Wehrersatzinspektionen der Wehrmacht
Extent and Medium
Schriftgut
131 Aufbewahrungseinheiten
4,0 laufende Meter
Creator(s)
- Wehrersatzinspektionen, 1935-1945
Biographical History
Geschichte des Bestandsbildners
Mit Beginn der Wehrpflicht und der Einberufung junger Männer zum Reichsarbeitsdienst im Frühjahr 1935 kamen die Vorbereitungen zur Mobilmachung durch die Wehrersatzinspektionen in Gang. Innerhalb der Wehrkreise über das ganze Reich hinweg planten die Wehrersatzinspektionen in ihren zugeordneten Wehrbezirken die nötigen Vorkehrungen für einen reibungslosen Organisationsablauf im Falle eines Krieges. Somit stellten sie eine rasche Mobilmachung innerhalb der eigenen Grenzen sicher.
Insgesamt arbeiteten 40 Wehrersatzinspektionen auf dieses Ziel hin, welche wiederum in 339 Wehrbezirkskommandos und 772 Wehrmeldeämter unterteilt waren. Die Größe der Wehrbezirkskommandos entsprach etwa den heutigen Stadt- und Landkreisen.
Der Leiter eines Wehrkreises war gleichzeitig Leiter einer oder mehrerer Wehrersatzinspektionen, die jedoch dem Befehlshaber des Ersatzheeres unterstellt waren. Außerdem wurde gemeinsam mit den höheren Verwaltungsbehörden des Reichsarbeitsdienstes und unter der Leitung des Wehrersatzinspekteurs die Wehrüberwachung über die wehrtaugliche Bevölkerung geregelt.
Der Wehrersatzinspekteur war höherer Disziplinarvorgesetzter der Dienstpflichtigen und der in Wehrüberwachung stehenden Wehrpflichtigen des Beurlaubtenstandes seines Wehrbezirkes, mit Ausnahme derjenigen im Generalsrang. Er hatte die Disziplinarbefugnisse eines Divisionskommandeurs und überwachte ferner Erziehung und Ehrenschutz der Stabsoffiziere des Beurlaubtenstandes.
Die Aufgaben der Wehrersatzinspektionen beschränkten sich nicht nur auf die Planung, sondern auch auf den aktiven Einzug von Mensch und Material; zudem verwalteten sie die Reservetruppen und eine Fülle an auf Abruf stehenden Zivilisten.Um im Ernstfall gerüstet zu sein, wurden Probemobilmachungen im großen Stil durchgeführt. Als Musterbeispiele hierfür sind der ""Einsatz Österreich"" sowie der ""Einsatz Sudetenland"" zu nennen.In Verbindung mit diesen Übungen wurde auch in großer Zahl auf die aktive Mitwirkung der Zivilbevölkerung und deren Ressourcen, in Form von Kraftfahrzeugen, Pferden sowie Materialien für Pionierarbeiten, gesetzt.Zur Durchführung derartiger Übungen wurden spezielle Übungsverbände aufgestellt.Die Aufstellung sowie Auflösung derartiger Zweckverbände und Dienststellen oblag ebenfalls der zuständigen Wehrersatzinspektion.
Als am 1. September 1939 der Zweite Weltkrieg mit dem Überfall auf Polen begann, wurden neben der in Kraft tretenden Mobilisierung auch andere Aufgaben wahrgenommen. Nun wurden aktive Wehrpflichtige und Freiwillige zum Dienst an der Waffe über die Leitung der Wehrersatzinspektionen herangezogen.Wer unabkömmlich war und somit vom Dienst an der Waffe befreit war, wurde ebenfalls über die Wehrersatzinspektionen geregelt. Des weiteren rückte nun die Sicherstellung und Kontrolle über den immer dringlicher werdenden Ersatzbedarf mehr und mehr in den Fokus der Aufgaben einer Wehrersatzinspektion.
