstaunter registrierte die Öffent‧lichkeit, daß er fast zeitgleich mit dem Erscheinen des Schlußberichts einen der Verlage des Konzerns mit dem Großteil der ihm bisher gehörenden Publikumszeitschriften verkaufte und damit weit hinter die von der Kommission als Gefährdungsgrenze für die Meinungsfreiheit bezeichneten Marktanteile zurückfiel. Spekulativ blieb, ob er tatsächlich eine Zwangsentflechtung für möglich hielt und ihr zu‧vorkommen wollte, ob der Schritt zumindest ein moralischer Sieg der Pressekommission oder gar der APO war, ob er nur notwendige Investitionen in das Kerngeschäft der Zeitungen finanzieren oder genau dort eine neue Marktoffensive ermöglichen sollte. Daß die Verkaufsverhandlungen mit Gruner & Jahr und damit Bucerius als einem anderen Kontrahenten in der Pressekommission nur knapp scheiterten, mag ein weiteres Schlaglicht auf das dort virulente Konfliktpotential werfen.

Am 11. Februar 1969 verabschiedete das Kabinett schließlich die Stellungnahme der Bundesregie‧rung (BtDrs. V/3856). Dem umstrittenen Kernpunkt der Empfehlung folgte auch sie nicht: Als mögli‧che Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit hatte die Kommission nicht nur Zusammen‧schlüsse, sondern den Verdrängungswettbewerb durch die eigendynamische Selbstexpansion eines einzelnen Presseunternehmens ausgemacht. Sie forderte daher eine generelle Marktanteilsbegrenzung anhand der Auflagenhöhe eines Publikationsorgans und hielt die von der Bundesregierung favorisierte Fusionskontrolle für eine nur unzureichende Lösung des Problems, das nach ihrem Verständnis mit den vorhandenen Regularien nicht zu lösen war.

Bereits vorher hatten öffentliche Hearings des Bundestagsausschusses für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik begonnen, in denen u.a. Sachverständige der Michel- wie der Günther-Kommission ihre Positionen zu verdeutlichen versuchten (B 106/112119, B 102/251766, B 136/5880). Ergebnis war am 3. Juni 1969 ein Entschließungsantrag, der der Stellungnahme der Bundesregierung im wesentlichen folgte (BTDrs. V/4344; B 102/251766). Demnach sollte künftig intensiver über Strukturveränderungen der Presselandschaft berichtet werden, die soziale Stellung der Journalisten gegenüber dem Verleger ("innere Pressefreiheit") gestärkt, finanzielle Erleichterungen gewährt, kommunikationswissenschaftliche Forschungen gefördert und konzentrationshemmende Maßnahmen vorgenommen werden. In seiner 246. Sitzung am 2. Juli 1969 nahm der Bundestag den Antrag an und forderte die Bundesregierung auf, die entsprechenden Schritte einzuleiten. Die gesetzliche Regelung zur Fusionskontrolle im Pressewesen machte sich die SPD auch im Regierungsprogramm für die neue Legislaturperiode zu eigen, doch blieb in der Regierungserklärung Brandts vom 28. Oktober 1969 noch offen (B 106/89985), inwieweit sie sich im geplanten Presserechtsrahmengesetz oder einer Novellierung des Wettbewerbsrechts niederschlagen sollte. Nachfolgende heftige Kompetenzstreitig‧keiten zwischen Innen- und Wirtschaftsministerium trugen dazu bei, daß selbst bei der großen Kartellrechtsreform des Jahres 1973 pressespezifische Überlegungen keine Berücksichtigung mehr fanden. Anläßlich der Verabschiedung der Novelle wurde die Bundesregierung vom Bundestag erneut aufgefordert, einen weitergehenden Gesetzentwurf vorzulegen. Schließlich fiel die Entscheidung dann doch für die ökonomische Lösung, die den Gefahren der Pressekonzentration für die Meinungs- und Pressefreiheit ein rein wettbewerbsrechtliches Instrumentarium entgegenzusetzen versuchte. Nicht zuletzt wurde die Fusionskontrolle nun von ethischen Implikationen des Presserechtsrahmengesetzes entkoppelt, bei dem wirtschaftliche Aspekte nur schwer von einem Verhaltenskodex der Verleger zu trennen gewesen wären. Maßgeblich waren allerdings verfassungsrechtliche Gründe: Bei der Verhütung von Mißbrauch wirtschaftlicher Machtstellung war die Gesetzgebungskompetenz des Bundes eindeutig gegeben, während eine Gesetzgebung innerhalb der presserechtlichen Rahmenkompe‧tenz hätte auf die Länder Rücksicht nehmen müssen. Die verfahrensmäßige Teilung beendete gleich‧zeitig das Kompetenzgerangel zwischen Innen- und Wirtschaftsministerium.

