OKW / Führungsstab A (Nord)

Identifier
RW 44-I
Language of Description
German
Dates
1 Jan 1945 - 31 Dec 1945
Level of Description
Collection
Languages
  • German
Source
EHRI Partner

Extent and Medium

Schriftgut

121 Aufbewahrungseinheiten

2,0 laufende Meter

Creator(s)

Biographical History

Geschichte des Bestandsbildners

Seit seiner Rückkehr aus Bad Nauheim, wo sich der Wehrmachtführungsstab (WFSt) während der Ardennen-Offensive befunden hatte, war er im Lager „Maybach I” bei Zossen untergebracht. Hitler hatte am 16. Januar 1945 wieder die Reichskanzlei bezogen, der Chef OKW, Generalfeldmarschall Keitel, und der Chef WFSt, Generaloberst Jodl, hatten in ihren Dienstwohnungen in Berlin-Dahlem Quartier genommen.

Als sich die Gefahr einer Spaltung des Reichsgebietes in einen nördlichen und einen südlichen Teil abzeichnete, wurde die Errichtung von getrennten Führungsstäben für beide Räume vorgesehen. Am 11. und 12. April 1945 befahl Hitler die Bildung von jeweils zwei Außenkommandostellen durch die Kommandobehörden des OKW und des OKH. Durch Führerbefehl vom 15. April wurden für den nördlichen Raum Großadmiral Dönitz, für den südlichen Raum Generalfeldmarschall Kesselring zu Oberbefehlshabern bestimmt, und zwar für den Fall, daß die Landverbindung in Mitteldeutschland unterbrochen und Hitler in dem betreffenden Raum selbst nicht anwesend war. Die Aufspaltung des Deutschen Reiches durch den Kriegsverlauf in einen Nord- und einen Südraum wurde mit dem Treffen amerikanischer und sowjetischer Verbände bei Torgau zur Tatsache.

Am Nachmittag des 20. April mußte wegen des sowjetischen Vormarschs das Hauptquartier in die Luftschutzschule nach Berlin-Wannsee verlegt werden. Da Hitler zunächst beabsichtigte, den Krieg vom Südraum aus weiterzuführen, erging am 20. April  der Befehl, den größeren Teil des OKW nach Süddeutschland zu verlegen. In Berlin-Wannsee wurden die für den Süden bestimmten Stäbe zergliedert in solche Teile, die sofort auf dem Landmarsch aufbrachen und in eine Restgruppe, bestehend aus dem Chef WFSt, fast der ganzen Operationsabteilung und Teilen der Quartiermeister-Abteilung des WFSt, die vorläufig noch in Berlin benötigt wurde und auf dem Luftwege nachgeführt werden sollte. Voll arbeitsfähig wäre in diesem Fall nur der Führungsstab Süd gewesen.

Zwei Tage später entschloß sich Hitler, in Berlin zu bleiben. Er befahl Keitel, Jodl und Bormann, sich in den Südraum zu begeben und dort die Führung zu übernehmen. Sie lehnten ab. Hitler akzeptierte hingegen Jodls Vorschlag, den Kampf um Berlin durch das OKW führen zu lassen.

Die Reste des OKW sammelten sich in Krampnitz. In der Nacht vom 23. auf den 24. April mußten diese vor anrückenden sowjetischen Panzern von Krampnitz in das Lager Neu-Roofen südwestlich von Fürstenberg verlegt werden. Am 25. April befahl Hitler die Übernahme der Führung aller Operationen durch das OKW nach den Weisungen des bei Hitler befindlichen Chefs des Generalstabs des Heeres und schloß dabei den für Großadmiral Dönitz vorbereiteten Führungsstab A unter General Kinzel vorläufig von Führungsaufgaben aus. Damit war die Führung der Operationen im Osten, dem OKH-Kriegsschauplatz, auf das OKW übergegangen. Im Südraum sollte das OKW mit Hilfe des Führungsstabes B die Operationen leiten. Am 26. April wurde die Führungsgruppe des Generalstabes des Heeres mit dem WFSt vereinigt und dem Chef WFSt unterstellt. Am Abend des 29. April verlegte das OKW nach Dobbin.

