Selchow, Bogislav Freiherr von.- Sammlung zu deutschen Marineoffizieren

Identifier
MSG 100
Language of Description
German
Dates
1 Jan 1848 - 31 Dec 1918
Level of Description
Collection
Languages
  • German
Source
EHRI Partner

Extent and Medium

Schriftgut

12 Aufbewahrungseinheiten

1,0 laufende Meter

Creator(s)

Scope and Content

Geschichte des Bestandsbildners

Marineoffizier, Freikorpsführer und Schriftsteller Bogislaw Selchow

Lebensdaten

  1. Juli 1877 geb. in Köslin

  2. Februar 1943 gest. in Berlin

Militärische Karriere

7.4.1897 Einstellung als Kadett der Kaiserl. Marine

Mai 1897 Kadett an Bord von SMS Stein

6.12.1897 Teilnahme an der Belagerung des Hafens von Port au Prince auf Haiti mit SMS Stein

27.4.1898 Beförderung zum Seekadetten

Apr. 1898-

Sep. 1900 In verschiedenen Funktionen an Bord von SMS Moltke, Hela, Mars und Blücher

Jan.-März 1900 Gehirnhautentzündung, Marinelazarett Kiel

3.9.1900 Fähnrich zur See

23.9.1900 Beförderung zum Leutnant zur See

Nov. 1900-

Nov. 1901 An Bord von SMS Sachsen, ab Okt. 1901 als Adjutant; am 4.9.1901 Kollision mit SMS Wacht bei Rügen, das daraufhin sinkt

Nov. 1901-

Sep. 1902 Adjutant an Bord von SMS Kaiser Wilhelm der Große

15.3.1902 Beförderung zum Oberleutnant zur See

Okt.-Dez. 1902 Wachoffizier an Bord von SM Torpedoboot G 109

Jan.-Apr. 1903 Kompanieoffizier der zweiten Kompanie der I. Torpedoabteilung, im Apr. Funkkursus auf SMS Neptun

Apr.-Sep. 1903 Wachoffizier an Bord von SM Torpedoboot G 109

Okt./Nov. 1903 Ausreise als Passagier nach Ostasien an Bord von SS König Albert

Nov. 1903-

Mai 1905 Wachoffizier an Bord von SMS Hertha im asiatischen Raum mit Heimreise nach Kiel über Afrika und das Mittelmeer

11.9.1904 Verleihung des Kung-Pai-Verdienstordens (Chinesische Silberne Erinnerungsmedaille) anlässlich einer Audienz bei der Kaiserinwitwe

und dem Kaiser von China

11.2.1905 Verleihung des Königl. Siamesischen Kronenordens vierter Klasse anlässlich einer Audienz beim König von Siam

Juni-Sep. 1906 Kommandant von SM Torpedoboote S 29, S 25 und S 30 sowie Dienste in der Minenkompanie und als Erster Offizier der Minensuchreservedivision

