Stadtgericht Berlin
Scope and Content
Vorwort
A Pr.Br.Rep. 005 A - Stadtgericht Berlin
1. Behördengeschichte
Das Stadtgericht Berlin übte seit Einsetzung eines Magistrats für alle Stadtteile im Jahre 1709 durch König Friedrich I. die Rechtsprechung in Zivil- und Kriminalsachen über die ihm unterstellten Bürger aus. Der Jurisdiktionsvertrag mit dem Kammergericht vom 28. Juli 1787 regelte die Kompetenzen des Stadtgerichts und wollte künftige Auseinandersetzungen bezüglich der Zuständigkeit mit dem Kammergericht vorbeugen. Die Einführung des Allgemeinen Landrechts hatte keine wesentliche Änderung der Verfassung des Stadtgerichts bewirkt.
Die Steinsche Städteordnung des Jahres 1808 löste die Rechtsprechung aus der Stadtverwaltung heraus. Das Stadtgericht wurde eine königliche Behörde. Als Amtssitz bezog es das Gebäude des Gouverneurs von Berlin in der Königstraße 19. Mit der Zivil-Deputation, der Kriminal-Deputation und dem Fabrikengericht bildete es die erste Instanz für alle nicht eximierten Bewohner Berlins und seiner nächsten Umgebungen.
Die Zuständigkeit für Kriminalsachen übernahm ab 1837 das neu gebildete Landgericht Berlin, das wiederum 1839 im Kreisgericht Berlin aufging. Die Verordnung vom 2. Januar 1849 und die neue Staatsverfassung beseitigten die Rechte der städtischen und Patrimonial-Gerichtsbarkeit, sowie alle bisherigen Ausnahmen der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Nunmehr unterstanden alle Bewohner Berlins in erster Instanz dem Stadtgericht. Seit 1855 war es ein unter einem Präsidenten stehendes Untergericht mit Deputationen für Strafsachen, Zivilsachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, deren drei Vorsitzende Stadtgerichtsdirektoren hießen. Die Richter waren unterteilt in Stadtgerichtsräte und Stadtrichter.
Durch das Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Januar 1879 wurde das Stadtgericht Berlin aufgelöst. An seine Stelle traten in erster Instanz das Amtsgericht und Landgericht I.
Die Prozessakten des Stadtgerichts Berlin müssen leider als Kriegsverluste gelten.
Die Testamentsregister befanden sich bereits vor 1945 im Geheimen Staatsarchiv in Dahlem, wo sie zusammen mit Registern anderer Gerichte erschlossen wurden. Anfang der fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts gelangten sie zusammen mit ca. 2100 Testamentsakten vom damaligen Berliner Hauptarchiv (im Gebäude des Geheimen Staatsarchivs untergebracht) in das Landesarchiv Berlin.
Im Jahr 1989/1990 übernahm das Landesarchiv eine Serie von Testamentsakten (Testament-Nr. 14600 - 68000) und die dazugehörigen Register vom Landgericht Berlin, Dienstgebäude Littenstraße.
Die Personenstandsregister der Juden und Dissidenten wurden von der Magistratsabteilung Justiz 1956 als Zugang 174/56 dem Stadtarchiv Berlin übergeben. Mit der Vereinigung der beiden Archive gelangten sie 1993 in das Haus Kalckreuthstraße und wurden dort in den Bestand Pr.Br.Rep. 5 A eingearbeitet.
Bei der Bearbeitung der sogenannten "Polenrückführung an das Ost-Berliner Stadtarchiv aus dem Jahr 1955" in den Jahren 1997/1998 wurden Akten dem Bestand Stadtgericht Berlin zugeordnet. Die Provenienzabgrenzung zur Berliner Magistratsverwaltung um 1770/1850 ist noch durchzuführen.
Im Rahmen eines Beständeabgleichs mit dem Brandenburgischen Landeshauptarchiv im Sommer 2001 gelangten ca. 40 lfm Akten über jüdische Personenstandsfälle (Sammelakten über Eheschließungen, Geburts- und Sterbemeldungen) in das Landesarchiv.
Im Februar 2002 wurden vom Zentralen Grundbucharchiv dem Landesarchiv Berlin Akten betr. Grundbuch-, Flur- und Hypothekensachen sowie Buchdrucker- und Scharrerprivilegien aus der Zeit von 1810-1870 übergeben.
2. Bestandsgeschichte
Der Bestand umfasst insgesamt 75832 Akten (202,95 lfm) mit der Laufzeit 1626 - 1945.
Es sind lediglich Testamentsakten zu Berliner Einwohnern und Personenstandsunterlagen jüdischer Personen und Dissidenten, sowie Grundbuch- und Hypothekenakten überliefert. Die Buchdrucker- und Scharrenprivilegien runden den Bestand ab.
Die Testamentsakten wurden nach 1950 in Form eines Findbuches erschlossen und die Register zusätzlich auf Mikrofilm aufgenommen. 2005 wurde dieses Findbuch durch Mitarbeiter der Firma Kommtreff mit der Software Augias-Archiv retrokonvertiert. Indizees wurden hierbei angelegt.