Hatte Keitel noch am Nachmittag des 30. April dem Großadmiral Dönitz den Befehl zur Räumung des Verteidigungsbereiches Swinemünde erteilen können, so wurden er und Jodl in der folgenden Nacht von Dönitz Adjutanten aufgefordert, umgehend mit allen militärischen Unterlagen zum Großadmiral zu kommen, da dieser zum Nachfolger von Hitler bestimmt worden sei.

Nachdem Hitler Dönitz am 20. April Vollmacht zur Vorbereitung der Verteidigung des Nordraumes, nicht aber operative Befehlsgewalt erteilt hatte, war Dönitz nach einem letzten Besuch in der Reichskanzlei am 21. April mit seinem persönlichen Stab den anderen Teilen des Oberkommandos der Kriegsmarine (OKM) in dessen neues Hauptquartier nach Plön gefolgt. Hier hatte ihn am 30. April um 18.35 Uhr der Funkspruch Bormanns erreicht, dass er von Hitler als Nachfolger eingesetzt worden sei.

Als Keitel und Jodl sich am Nachmittag des 1. Mai in Plön aufhielten, hatte Bormann bereits den Tod Hitlers gemeldet. Dönitz gab in einem Aufruf seine Nachfolge als Staatsoberhaupt und oberster Befehlshaber bekannt. Keitel und Jodl stießen am Abend desselben Tages zum inzwischen nach Neustadt/Holstein verlegten Hauptquartiers des OKW, das schließlich am 3. Mai, wie auch das OKM, nach Flensburg-Mürwik umzog.

In den Übergabeverhandlungen forderte die deutsche Seite vom Oberkommando der 21. englischen Heeresgruppe eine „Enklave“ im Raum Flensburg-Mürwik. In diesem zugestandenen Sonderbereich rückten keine Besatzungstruppen ein, Offiziere durften Waffen tragen und ein Wachbataillon wurde bewilligt. Damit behielt die deutsche militärische Führung eine gewisse Bewegungsfreiheit.

Nach der Teilkapitulation Nordwest am 5. Mai wurde ein Verbindungsstab zur britischen 21. Armeegruppe (Generalfeldmarschall Montgomery) unter General Kinzel errichtet. Am selben Tag bildete Dönitz die "Geschäftsführende Reichsregierung" unter Reichsminister Graf Schwerin von Krosigk. Nach dem Abschluß der Gesamtkapitulation im Hauptquartier General Eisenhowers in Reims am 7. Mai wurde auch dort ein Verbindungsstab unter General der Infanterie Fangohr gebildet. In Flensburg erschien am 11. Mai die aus Amerikanern und Engländern bestehende Überwachungskommission beim OKW -SHAEF Control Party of OKW- unter der Leitung von Generalmajor Lowell W. Rooks und Brigadegeneral Foord. Diese Kommission wurde auf dem Schiff „Patria“ untergebracht. Am 17. Mai traf die sowjetische Kontrollkommission unter General Truskow in Flensburg ein.

Am 10. Mai erging ein Befehl zur Neugliederung des OKW. Dieser legte die Zusammenlegung von Wehrmachtführungsstab und Generalstab des Heeres fest. Die sich aus der Kapitulation ergebenden Aufgaben sollten für den Gesamtbereich der Wehrmacht vom Stellvertretenden Chef des Wehrmachtführungsstabes bearbeitet werden. Dem Stellvertretenden Chef des Wehrmachtführungsstabes unterstand dazu die Demobilmachungsabteilung, die die Verhandlungen mit den Alliierten führte, die Verbindung zur Reichsregierung aufrecht erhielt und die Gesamtsteuerung der Demobilmachung übernahm. Für das Heer leitete der Chef des Heeresführungsstabes diesen Aufgabenbereich. Die Demobilmachung umfasste die Entlassung der Truppen und die Erfassung und Beseitigung des vorhandenen Kriegsmaterials.