Als durch den Zweifrontenkrieg die Divisionsstärken beachtlich schwanden und die Reservetruppen zerschlagen waren, wurden unter der Verwaltung der Wehrersatzinspektionen nun auch als unabkömmlich eingestufte Zivilisten zum Wehrdienst eingezogen. Als man gegen Kriegsende in Verbindung mit dem Gneisenau-Aufruf den Volkssturm einberief, bedeutete die sowohl eine Herab- als auch eine Heraufsetzung der Altersstufe für den aktiven Dienst an der Waffe. Selbst Jugendliche und Greise wurden eingezogen, die noch in den letzten Kriegstagen mobilisiert wurden.Die Wehrersatzinspektionen waren noch bis wenige Wochen vor Kriegsende aktiv.
Die einzelnen Aufgaben der Abteilungen innerhalb der Organisation einer Wehrersatzinspektion (hier anhand des Beispiels der Geschäftseinteilung der Wehrersatzinspektion Stuttgart vom 15. Juni 1942, Vgl. RW 14/103) gestalteten sich wie folgt:
Gruppe I (Organisation)
Mit der allgemeinen Organisation betraut, wurden hauptsächlich die Aufgaben der Wehrbezirkseinteilung, der Organisation des Ersatzwesens, der Truppeneinteilung im Wehrkreis sowie der Planübungen inklusive der Erfahrungs- und Lageberichte wahrgenommen.Zudem wurden grundsätzliche Fragen des Haushalts und der Organisation geregelt.
Für die Mobilmachung zuständig fiel der Aufgabenbereich besonders auf die Aufstellung und Umgliederung von Verbänden und Einheiten, die Durchgabe der Mobilisierungsbefehle, die Organisation von Mobilisierungsübungen sowie des Grenzschutzes.
Diese Organisationseinheit leitete vornehmlich die Auflösung von Verbänden, Einheiten und Dienststellen. Ferner fiel in ihren Zuständigkeitsbereich die anschließende Aussonderung der Akten der aufgelösten Dienststellen und Einheiten.
Die Hauptaufgaben bestanden in der Zuweisung und Versorgung der Truppen mit Waffen, Munition und Gerät, der Ausstattung der Truppenunterkünfte sowie der Beschaffung von Luft- und Gasschutzgerät.
Gruppe II (Personelles Ersatzwesen)
Dieses Sachgebiet war neben der Wehrüberwachung, Karteiführung und Stellenbesetzung für Wehrpflichtige im Offiziersrang auch für deren Einberufung und Entlassung zuständig.
Die Aufgaben des Sachgebietes II a/U waren die Unabkömmlichkeitsentscheide bei Einzelanträgen und die Überwachung sowie Aufkündigung von Unabkömmlichkeitsstellungen.
Zuständig für Wehrpflichtige des Heeres ohne Offiziersrang umfasste der Aufgabenbereich die Einberufung zu Übungen, Kriegsbeorderungen und Wehrversammlungen. Außerdem wurde die Überführung zu anderen Truppenteilen wie der Waffen-SS, Luftwaffe oder Marine geregelt. Auch Dienstauszeichnungen, Ordensverleihungen oder Vergaben von Ehrenzeichen oblagen diesem Sachgebiet.
Die Hauptaufgaben lagen in der Erfassung, Musterung, Einstufung und Einberufung von Dienstpflichtigen und Freiwilligen. Zudem wurden auch speziell Einzelaushebungen und Sonderzuteilungen beispielsweise für die Polizei oder den Sicherheits- und Hilfsdienst vorgenommen.
Diese Abteilung war für die Zulassung und Aufkündigung sowie der direkten Bearbeitung und Überprüfung der Unabkömmlichkeitsstellung von Wehrpflichtigen ohne Offiziersrang zuständig.
