Antifaschistische Ausschüsse und Komitees

Identifier
SGY 26
Language of Description
German
Dates
1 Jan 1945 - 31 Dec 1945
Level of Description
Collection
Languages
  • German
Source
EHRI Partner

Extent and Medium

Sammlung

5 Aufbewahrungseinheiten

Scope and Content

Bestandsbeschreibung

Nach Kriegsende 1945 war in Deutschland eine Situation eingetreten, in der die gesellschaftlichen Subsysteme neu strukturiert und die politische Lebenswelt neu konstituiert werden musste. Die Entwicklung der Bundesrepublik ist dabei wesentlich von Entscheidungen bestimmt worden, die vor ihrer Gründung fielen.

Nach dem 8. Mai 1945 war das Bild der deutschen Bevölkerung so widersprüchlich wie ihre Stimmungen. Die ideologische Ausgangssituation war so desolat wie vorerst zu allen Hoffnungen berechtigend. Zwischen dem aktiven Teil der Bevölkerung die Minderheit und den Alliierten bestand ein antifaschistischer Konsens, der die Voraussetzung einer demokratischen Nachkriegsentwicklung bildete und die Hoffnung auf Neugestaltung, Neubau und von vorne anfangen begründete. Es zeigte sich, dass ohne Absprache eine auffallende Analogie zwischen den Globalvorstellungen von Exilgruppen, aus den KZs entlassenen Antifaschisten, den kommunistischen, sozialdemokratischen und christlichen Vertretern der Arbeiterbewegung und den Alliierten bestand, deren Ziele zur Deutschlandpolitik u.a. im Potsdamer Abkommen dokumentiert waren. Die wichtigsten Zielvorstellungen waren zunächst Demilitarisierung, Dekartellisierung, Denazifizierung und Demokratisierung. Innerhalb Deutschlands nahm diese Auffassung für eine kurze Zeit in den sogenannten Antifas praktische Gestalt an. Beim Einmarsch der Alliierten in Deutschland begegneten ihnen an einzelnen Orten als selbständige politische Kraft Ausschüsse, die von lokalen und betrieblichen Funktionären der verschiedenen Zweige der früheren Arbeiterbewegung initiiert worden waren. Diese Aktionsausschüsse nannten die Besatzer nach dem häufigsten Namensbestandteil Antifa. Sie boten sich dort, wo die Infrastruktur zusammengebrochen war, den Besatzern als Ansprechpartner an. Die Antifa können als spontane und gegenüber dem herkömmlichen System von Parteien und Gewerkschaften autonome politische und wirtschaftliche Selbsthilfeorgane interpretiert werden, die dem Schwerpunkt ihrer sozialen Zusammensetzung nach, Vertretungsformen der Arbeiterschaft waren. Ihre politischen Aktivitäten waren von der Tendenz bestimmt, die vor 1933 in der deutschen Arbeiterschaft herrschende Aufspaltung in eine sozialdemokratische und eine kommunistische Linie und die Abspaltung parteipolitischer und gewerkschaftlicher Vertretungsformen voneinander zugunsten einer neuen Einheit hinter sich zu lassen und auf die Gemeinsamkeiten zu setzen. Die Antifas waren der politisch bescheidene Versuch, Antifaschismus praktisch zu symbolisieren. Es lässt sich die Existenz von Antifas in ca 150 Fällen in den vier besetzten Zonen nachweisen, wobei einige sogar über ein regionales Verbreitungsgebiet verfügten. Sie waren als Betriebsausschüse zunächst einmal Elemente der ökonomischen Infrastruktur und als Lokalausschüsse entsprechend Elemente der politischen. Zusammenfassend kann die Antifa-Bewegung als die spezifische autonome Antwort auf den Zusammenbruch des Nationalsozialismus eingeschätzt werden, die Anknüpfungspunkte zur Tradition der Arbeiterbewegung hatte.

Die antifaschistischen Ausschüsse richteten ihre Aktivitäten auf zwei Hauptziele, die Entnazifizierung aller Bereiche des deutschen Lebens und die Mobilisierung der Kräfte aller Antinazis zur Lösung der dringenden Probleme des Gemeindelebens. Sie handelten dabei de facto in der Eigenschaft öffentlicher Verwaltungen. In der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) war das Antifa-Potential weitgehend identisch mit dem Potential der neuen Verwaltungen, Parteien und Gewerkschaften, zumindest auf lokaler Ebene. Die Amerikaner hingegen setzten auf das durch Ruhe und Ordnung bestimmte Funktionieren der unpolitischen Verwaltungsbürokratie, die einer Basis-Demokratisierung entgegenwirkte. Die Antifas wuren dort als Kooperateure und Informationsträger gebraucht, die politische Form hingegen wurde abgelehnt. Die Antifas und Betriebsausschüsse agierten im besetzten westdeutschen Nachkriegsdeutschland also in einem gesellschaftlichen Umfeld, bei dessen Restrukturierung sie mit konservativen Verwaltungen und Wirtschaftsvertretern konkurierten, die mit Unterstützung der Militärregierungen arbeiten konnten. Der anfängliche Konflikt zwischen Verwaltung und Antifa-Bewegung wurde strukturell zugunsten der Verwaltungen entschieden. Das Verbot der Antifa-Ausschüsse im Juni 1945 in Westdeutschland normierte dieses Ergebnis.

Es liegen fünf Akten zur Bildung und zur kurzen, im Ganzen dreijährigen, Tätigkeit der antifaschistischen Ausschüsse und Komitees vor. Entnazifizierung und Demokratisierung sind dabei die politischen und die Ingangsetzung von Wirtschaft und Verwaltung die ökonomisch-administrativen, hauptsächlichen Aufgaben, denen sich die Ausschüsse und Komitees stellen. Die Aussagekraft des Archivgutes beschränkt sich bei den ostdeutschen Ausschüsen auf die Länder Thüringen und Sachsen sowie die Stadt Leipzig und in Westdeutschland auf Württemberg, Baden; Bayern und Nordrhein-Westfalen, insbesondere das Ruhrgebiet sowie auf die Städte Hamburg und Bremen.

Eine besondere Stellung kommt dabei der antifaschistischen Freiheitsbewegung Breslau zu, deren Gründung in die letzten Kriegswochen reicht, deren Tätigkeit jedoch mit der Ankunft ihrer Mitglieder, nach der Flucht aus den deutschen Ostgebieten, in Dresden im Sommer 1945 bereits wieder endet.

Erschließungszustand

Online-Findbuch in ARGUS

Umfang, Erläuterung

5 AE

Zitierweise

BArch SGY 26/...

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