Am 13. Mai wurde Keitel verhaftet und Jodl mit der Führung des OKW beauftragt. Am 23. Mai wurden die restlichen Teile des OKW sowie die "Geschäftsführende Reichsregierung" in die Gefangenschaft überführt.

Scope and Content

Geschichte des Bestandsbildners

Die Masse des von den Amerikanern erbeuteten Schriftgutes aus dem Geschäftsbereich des Chefs OKW mit nachgeordneten Dienststellen war von den amerikanischen National Archives mit OKW-Signaturen versehen worden. Der Bestand RW 44 bildete sich als solcher erst heraus, als nach Rückführung des Schriftgutes im Rahmen von Ordnungsarbeiten in der damaligen Dokumentenzentrale des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes, später im Bundesarchiv-Militärarchiv, aus den Archivalien mit den amerikanischen OKW-Signaturen mehrere OKW-Bestände formiert wurden (heutige Bundesarchiv-Militärarchiv-Bestände RW 2 bis RW 7). Schriftgut, das in den Führungsstäben Nord und Süd entstanden war, aber offensichtlich auch solches, dessen Provenienz nicht eindeutig zu ermitteln war - nur so wird die große Zahl von Fremdprovenienzen verständlich -, gelangte in den vorläufigen Bestand RW 44.

Bestandsbeschreibung

Der Bestand RW 44 I besteht nur aus Überlieferungssplittern. Er ist kein registraturmäßig gewachsenen Bestand, sondern erst eine spätere archivarische Schöpfung. Der Bestand wurde erst nach der Rückführung des Schriftgutes im Rahmen von Ordnungsarbeiten gebildet.

Der Bestand RW 44-I  umfasst Akten der obersten militärischen Führungsebene, unterstellter Dienststellen und Kommandobehörden. Darin sind Akten zur Übernahme der Regierung durch Großadmiral Dönitz erhalten. In ihnen spiegelt sich der Versuch eine anerkannte gesamtdeutsche Regierung und militärische Leitung zu sein und als solche funktionierende Strukturen aufzubauen. Diese Strukturen beinhalteten z.B. den Kontakt zu den Alliierten und den Truppen durch funktionierende Nachrichtenverbindungen zu erhalten sowie die Versorgung im Sonderbereich des OKW in Flensburg-Mürwik sicher zu stellen.

Die Alliierten akzeptierten die „Geschäftsführende Reichsregierung“ und deren militärische Dienststellen nur als „Abwicklungsstellen“, die kapitulierten und zur Demobilmachung dienten. Das bedeutete zuerst die Einstellung der Feindseligkeiten. In RW 44-I sind die Kapitulationsverhandlungen und der Abschluss der Kapitulation in Reims und Berlin-Karlshorst überliefert. Die wichtigsten Dokumente sind auf der Internet-Seite des Bundesarchivs in der Galerie „Die deutsche Kapitulation 1945“ abgebildet und erläutert.

Der überwiegende Teil des Schriftguts betrifft die Durchführung der Kapitulation von deutscher Seite. Dazu ist Korrespondenz mit Truppenbehörden derjenigen Einheiten erhalten, die zum Zeitpunkt der bedingungslosen Kapitulation noch im Kampf mit den Alliierten standen (z.B. Kurland) oder in den besetzten Gebieten stationiert waren (z.B. Dänemark und Norwegen). Sie betrifft die Einstellung der Feindseligkeiten und die Auslieferung oder Rückführung der Truppen nach Deutschland. Weitere Aussagen zur Kapitulation und deren Durchführung ergeben sich aus dem Schriftwechsel mit alliierten Kommandobehörden, Verbindungsstäben der Alliierten beim OKW   und Verbindungs-stäben oder abkommandierten Offizieren des OKW bei den Alliierten.