Okt. 1906-

Juni 1907 Marineakademie

6.3.1907 Beförderung zum Kapitänleutnant

Juli 1907 Dienst an Bord von SMS Kurfürst Friedrich Wilhelm

Aug.-Sep. 1907 Dienst an Bord von SMS Yorck

Okt. 1907-

Juni 1908 Marineakademie

Juli-Sep. 1908 Sprachurlaub in England

22.8.1908 Ernennung zum Ehrenritter des Johanniter-Ordens

Okt. 1908 Ausreise als Passagier nach Westafrika auf SS Lucie Woermann

Nov. 1908-

Nov. 1909 Erster Offizier an Bord von SMS Sperber

Nov./Dez. 1909 Rückreise als Passagier nach Deutschland auf SS Lucie Woermann

Dez. 1909-

Jan. 1911 Admiralstab der Marine

Jan. 1911-

März 1913 Adjutant der Nordseestation

19.9.1912 Verleihung des Rote-Adler-Ordens 4. Klasse

Apr. 1913-

Nov. 1914 Erster Offizier an Bord von SMS Victoria Louise

22.3.1914 Beförderung zum Korvettenkapitän

17.7.1914 Verleihung der Königl. Krone zum Rote-Adler-Orden 4. Klasse

10.11.1914-

30.6.1915 Kommandeur des I. Btl. des Matrosen-Artillerieregiments III (10.-25.11.1914); II. Btl. des Matrosen-Artillerieregiments I (26.11.-31.12.1914); I. Btl. des Matrosen-Artillerieregiments II (1.1.-4.2.1915); des III. Btl. des Matrosenregiments 4 (5.2.-10.5.1915); des III. Btl. des Matrosenregiments 5 (11.5.-30.6.1915); Einsatzgebiet: Flandern

1.5.1915 Verwundung bei Het Sas/Belgien durch Granatsplitter in Kopf, rechte Schulter, rechten Arm und rechtes Bein

7.2.1915 Eisernes Kreuz II. Klasse

Aug.-Dez. 1915 Erster Offizier an Bord von SMS Freya

Jan.-März 1916 Reservelazarett Liebenstein

Apr. 1916-

Juli 1917 Erster Offizier an Bord von SMS Hannover, in dieser Funktion Teilnahme an der Schlacht am Skagerrak am 31.5./1.6.1916

30.6.1916 Verleihung des Eisernen Kreuzes I. Klasse

22.8.1916 Verleihung des Oldenburgischen Friedrich-August-Kreuzes I. und II. Klasse

14.9.1916 Neurasthenie als Kriegsdienstbeschädigung anerkannt durch das Kdo. von SMS Hannover

Juli 1917-

Kriegsende Admiralstab der Marine

1918 Veröffentlichung der Propagandaschrift „Weltkrieg und Flotte"

10.4.1918 Österreichisches Militärverdienstkreuz 3. Klasse mit Kriegsdekoration

20.5.1918 Verleihung der Großherzoglichen Hessischen Tapferkeitsmedaille

16.11.1918-

20.8.1919 Dezernent im Reichsmarineamt

20.8.1919 Beförderung zum Fregattenkapitän

Ziviles Leben

Nach seiner Verabschiedung aus der Marine begann Bogislav von Selchow ein Studium der Geschichte in Marburg und wurde zugleich von der Reichswehrbrigade Kassel mir der Bildung einer Freiwilligenformation aus Marburger Studenten zum Schutz der jungen Republik beauftragt. Von Selchow gründete das Freikorps „Studentenkorps Marburg" (StuKoMa) und kommandierte es in der Folge bei der Niederschlagung von spartakistischen und rätedemokratischen Unruhen in Thüringen. Dabei kam es am 20.3.1920 zum sog. Massaker von Mechterstädt, bei dem 15 als Aufrührer verdächtigte Arbeiter, die von einem Stoßtrupp des StuKoMa festgesetzt worden waren, erschossen - angeblich „auf der Flucht". Die wegen dieser Tötungen Angeklagten wurden in zwei aufsehenerregenden Prozessen freigesprochen, die Urteile von der Öffentlichkeit als Akt der Klassenjustiz mit Abscheu und Protest aufgenommen. Von Selchow hatte sich im Prozess vor seine Männer gestellt, und auch die Marburger Universität solidarisierte sich mit ihren Studenten und rehabilitierte sie vollständig.

Daneben organisierte sich von Selchow in der rechtsextremen, später illegalen sog. Organisation Escherich (Orgesch), die er im westdeutschen Raum zeitweise führte. Die paramilitärische Organisation legte geheime Waffenlager für einen erwarteten Kampf gegen den Bolschewismus an und war für Morde an Persönlichkeiten des gegnerischen politischen Lagers verantwortlich. Enttäuscht vom Zögern Escherichs, einen offensiven Kurs gegen die Republik einzuschlagen, wandte er sich im Dezember 1922 wieder von der Orgesch ab, legte das Kommando des StuKoMa nieder und zog sich bis 1933 aus der politischen Öffentlichkeit zurück.

