Marinestation der Ostsee der Reichsmarine und Kriegsmarine
Extent and Medium
Schriftgut
1602 Aufbewahrungseinheiten
32,7 laufende Meter
Creator(s)
- Marinestation der Ostsee der Reichsmarine und Kriegsmarine, 1919-1945
Biographical History
Geschichte des Bestandsbildners
Nach dem Übergang von der Kaiserlichen Marine zur Reichsmarine mit den Beschränkungen des Versailler Vertrages erhielten 1919 die Chefs der Marinestationen zunächst die Stellung von Befehlshabern der Land- und Seestreitkräfte ihrer Stationsbereiche. Nach den organisatorischen Bestimmungen von 1925 unterstanden den Stationskommandos unmittelbar nur die Schiffsstammdivisionen, die Kommandanturen und Streitkräfte zur Küstenverteidigung, die zugeteilten Schiffsverbände und das Küstennachrichtenwesen im Bereich der jeweiligen Station. Die Unterstellung unter die Station betraf truppendienstliche und administrative Angelegenheiten. Dies betraf die Intendantur, die Seelsorge, das Sanitätsamt mit den unterstellten Lazaretten, die Marinenachrichten- und Marinefunkstellen, die Fachschulen, die Marinedepots und -Versorgungseinrichtungen und alle sonstigen Marineanlagen im Bereich der Station.
Der Stationschef der Marinestation hatte Befehlsbefugnisse über alle sich in seinem Bereich dauernd oder vorübergehend aufhaltenden Marinebehörden und Marineteile einschließlich zugeteilter Schiffe, die keinem anderen Befehlsverband angehörten und leitete die Mobilmachungsvorbereitungen und die Durchführung der Mobilisierung für seinen Stationsbereich.
Der Chef der Marinestation der Ostsee erhielt im Juni 1935 die Bezeichnung Kommandierender Admiral der Marinestation der Ostsee. Am 1.2.1943 wurde das Stationskommando in Marineoberkommando umbenannt und damit der Kommandierende Admiral Oberbefehlshaber.
Im Laufe des Krieges erweiterte sich der ursprüngliche Befehlsbereich, die deutsche Ostseeküste. Mit dem Polenfeldzug traten auch Gotenhafen und das Gebiet des Korridors um Danzig zum Befehlsbereich, Mit dem Unternehmen "Weserübung" dann auch noch die dänische Ost- und Nordküste einschl. der dänischen Inseln und Bornholms. Mit dem Russlandfeldzug kamen weiterhin das Baltikum und Nordrussland, soweit von deutschen Truppen besetzt, hinzu.
Ab Februar 1943 mit der Umgliederung zum M.O.K. Ostsee traten verschiedene Organisationsänderungen in Kraft: Zunächst wurde die Marineoberbaudirektion als Teil des M.O.K. Ost aufgestellt; sie umfasste die bisher zur Kriegsmarinewerft Kiel gehörenden Ressorts V (Hochbau) und VII (Strombau) und die bisher zur Marine-Intendantur Kiel gehörende Gruppe 4 (Hochbau). Der Oberbaudirektion waren die Marineoberbauämter Kiel und Gotenhafen mit den Marinebauämtern in Kopenhagen, Flensburg-Mürwik, Eckernförde, Plön, Stralsund, Swinemünde, Pillau, Memel, Libau und Reval unterstellt. Das Bauamt Kopenhagen wurde im Laufe des Krieges dem Kommandierenden Admiral Skagerrak zugeteilt. Mit der Übernahme des Marinebauwesens durch die Organisation Todt ab Oktober 1944 wickelte die Marineoberbaudirektion nur noch die Geschäfte ab. Die Admiralstabsabteilung wurde durch die Umgliederung in Führungsstab und Oberquartiermeisterstab geteilt und die Marine-Intendantur Kiel wurde am 1.7.1943 als Oberverwaltungsstab Teil des M.O.K. Ost.
