Fundamentum Treuhand AG
Scope and Content
Vorwort
A Rep. 251-08 Fundamentum Treuhand AG
1. Unternehmensgeschichte
Die Gründung der Fundamentum Treuhand-Aktiengesellschaft erfolgte am 02. März 1927. Gegenstand des Unternehmens war die treuhänderische Verwaltung von Vermögenswerten aller Art, insbesondere von Grundstücken. Das Unternehmen hatte seinen Sitz in Berlin in der Französischen Straße 47.
Ein Vertrag mit dem Preußischen Finanzministerium vom 25. Oktober und 01. November 1933 bestimmte die Fundamentum "als Treuhänderin des Finanzministeriums (zur) Eigentümerin (von vorerst) 51 Grundstücken"; wobei auch der "Ankauf und die Verwaltung weiterer Grundstücke im Auftrag" des Preußischen Finanzministeriums festgeschrieben wurde. Der Vertrag verpflichtete die Fundamentum, ihren Geschäftsbetrieb auf Grundstückstreuhandgeschäfte für den Preußischen Staat zu beschränken. [1]
Im Rahmen dieser Funktion für Preußen war die Fundamentum stark in die Maßnahmen zur Enteignung jüdischen Eigentums in der NS-Zeit involviert.
Einen Schwerpunkt bildete dabei die Abwicklung des jüdischen Metal-Konzerns. [2] Die "Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens" vom 03. Dezember 1938 [3], nach der Juden außer ihren Betrieben nun auch ihren Grundbesitz nicht mehr frei, sondern nur zu amtlich festgelegten Preisen, verkaufen durften, bot dem Reichswirtschaftsministerium die juristische Grundlage auch für die Enteignung des Metal-Konzerns und der zu ihm gehörenden Grundstücke.
Auf Weisung des Reichswirtschaftsministers wurde Wilhelm Reibeholz, Berlin W 8, Georgenstraße 43, von den zuständigen höheren Verwaltungsbehörden - dem Stadtpräsidenten der Reichshauptstadt Berlin und dem Polizeipräsidenten Berlin - zum Verhandlungstreuhänder, die Fundamentum als Organgesellschaft des Preußischen Staates zur Veräußerungstreuhänderin für die Enteignung des Metal-Konzerns ernannt. [4]
Wilhelm Reibeholz und Kurt Eifler waren während der gesamten Kriegszeit als Veräußerungs- und Verwaltungstreuhänder für die Abwicklung der Grundstücksgesellschaften des Metal-Konzerns tätig [5], was mehrere Jahre in Anspruch nahm und sich im Kriegsverlauf zunehmend komplizierter gestaltete. [6] Noch im November 1945 war Reibeholz mit der Abwicklung des Metal-Konzerns befasst, wobei er von dem Rechtsanwalt und Vertreter der Metal'schen Erben, Georg R.A. Israel, unterstützt wurde. [7]
Israel war als Verwalter dem Treuhänder der Alliierten Militärregierung gegenüber verantwortlich, der die im Ostteil Berlins liegenden Grundstücke der dort nach der Spaltung gegründeten Deutschen Treuhandstelle zur Verwaltung und Kontrolle des jüdischen und ausländischen Vermögens übergeben hat.
Mit dem 31. Dezember 1950 hat der Magistrat von Groß-Berlin - Verwaltungsstelle für Sondervermögen - den Metal'schen Grundbesitz und die Grundstückserträge übernommen; seit 1952 sind diese Erträge in Verwahrung der Berliner Volkseigenen Wohnungsverwaltungen gewesen. [8]
Der Blitz-Konzern stellte einen der größten Grundstückskomplexe in Berlin dar. [9] Nachdem Hugo Blitz im Januar 1940 nach New York ausgewandert war, gelangten im ersten Halbjahr 1940 sämtliche Grundstücke in Zwangsverwaltung.
Durch Urkunde vom 05. Oktober 1940 wurden Reibeholz und Eifler vom Stadtpräsidenten der Reichshauptstadt Berlin als Verhandlungstreuhänder für die Abwicklung und Auflösung des Blitz-Konzerns bestellt. Nachdem sie in dieser Eigenschaft mit den Gläubigern und der Stadt Berlin Übereinkünfte getroffen hatten, die die praktische Abwicklung einleiten konnten, wurde die Fundamentum als Organgesellschaft des Preußischen Staates im Einverständnis mit dem Reichswirtschaftsministerium und mit Zustimmung des Preußischen Finanzministeriums auch zur Veräußerungstreuhänderin bestellt. Zum 30. Januar 1941 konnten Reibeholz und Eifler bereits 40 Verkäufe melden.