Gruppe IV a (Zahlmeisterei)
Besoldung, Verpflegungsangelegenheiten sowie Gebühren unterlagen der Zahlmeisterei; auch wurden die Verwaltungsangelegenheiten der Wehrersatzdienststellen und die Bewirtschaftung der Haushaltsmittel durch die Zahlmeisterei geregelt.
Gruppe IV b (Sanitätsdienst)
Mit den ärztlichen und sanitätsdienstlichen Angelegenheiten des Wehrersatzwesens beauftragt, wurden neben der Heilfürsorge auch die Mobilisierungsarbeiten auf dem Gebiet des Sanitätswesens durch diese Abteilung koordiniert.
Gruppe K (Kraftfahrzeuge)
Neben der Erfassung und der Bereitstellung von Kraftfahrzeugen für die Mobilmachung war diese Organisationseinheit auch für die Bereitstellung von Betriebsstoffen und Ersatzteilen für die Fahrzeuge zuständig.
Gruppe L (Luftwaffe)
Das Arbeitsgebiet der Gruppe L umfasste neben der personellen Erfassung von Wehrpflichtigen für die Luftwaffe (insbesondere Offiziere) auch die Ausbildung dieses Personals sowie die gesamte Personalverwaltung für Luftwaffenangehörige im Bereich des Ersatzwesens.
Gruppe M (Kriegsmarine)
Alle persönlichen Angelegenheiten der Marineoffiziere sowie die Personalverwaltung (Einberufungen, Entlassungen, Überführung in andere Wehrmachtteile etc.) gehörten zu den Aufgaben der Gruppe M.
Gruppe P (Pferde)
Die Abteilung war neben der Sicherstellung und Beschaffung des Bedarfs an Pferden und Bespannfahrzeugen für die Wehrmacht auch für die Pferdezucht und -haltung zuständig.
Scope and Content
Geschichte des Bestandsbildners
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde ein Großteil der Aktenbestände durch die Alliierten Truppen beschlagnahmt und in die USA verbracht.
Ein Drittel der heute vorhandenen Überlieferung befand sich seit Kriegsende auf deutschem Boden und wurde seit Gründung des Bundesarchiv-Militärarchivs in Koblenz und später in Freiburg i. Br. verwahrt. Ergänzt wurde die Überlieferung schließlich durch eine Aktenrückgabe seitens der USA in den sechziger Jahren, welche mit 79 Archivalien den Bestand erheblich ergänzte.
Weiterhin wurde eine Akte vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt an das Bundesarchiv-Militärarchiv übergeben.
Bestandsbeschreibung
Unterlagen der Wehrersatzinspektionen sind aufgrund der Kriegseinwirkungen - besonders in den letzten Kriegstagen - nur bruchstückhaft und in einer sehr geringen Dichte überliefert.
Die Bestandsgruppe enthält Schriftgut von 18 Wehrersatzinspektionen; mehr als die Hälfte der Unterlagen stammt aus dem Bereich des Wehrkreises XIII (Nürnberg).
Belegt sind überwiegend Mobilmachungsvorbereitungen für das Feldheer sowie die Aufstellung der Grenzwacht an der tschechischen Grenze.
Daneben finden sich Erfahrungsberichte unterstellter Wehrersatzdienststellen über die Mobilmachungen, Durchführung und Demobilmachung für den Einmarsch bzw. den Einsatz in Österreich und dem Sudetenland.
Ferner sind 20 Akten der Wehrersatzinspektion Berlin mit Mobilmachungsvorbereitungen und -maßnahmen überliefert. Von dieser Inspektion sind außerdem aus den Jahrgängen 1939-1941 diverse Nachrichtenblätter erhalten geblieben.
Die Akten einiger Inspektionen enthalten Unterlagen über Einberufung älterer Jahrgänge im Rahmen der Mobilmachung für den "totalen Krieg" Anfang 1945. Die Masse der Überlieferung bezieht sich auf die Zeit von 1938 bis 1940.
Zitierweise
BArch RW 14/...