Der dienstälteste Richter beim Marinestationskommando in Kiel führte seit 1935 die Dienstbezeichnung und den Dienstgrad Marineoberstkriegsgerichtsrat. 1940 wurde die Dienstbezeichnung in Marinechefrichter geändert. Ab 1942 entsprach die Dienststellung Marinechefrichter dem Rang eines Konteradmirals mit dem Dienstgrad Marinechefrichter. Mit der Bildung des Truppensonderdienstes ab dem 1.5.1944 erhielt der Dienstgrad Marinechefrichter die Bezeichnung Admiralrichter; die Dienststellung Chefrichter blieb weiterhin bestehen.
Die verschiedenen Justiz-Referenten wurden schließlich 1943 zur Rechtsabteilung zusammengefasst, und der Marinechefrichter Ostsee wurde zum Chef der Rechtsabteilung.
Aufgaben der Marinestationen:
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Verantwortliche Leitung und Überwachung aller auf die Mobilmachung der Streitkräfte und Streitmittel ihres Bereiches abzielenden Aufgaben.
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Leitung des aktiven und des passiven Küstenschutzes ihres Bereiches.
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Leitung der Ausbildung und des Dienstbetriebes der unterstellten Marineteile und Behörden an Bord und an Land.
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Regelung des Mannschaftsersatzes und Leitung der Personalwirtschaft und -verwendung der Marineteile des Stationsbereiches nach Maßgabe der vom Ob.d.M. festgesetzten Personalstärken und Grundsätze.
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Leitung des militärischen Nachrichtendienstes, Ausgestaltung und Erhaltung des Nachrichtennetzes nach Planungen des O.K.M..
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Verwaltung und Verwendung des zugeteilten Haushaltsfonds.
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Bereitstellung und Belegung von Kasernen und Unterkünften in Zusammenarbeit mit der Marineintendantur des Stationsbereichs.
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Regelung des Hafenpolizeidienstes im jeweiligen Reichskriegshafen.
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Überwachung der Abwicklung außer Dienst gestellter Schiffe und Schiffsverbände der Marine.
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Regelung und Leitung des Verkehrs zwischen den militärischen Dienststellen und den Organen der Regierung, Zivilverwaltung, kommunalen Behörden, der NSDAP und deren Gliederungen; Vertretung der militärischen Belange.
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Pflege der Beziehungen zur örtlichen Schiffahrt und Fischerei über die Kriegsmarinedienststellen.
Im Kriege traten als wichtigste Aufgaben hinzu:
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Leitung des engeren Küstenschutzes und der Küstenverteidigung innerhalb des Befehlsbereiches.
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Leitung des militärischen Überwachungs- und Nachrichtendienstes innerhalb des Stationsbereiches, in den Strom- und Flussläufen und Küstengewässern.
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Leitung und Überwachung der Bereitstellung der zur Verteidigung erforderlichen Kampfmittel und Streitkräfte.
Der Kommandierende Admiral leitete die Bearbeitung der Personalangelegenheiten aller zur Station gehörigen Offiziere und war verantwortlich für deren zweckmäßige Verwendung und Bildung. Ihm waren besondere Disziplinar-, Straf- und Urlaubsbefugnisse übertragen. Er war Gerichtsherr II. Instanz. Er hatte das Besichtigungsrecht auch bei den nur administrativ/truppendienstlich unterstellten Behörden und deren Schiffen. Er besaß besondere territoriale Befehlsbefugnisse bei öffentlichen Notständen oder bei Seenotfällen und gegenüber Kommandanten und Seebefehlshabern und er konnte unterstellte Marineteile, Schiffe und Marinebehörden zu gemeinsamen Festungs- und Küstenübungen befehlen.
Scope and Content
Geschichte des Bestandsbildners
Im Bestand RM 131 sind die Archivalien der Marinestation der Ostsee als Territorialkommando und Basisbehörde der deutschen Marine für Personalersatz, Personalsteuerung, Grundausbildung, materielle Versorgung der Flotte, Küstenverteidigung und Überwachung der Küstengewässer aufgeführt.