Die 11. Verordnung zum "Reichsbürgergesetz", nach der sämtliche Grundstücke emigrierter Juden als dem Reich verfallen erklärt wurden, erschwerte die weitere Abwicklung, da es zu Kompetenzüberschneidungen mit dem Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg kam. Eine Vereinbarung, nach der die Veräußerungen weiter von der Fundamentum vorgenommen wurden, allerdings nach Genehmigung durch den OFP, ermöglichte es, "dass das vorgegebene Ziel in vollstem Umfange erreicht " werden konnte. Per 31. Mai 1943 konnte die "Hauptabrechnung Blitz-Konzern" gestellt werden. [10]
Seit 1942, als Kurt Eifler zum Wehrdienst einberufen worden war, hatte Wilhelm Reibeholz die Geschäfte durch Übertragung der Eiflerschen Vollmachten allein fortgeführt. [11] Zu Kriegsende siedelte er aus Berlin nach Römhild in Thüringen um.
Am 04. Oktober 1946 stellte die Fundamentum beim Bezirksamt Mitte von Berlin - Wirtschaftsamt - den Antrag auf Erteilung einer Gewerbeerlaubnis; "Zweck unseres Betriebes ist, die Grundstücke des früheren Preußischen Staates zu verwalten, zu betreuen und zu verwerten" [12].
Da der ehemalige preußische Grundbesitz zu dieser Zeit jedoch bereits vom Finanzamt für Liegenschaften betreut wurde, - "Nur im russischen Sektor sei es ihr (der Fundamentum) gelungen, noch eine Anzahl dieser Grundstücke in Verwaltung zu behalten..." -, sah man seitens der Finanzverwaltung keine Veranlassung, die Gewerbeerlaubnis zu erteilen. [13]
Am 21. April 1947 wurde der Fundamentum durch das Bezirksamt Mitte - Abteilung Handel und Handwerk - mitgeteilt, dass sie gemäß Befehl Nr. 124 der SMAD vom 30. Oktober 1945 beschlagnahmt wird und gemäß Befehl 27 der SMAD unter Verwaltung der Deutschen Treuhandstelle zur Verwaltung des sequestrierten und beschlagnahmten Vermögens im sowjetisch besetzten Sektor Berlins (DTV) gestellt wird. Die Beschlagnahme erstreckte sich auf das gesamte treuhänderische Vermögen, einschließlich der Grundstücke. Demgemäß hat der Betrieb der Fundamentum bis über das Ende des Jahres 1947 hinaus geruht. [14]
Erst nachdem durch Beschluss der Hauptversammlung vom 23. März 1948 die Satzung in einigen Teilen - Firma, Berufung der Hauptversammlung, Veröffentlichungen der Gesellschaft - geändert und neue Vorstandsmitglieder bestellt wurden, ist der Geschäftsbetrieb zum 01. April 1948 wieder aufgenommen worden. [15] Im Zusammenhang mit der Konzentration der DTV auf die Leitung der Industriebetriebe wurde mit dem 01. April 1948 die Verwaltung der sequestrierten Einzelstücke von der DTV abgetrennt und in Form einer Verwaltungsgesellschaft verselbständigt. Zu diesem Zweck wurde die sequestrierte Fundamentum, als frühere Verwaltungsbeauftragte des Preußischen Staates neu aufgebaut und nach einer umfangreichen Neuorganisation unter dem Namen "Groß-Berliner Grundstücksverwaltungs-Aktiengesellschaft" weitergeführt. [16]
Kaufmännischer Direktor wurde der bereits am 24. März 1948 zum Treuhänder ernannte Dr. Karl Brockschmidt. [17]
[1] C Rep. 105, Nr. 3788. Durch Beschluss der Hauptversammlung vom 03. Februar 1938 wurde die Satzung im Zusammenhang mit der Anpassung an das neue Aktiengesetz geändert und neu gefasst; das Geschäftsfeld blieb bestehen.(C Rep. 105, Nr. 60006).
[2] Julio Metal (1879 in Berlin - 1941), seit 1929 Liechtensteinische Staatsbürgerschaft, ausgebürgert mit Vermögensbeschlagnahme, verh. mit Jenny, geb. Burstin (gest. 1947 in New York), drei Kinder: Maurice und Nicholas Metal, beide New York, Camilla Rudich geb. Metal, Bukarest (C Rep. 105, Nr. 6911; A Rep. 251-08, Nr. 407)
[3] RGBl. I S. 709.
[4] A Rep. 251-08, Nr. 264. Reibeholz, zu diesem Zeitpunkt noch Mitarbeiter der Firma Henning von Harlemsen & Co. KG, wechselte zum 01. Oktober 1940 vorerst als Sachbearbeiter zur Fundamentum, wo er später Vorstandsfunktionen bekleidete (A Rep. 251-08, Nr. 375).