Überliefert sind ferner insbesondere Unterlagen (109 Akten) über Organisationsfragen und Dienstbetrieb (u.a. Stabsbefehle des Hauptquartiers), ferner Denkschriften und Ausarbeitungen zur Neugliederung des OKW (einschließlich Kriegsgliederungen, Stellenbesetzungen und Stärken einzelner Abteilungen und Formationen), Akten über die Kapitulationsverhandlungen, Befehle zur Durchführung des Waffenstillstandes und Dokumente zur Zusammenarbeit mit der alliierten Überwachungskommission. Außerdem liegen Berichte über das Verlustwesen, Befehle zur Transportlage und zum Personalwesen sowie eine Sammlung von Agentur- und Rundfunkmeldungen vor.

Der Bestand ist eine wichtige Ergänzung für die Überlieferung des Führungsstabes B (Süd), da Anweisungen des Chefs OKW und Schriftwechsel mit dem Südraum in RW 44-I überliefert sind.

Zitierweise

BArch RW 44-I/...

Related Units of Description

  • Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv

  • RM 7 OKM / Seekriegsleitung der Kriegsmarine

  • RW 2 Oberkommando der Wehrmacht (OKW) - Chef des OKW, einschl. Wehrmachtrechtsabteilung

  • RW 4 OKW / Wehrmachtführungsstab

  • RW 44 II OKW / Führungsstab B (Außenstelle OKW-Süd)

  • RW 54 Deutsches Hauptquartier Nord und unterstellte Einrichtungen

  • N 54 Wilhelm Keitel

  • N 69 Alfred Jodl

  • N 236 Karl Dönitz

  • N 374 Hans Georg von Friedeburg

  • N 648 Erich Dethleffsen

  • N 654 August Winter

  • N 750 Albert Kesselring

  • R 62 Geschäftsführende Reichsregierung Dönitz (im Bundesarchiv, Abteilung Bereitstellung in Berlin)

  • Literatur

  • Baum, Walter: Der Zusammenbruch der obersten deutschen militärischen Führung 1945, in: Wehrwissenschaftliche Rundschau 10 (1960), Heft 5, S. 237-266.

  • Museum Berlin-Karlshorst e.V. (Hrsg.): Erinnerung an einen Krieg, Berlin 1997.

  • Fest, Joachim: Der Untergang. Hitler und das Ende des Dritten Reiches. Eine historische Skizze, Reinbek bei Hamburg 2003.

  • Guide to German Records Microfilmed at Alexandria, Washington 1958ff , Bd. 18.

  • Goebbels, Joseph: Tagebücher 1945. Die letzten Aufzeichnungen, Hamburg 1977.

  • Loßberg, Bernhard v.: Im Wehrmachtführungsstab. Bild eines Generalstabsoffiziers, Hamburg 1949.

  • Macksey, Kenneth: Generaloberst Alfred Jodl, in: Ueberschär, Gerd R. (Hrsg.), Hitlers militärische Elite Bd. 1, Darmstadt 1998, S. 102-111.

  • Mühlen, Bengt von zur, Bauer, Frank u.a. (Hrsg.): Der Todeskampf der Reichshauptstadt, Berlin , Kleinmachnow 1994.

  • Müller, Rolf Dieter, Ueberschär Gerd R.: Kriegsende 1945. Die Zerstörung des Deutschen Reiches, Frankfurt 1994.

  • Scheurig, Bodo: Alfred Jodl. Gehorsam und Verhängnis, Frankfurt am Main, Berlin 1991.

  • Schramm, Percy Ernst (Hrsg.): Die Niederlage 1945. Aus dem Kriegstagebuch des OKW, München 1982.

  • Schramm, Percy E. (Hrsg.): Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht (Wehrmachtführungsstab). Bd. IV: 1. Januar 1944 - 22. Mai 1945, Frankfurt 1965.

  • Schultz-Naumann, Joachim: Die letzten dreißig Tage. Das KTB des OKW April bis Mai 1945. Die Schlacht um Berlin, München 1980.

  • Steinert, Marlis G., Die 23 Tage der Regierung Dönitz, Düsseldorf 1967.

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