Die noch unerschlossenen Testamente ab der Testament-Nr. 14000 - 68000 wurden nur kartoniert und nicht verzeichnet. Die dazugehörigen Testamentsrepertorien ab dem Jahr 1850 dienen als vorläufige Findhilfsmittel, dieser Bestandsteil ist daher eingeschränkt nutzbar.
Zunächst wurden die zusammengefassten Register und alphabetischen Register zu den Juden und Dissidenten erfasst. In den alphabetischen Registern stehen links die Namen der Personen und rechts die Blattangabe, wo sich der Eintrag im Register findet. Dazu gibt es noch die Sammelakten, die über die Einträge in den zusammengefassten Registern erschlossen sind.
Die 40 lfm Akten über jüdische Personenstandsfälle (Sammelakten über Eheschließungen, Geburts- und Sterbemeldungen) wurden 2006 mit der Software Augias-Archiv erfasst.
Die Abgabe des Zentralen Grundbucharchivs, betr. die Scharrenangelegenheiten und Buchdruckerprivilegien wurden 2006 mit der Software Augias-Archiv erschlossen.
Der Verbleib der fehlenden Nr. 5743, 2321, 2552 konnte wegen mangelnder Nachweise im Magazin nicht geklärt werden. Diese Nummern wurden im Juni 2018 durch neue Akten ersetzt.
Die Hypothekensachen (0,45 lfm) liegen noch unverzeichnet vor. Es sind noch zerstörte und verschmutzte nicht eingeordnete Testaments-Akten (20,00 lfm) vorhanden, die nach Überprüfung des Erhaltungszustandes eingearbeitet werden. Die Akten aus der sogenannten "Polenrückführung an das Ost-Berliner Stadtarchiv aus dem Jahr 1955" (1,65 lfm) liegen ebenfalls noch unverzeichnet vor, die Provenienzabgrenzung zur Berliner Magistratsverwaltung um 1770/1850 ist noch durchzuführen.
Ein Teil der Register wurde im Rahmen der Bestandsüberarbeitung umsigniert. Alte Signaturen sind im Findhilfsmittel unter "Alte Archivsignatur" vermerkt.
Ein Großteil der Testamentsregister und die Personenstandsregister der Juden und Dissidenten wurden verfilmt und werden aus konservatorischen Gründen nur auf Mikrofilm vorgelegt. Bitte beachten Sie dies bei der Bestellung.
Der Bestand ist wie folgt zu zitieren: Landesarchiv Berlin, A Pr.Br.Rep. 005 A, Nr. .... .
3. Korrespondierende Bestände
A Pr.Br.Rep. 030 Polizeipräsidium Berlin
A Pr.Br.Rep. 042 Preußische Bau- und Finanzdirektion Berlin
A Rep. 000-02-01 Stadtverodnetenversammlung zu Berlin
A Rep. 001-01 Comité administratif
A Rep. 001-02 Magistrat der Stadt Berlin, Generalbüro
A Rep. 016 Magistrat der Stadt Berlin, Gewerbedeputation
A Rep. 341 Amtsgericht Berlin, v.a. Stiftungsakten, Testamentsakten
A Rep. 550 Magistrat der vereinigten Residenzstadt Berlin (ab 1709)
F Rep. 120 Sammlung des Reichssippenamtes "Jüdische Personenstandsregister" (Filme)
4. Literatur- und Quellenverzeichnis
Dr. Holtze, Friedrich: Das Berliner Stadtgericht von 1272 bis 1879, in: Aus dem Berliner Rechtsleben - Festgabe zum XXVI. Deutschen Juristentage (Berlin 1902).
Signatur: Soz 1113
Titel: Der Arnim'sche Prozess : Stenographische Berichte über die vor dem Königlichen Stadtgericht in Berlin in der Untersuchung wider den Grafen Harry von Arnim, kaiserl. deutschem Botschafter z. D., geführten Verhandlungen ; mit Aktenstücken
Jahr: 1874
erschienen: Berlin : Puttkammer & Mühlbrecht
Umfang: 488 S.
Themen: Arnim, Harry Graf von <*03.10.1824, +19.05.1881 in Nizza, Diplomat>
Berlin, im Oktober 2017 Bianca Welzing-Bräutigam und Kerstin Bötticher
Fußnote:
Dissidenten: Der Begriff wurde 1573 in der Warschauer Konföderation für die Protestanten geprägt, die nicht der herrschenden Staatsreligion angehörten. Im 17. Jahrhundert fand er als „Dissenter“ Eingang nach England als Bezeichnung für protestantische Gruppen, die nicht zu einer Integration in die anglikanische Kirche bereit waren. Im 18. Jahrhundert bezeichnet der Begriff denjenigen, den keiner anerkannte. Seit dem 19. Jahrhundert ist es jener, der keiner Religionsgemeinschaft angehört. Auch die Mitglieder der deutschkatholischen Vereine, die sogenannten Deutschkatholiken, sowie die protestantischen Freien Gemeinden, die sogenannten Lichtfreunde, die sich 1856 mit den Deutschkatholiken zum Bund Freireligiöser Gemeinden Deutschlands zusammenschlossen, wurden offiziell als Dissidenten bezeichnet. Üblich war der Begriff in Deutschland mindestens bis in die 1930er Jahre. (Quelle: Dissident, Geschichte aus Wikipedia)