Am 24.1.1923 wurde Bogislav von Selchow von der Universität Marburg promoviert. Bereits 1920 hatte er seinen ersten Gedichtband „Deutsche Gedanken" veröffentlicht, und bald reüssierte er mit seinen Gedichten im rechten Spektrum. Er betätigte sich nun als Schriftsteller und Geschichtsphilosoph und entwickelte, ganz Kind seiner Epoche, ein sog. Zeitwendemodell, das die geistesgeschichtliche und politische Entwicklung der Menschheit abbildete. Von Selchow definierte hierzu die von verschiedenen gesellschaftlichen Kräften geprägten Zeitalter der „Allzeit", der „Wirzeit" und der „Ichzeit". Dieses Denksystem wurde zur Grundlage für seine Werke und machte ihn gemeinsam mit dem von ihm immer wieder aufgegriffenen Topos des Heldischen zu einem ideologischen Wegbereiter des Nationalsozialismus. Sein Antisemitismus und Blick auf das Zeitgeschehen nach dem Untergang der alten Welt hatten ihn spätestens 1933 in die Nähe der NSDAP gebracht: Obwohl nie Parteimitglied, entwickelte er sich zum leidenschaftlichen Nationalsozialisten und gehörte zu den 48 Persönlichkeiten, die 1933 öffentlich zur Wahl Adolf Hitlers aufriefen. 1936 benannte sich die NS-Studentenkameradschaft, die aus der vormaligen Marburger Burschenschaft Germania hervorgegangen war, nach von Selchow. Am 9.6.1939 wurde er dann zum Ehrensenator der Philipps-Universität Marburg ernannt.

Bestandsbeschreibung

Bogislav Freiherr von Selchow diente als Marineoffizier in der Kaiserlichen Marine in den Jahren 1897 bis 1918. Nach 1919 war von Selchow als Schriftsteller tätig. Getragen von dem Gedanken, "dass es uns im Seeoffizierkorps an Tradition fehle, dass wir weder auf eine ruhmreiche Vergangenheit zurückblicken konnten, noch dass uns der feste Zusammenschluss eines Regiments eine", begann von Selchow ab 1911 damit, eine Stammliste sämtlicher Seeoffiziere der deutschen Marine anzulegen. Diese Stammliste nannte von Selchow "Wimpelbrett", um seinem Projekt einen traditionellen Namen zu geben. Das sogenannnte Wimpelbrett war der bis zum Jahre 1900 im Signalbuch der Kaiserlichen Marine enthaltene Teil, der einen Flaggennamen für sämtliche deutschen Kriegsschiffe, Admirale und Kapitäne zur See vorsah. Die "Wimpelbretter" wurden durch das Bundesarchiv im Jahre 1957 von der Marine-Offizier-Hilfe e.V. angekauft.

Darüber hinaus erstellte Bogislav Freiherr von Selchow Kurzlebensläufe der im Ersten Weltkrieg gefallenen aktiven und ehem. aktiven Seeoffiziere, Fähnriche und Seekadetten der Kaiserlichen Marine. Diese Ehrentafeln bzw. Ehrenbücher liegen als Kopie der in der Marineschule Mürwick verwahrten Originale vor.

Zitierweise

BArch MSG 100/...

Related Units of Description

  • Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv

  • N 428 Nachlass Bogislav Freiherr von Selchow

  • Literatur

  • Holger H. Herwig: Das Elitekorps des Kaisers. Marineoffiziere im Wilhelminischen Deutschland (Hamburger Beiträge zur Sozial- und Zeitgeschicht; 7), Hamburg 1977; Thomas Scheerer: Die Marineoffiziere der Kaiserlichen Marine. Sozialisation und Konflikte (Kleine Schriftenreihe zur Militär- und Marinegeschicht; 2), Bochum 2002.

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