Die Marinestationen der Ost- und Nordsee sind die einzigen Dienststellen der Marine, die den Umbruch 1918/19 ohne Umbenennung überstanden haben. Der Bestand beginnt mit der Schaffung der "vorläufigen Reichsmarine" im April 1919; die Reichsmarine und spätere Kriegsmarine entstand erst durch das Wehrgesetz vom März 1921.
Da aber einige Akten der Marinestation aus der Zeit der kaiserlichen Marine und der "vorläufigen Reichsmarine" fortgeführt wurden, beginnen einige Archivalien in diesem Bestand schon vor 1919 und teilweise sogar im oder vor dem Ersten Weltkrieg.
Zum Befehlsbereich der Ostseestation gehörte die Ostsee. Grenzlinie zwischen den beiden Stationsbereichen war die Linie Skagen - Göteborg bzw. die Kilometertafel 9 am Kaiser-Wilhelm-Kanal.
Die der Marinestation der Ostsee direkt nachgeordneten bzw. zum Befehlsbereich gehörenden Dienststellen sind in andere Bestände eingegangen.
Die verschiedenen Inspektionen sind im Bestand RM 27, die Akademien und Schulen der Marine im Bestand RM 29, die Sanitätsämter und Marinelazarette im Bestand RM 30, die Dienststellen zur Küstenverteidigung im Bestand RM 45 I, die Marinewerften und -arsenale im Bestand RM 104; die Kriegsmarinedienststellen im Bestand RM 108, die Schiffsstammdivisionen, die Marineartillerie- und Marineflak-Abteilungen und sonstigen Landdienststellen im Bestand RM 122 zu finden.
Die Sicherung der Küstenvorfelds im Bereich der Ostsee oblag dem Befehlshaber der Sicherung der Ostsee (B.S.O.) (Bestand RM 61 I) und seinen Sicherungsdivisionen (RM 67).
Die Archivalien der Marinestation der Ostsee sind für die Zwischenkriegszeit recht ausführlich überliefert. Es sind relativ komplette Aktenserien vorhanden. Nur die Tagesbefehle sind lückenhaft.
Für die Kriegszeit sind das Kriegstagebuch und die Tagesbefehle fast komplett überliefert, während Aktenserien sind nur spärlich vorhanden sind.
Besonders ausführlich - sowohl für die Vorkriegs- wie für die Kriegszeit - sind die Akten der Marineintendantur Kiel bzw. des Oberverwaltungsstabes überliefert. Sie enthalten vor allem Grundstücks- und Havarieangelegenheiten. Die Akten des Marinechefrichters Ostsee sind nur Generalakten, die keine Einzelfälle enthalten.
Der Bestand ist aus der Teilung des Bestandes RM 31 hervorgegangen.
Bestandsbeschreibung
Für die Zwischenkriegszeit sind relativ komplette Aktenserien vorhanden, nur die Tagebefehle sind lückenhaft. Außerdem sind neben Akten über den inneren Dienstbetrieb sowie Verwaltungs- und Liegenschaftsangelegenheiten Unterlagen zur Demobilmachung ab 1919 und zum Kapp- Putsch 1920 vorhanden. Für den Zweiten Weltkrieg sind das Kriegstagebuch und die Tagesbefehle fast komplett überliefert. Besonders ausführlich- sowohl für die Vorkriegs- wie für die Kriegszeit- sind die Akten der Marineintendantur Kiel bzw. des Oberverwaltungsstabes überliefert. Ergänzt wird der Bestand durch Kriegsspielunterlagen und durch Schriftgut zur Dienststellen-, insbesondere Personalverwaltung des Admiralrichters beim MOK Ost und seiner Funktionsvorgänger, beides ab 1934. Die ebenfalls erhaltenen Akten des Marinechefrichters Ostsee sind nur Generalakten, die keine Einzelfälle enthalten.
Zitierweise
BArch RM 131/...