Nachdem eine interministerielle Arbeitsgruppe "Pressefusionskontrolle" unter Federführung des BMWi bereits 1974 dem Kabinett einen Entwurf vorgelegt hatte (B 102/143848), sollte es noch zwei weitere Jahre dauern, bis nach Einspruch des Bundesrates und dessen Zurückweisung durch den Bun‧destag die 3. Kartellgesetznovelle zur Fusionskontrolle im Pressewesen am 2. Juli 1976 verkündet wurde. Die im Wettbewerbsrecht formal zulässigen "Aufgreifkriterien" ließen nun letztgültig keinen Raum mehr für eine Berücksichtigung der Auflagenhöhe, die die Pressekommission für sinnvoll ge‧halten hatte. So wurde die für die allgemeine Fusionskontrolle nach der 2. Kartellgesetznovelle gel‧tende Umsatzgrenze für Unternehmenszusammenschlüsse entsprechend dem mittelständischen Charakter von Presseunternehmen lediglich herabgesetzt und die Möglichkeit geschaffen, die kartell‧rechtliche Genehmigung an Bedingungen wie den Erhalt einer Lokalredaktion zu knüpfen.

Nicht allen auf die Empfehlungen der Pressekommission zurückgehenden Initiativen war Erfolg be‧schieden, wie die Bundesregierung dem Bundestag 1970 vorläufig, 1974 endgültig berichtete (BTDrs. VI/692 und VII/2104). Auch das zunächst noch vom Innenministerium betriebene Presserechtsrahmengesetz wurde schließlich fallen gelassen. Das Zeugnisverweigerungsrecht für Mit‧arbeiter von Presse und Rundfunk wurde 1975 indes ebenso verabschiedet wie das Pressestatistikgesetz als Grundlage für die seither vom Statistischen Bundesamt ermittelten Daten.

Die Verquickung von Marktmacht und Meinungsmacht, die nicht erst die Mitglieder der Kommissionen problematisiert hatten, weist der Presse im Unterschied zu anderen Branchen eine besondere Rolle zu im Spannungsfeld von grundgesetzlich garantierter Meinungs- und Pressefreiheit, von betriebswirtschaftlicher Notwendigkeit und Profitmaximierung, von Machtpolitik und unternehmerischer Selbstbeschränkung, von demokratischer Verantwortung und parteipolitischen Grundsätzen einerseits sowie wahltaktischer Rücksicht‧nahme auf die Meinungsbildung durch eben diese Presse andererseits. Insofern sind Arbeit und Wirkung der Michel- wie der Günther-Kommission - neben der Überlieferung der beteiligten Ministerien und Interessengruppen, der Archive der jeweiligen Regierungs- und Oppositionsparteien und nicht zuletzt der Presse selbst - ein wichtiger Baustein für Untersuchungen über das Selbstver‧ständnis der Massenmedien und die Metamorphosen der Medienpolitik von der Regierung Erhard über die Große Koalition und die Ära Brandt bis zur Regierung Schmidt.

Literatur:

Pressekonzentration - Eine kritische Materialsichtung und -systematisierung, hg. von Jörg Aufermann u.a., München 1960

Alphons Silbermann u. Ernest Zahn, Die Konzentration der Massenmedien und ihre Wirkungen - eine wirtschafts- und kommunikationssoziologische Studie, Düsseldorf 1970

Pressefreiheit - Entwurf eines Gesetzes zum Schutze freier Meinungsbildung und Dokumentation des Arbeitskreises Pressefreiheit, hg. von Helmut Arndt u.a., Neuwied 1970

Rundfunkanstalten und Tageszeitungen - Dokumentation 5: Untersuchungsergebnisse und Empfehlungen, hg. von der ARD, Mainz 1969

Medienpolitik. Dokumentation der Kommunikationspolitik in der Bundesrepublik Deutschland von 1945 bis 1990, hg. von Walter J. Schütz, Konstanz 1999 (=Schriften der Deutschen Gesellschaft für COMNET 8")

Dienstakten: 3142/15 + 16

Koblenz, den 25. Juli 2000

(Martina Werth-Mühl)

makro b102anhiii

Erschließungszustand

Findbuch (2000)

Umfang, Erläuterung

25 AE

Zitierweise

BArch B 102-ANH. II/...

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  • Literatur

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