[5] Der Bankkaufmann Kurt Eifler wurde am 12. März 1941 zum Stellvertretenden Vorstandsmitglied der Fundamentum bestellt. (C Rep. 105, Nr. 3788).
[6] Die Luftangriffe auf Berlin im Winter 1943/1944 hatten beispielsweise Aktenvernichtungen bei den Geschäftsunterlagen zum Metal-Konzern zur Folge (A Rep. 251-08, Nr. 264.).
[7] A Rep. 251-08, Nr. 14; C Rep. 105, Nr. 6911.
[8] C Rep. 105, Nr. 6911.
[9] Hugo Blitz (1875 in Wien -), verh. mit Malwine, geb. Adler, ausgebürgert mit Vermögensbeschlagnahme. Der Blitz-Konzern umfasste 1942/43 über 100 Mietwohngrundstücke, die auf den Namen von Hugo Blitz eingetragen waren oder verschiedenen Grundstücksgesellschaften, deren Aktien- oder Anteilsmajorität Hugo Blitz zustanden, gehörten.
[10] A Rep. 251-08, Nr. 425.
[11] A Rep. 251-08, Nr. 40.
[12] C Rep. 105, Nr. 3788.
[13] C Rep. 105, Nr. 3788.
[14] C Rep. 105, Nr. 60006.
[15] C Rep. 105, Nr. 60006.
[16] C Rep. 105, Nr. 60005.
[17] C Rep. 110, Nr. 16.
2. Archivische Bearbeitung
Die vorliegende Überlieferung besteht aus Akten, die Wilhelm Reibeholz nach Thüringen mitgenommen hatte.
Reibeholz, geb. am 23. November 1904, war - gemeinsam mit Eifler - außer im Auftrag des Stadtpräsidenten der Reichshauptstadt Berlin und des Polizeipräsidenten in Berlin auch für die Regierungspräsidenten in Stettin und Hildesheim, die Abwicklungsstelle der Vermögensverkehrsstelle in Wien und den Reichsstatthalters in Niederdonau als Vermögenstreuhänder über jüdische Grundstückskonzerne mit einer Vermögensmasse von insgesamt 40 Millionen RM tätig gewesen. [18] Im Zusammenhang damit wurden 1947 in Thüringen Ermittlungen gegen Reibeholz eingeleitet und diese Akten beschlagnahmt. [19]
Die Akten wurden 1963 von der Abteilung Archive des MdI der DDR, die sie von der Thüringer Polizeibehörde erhalten hatte, im Umfang von "5 großen Holzkisten" an das Stadtarchiv Berlin übergeben.
Die im Bestand überlieferten Akten dokumentieren überwiegend den Teil der Tätigkeit der Fundamentum, der mit den Abwicklungen des Metal- und des Blitz-Konzerns in Zusammenhang steht.
Darüber hinaus sind Akten aus der geschäftlichen Tätigkeit Wilhelm Reibeholz' als Unternehmer in Römhild/Thüringen überliefert.
An diesen Überlieferungsschwerpunkten orientierte sich auch das bei der archivischen Bestandsbearbeitung angewandte Ordnungsmodell und klassifizierte die Akten in
- Allgemeine Geschäftstätigkeit der Fundamentum
- Unterlagen zur Abwicklung des Metal- und des Blitz-Konzerns einschließlich der Grundstücksakten und Hausverwaltungssachen
- übrige Geschäftstätigkeit (Reibeholz').
Insgesamt wurde 425 Akteneinheiten verzeichnet und mit Augias-Archiv ein Findbuch mit Sach-, Personen-, Straßen- und Firmenregister erstellt.
Einzelne Akten sind auf Grund archivgesetzlicher Bestimmungen bzw. der EU-Datenschutz-Grundverordnung für die Benutzung befristet gesperrt. Eine Verkürzung der Schutzfristen kann auf Antrag erfolgen. Dazu bedarf es der besonderen Zustimmung des Landesarchivs Berlin.
[18] A Rep. 251-08, Nr. 40 und 425.
[19] Reibeholz ist durch Urteil der Entnazifizierungskommission eine Bewährung auferlegt worden (A Rep. 251-08, Nr. 424).
3. Korrespondierende Bestände
LAB A Rep. 92 Landesfinanzamt/Oberfinanzpräsidium Berlin
LAB C Rep. 105 Magistrat von Berlin - Finanzen
LAB C Rep. 110 Magistrat von Berlin - Bauwesen
Berlin, im August 1996 Gisela Erler