Jungdeutscher Orden

Identifier
R 161
Language of Description
German
Dates
1 Jan 1919 - 31 Dec 1979
Level of Description
Collection
Languages
  • German
Source
EHRI Partner

Extent and Medium

Schriftgut

120 Aufbewahrungseinheiten

Creator(s)

Biographical History

Geschichte des Bestandsbildners

Unter den zahlreichen Verbänden der "nationalen Opposition" in der Weimarer Republik war der 1920 von Artur Mahraun gegründete Jungdeutsche Orden neben dem Stahlhelm der bedeutendste. Mit seinen 150-200.000 Mitgliedern war er diesem zwar zahlenmäßig unterlegen, ideologisch aber weitaus selbstständiger. Geist, Aufbau und Politik bestimmte sein "Hochmeister", Oberleutnant a.D. Artur Mahraun (30.12.1890 - 27.03.1950).

Mahraun hatte im November 1918 nach seiner Rückkehr von der Westfront in Kassel, damals Sitz der Obersten Heeresleitung, eine Freiwilligenkompanie zur Bekämpfung der Spartakisten aufgestellt, aus der sich am 10.  Jan. 1919 zunächst die Offiziers-Kompanie-Cassel (OKC) bildete. Als sich diese aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrages auflösen musste, bildete er sie am 17. März 1920 zu einem nationalen, organisatorisch dem Deutschen Ritterorden nachgebildeten Kampfbund, dem Jungdeutschen Orden (kurz: Jungo) um.

Der Jungdeutsche Orden verfolgte eher sozialromantische Ideen, die geprägt waren vom Erlebnis des Krieges ("Frontkameradschaft") und den bündischen Vorstellungen der Jugendbewegung. Er pflegte feierliche Formen: Als Gruß galten die Worte "Treudeutsch - allewege"; die "Brüder" redeten einander mit dem altertümlichen "Ihr" an; Symbol war ein Banner mit achtspitzigem schwarzem Kreuz auf weißem Grund. Ziele des Ordens waren der Wiederaufbau des Reiches, die Verringerung der Arbeitslosigkeit, die Überwindung der Standes- und Klassengegensätze und der Aufbau einer nationalen "Volksgemeinschaft".

Der Jungdeutsche Orden entwickelte sich immer mehr in Abgrenzung sowohl zum Stahlhelm als auch zur NSDAP. Seine Hauptgegnerschaft richtete sich gegen den Hugenberg-Konzern. Ihm, dem Alldeutschen Verband, gewissen militärischen Machtpolitikern sowie Christentum und abendländischen Geist verleugnenden Machenschaften deutscher Nationalisten im Bunde mit der Sowjetunion gab er die Hauptschuld am deutschen Zusammenbruch im November 1918. Im Gegensatz zu anderen Organisationen der Rechten übernahm der Jungdo u.a. von Arnold Rechberg das außenpolitische Konzept einer Versöhnung mit Frankreich und trat für die deutsch-französische Zusammenarbeit auf allen Gebieten ein. Er näherte sich der Locarno-Linie Stresemanns an und schwenkte auf eine Innenpolitik ein, die die Weimarer Staatsverfassung reformieren aber nicht zerstören wollte.

Am 18. Dez. 1927 wurde in einem feierlichen Ordenskapitel das "Jungsdeutsche Manifest" verkündet. Seine Hauptideen waren das "Kurführertum" und die Gliederung der Massen in "Nachbarschaften", in denen das Volk zur Selbstbestimmung erzogen werden sollte. Um die Reform und allmähliche Umbildung des Parlamentarismus voranzubringen, wurde 1929/30 in mehreren Etappen die Volksnationale Reichsvereinigung gegründet, die mit der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) für die Reichstagswahlen 1930 eine gemeinsame Liste einreichte und sich mit ihr zur Deutschen Staatspartei zusammenschloss. Zu diesem Zeitpunkt waren aber schon viele bürgerliche Wähler für die NSDAP gewonnen, so dass die Initiative zu spät kam. Mit Entschiedenheit unterstützte der Jungdeutsche Orden die Regierung Brüning; 1931/32 lag das Schwergewicht seiner Tätigkeit auf Siedlungs- und Arbeitsdienst (vgl. dazu der "Große Plan" von Anfang Nov. 1932).

Nach dem Regierungsantritt Hitlers am 30. Jan. 1933 wurde der Jungdeutsche Orden in allen Ländern außerhalb Preußens verboten; in Preußen löste er sich selbst auf. Anfang Juni 1933 gab Mahraun das Ende des Ordens bekannt; er selbst wurde kurzzeitig verhaftet, jedoch bald wieder freigelassen. 

Scope and Content

Geschichte des Bestandsbildners

Der Jungdeutsche Orden (Jungdo) wurde 1920 von Artur Mahraun aus einer Freiwilligenkompanie zur Bekämpfung der Spartakisten gegründet. Als nationaler, dem Deutschen Ritterorden nachgebildeter Kampfbund vertrat er rechtskonservative, sozialromantische Ideen mit dem Ziel einer Reform der Weimarer Verfassung. Zusammenschlüsse 1929/30 u.a. mit der DDP zur Deutschen Staatspartei kamen zu spät, um den Aufstieg der NSDAP aufzuhalten, und so wurde er 1933 nach Regierungsantritt Hitlers verboten bzw. aufgelöst.

Bestandsgeschichte

In den 1950er Jahren richtete Walter Hillmann aus eigener Initiative das Jungdeutsche Archiv ein, das ab 1955 viele Druckschriften des Jungdeutschen Ordens an das Bundesarchiv abgab, beispielsweise die jungdeutschen Periodika: Bundschuh, Jahrbücher, Der Jungdeutsche, Jungdeutsche Frauenzeitung, Jungdeutsche Jugend, Zeitung des Jungdeutschen Ordens/Der Jungdeutsche Orden, Der Meister, Rundbriefe des Hochmeisters, Der Vormarsch, West - Ost; ferner die beiden Schriftenreihen des Jungdeutschen Ordens "Rüstzeug" und "Die Jungdeutsche Schwester. Rüstzeug", die Volksnationale Schriftenreihe "Der Staatsbürger" und nicht zuletzt fast alle Veröffentlichungen von Artur Mahraun. Dies wurde im Druckgut-Bestand ZSg 1-128 gesammelt.

Seit 1977 kamen auch Schriftgut- und Bildüberlieferungen hinzu, insbesondere aus dem Jungdeutschen Archiv, das nach dem Tode Walter Hillmanns 1979 auf verschiedene Stellen in der Bundesrepublik verstreut wurde, aber auch von ehemaligen führenden Mitgliedern des Jungdeutschen Ordens wie Alexander Kessler (Nördlingen), Wolfgang Lohmüller (München), Ernst Maste (Bendorf-Sayn), Heinrich Wolf (Stein-Bockenheim) und Werner Wolf (Wörrstadt). Während die Fotos in verschiedene Bildbestände des Bundesarchivs integriert wurden (Bild 118 [Negative], Bild 1 und 3 [Biographische bzw. Sachthematische Bildersammlung] sowie Bild 116 [Kleine Erwerbungen Bild]), wurde das Schriftgut im Bestand R 161 (zunächst Kleine Erwerbungen 668) vereinigt. Ordnung und Erschließung wurden im Wesentlichen 1981 durchgeführt und mit einem Findbuch abgeschlossen, das später retrokonvertiert und online gestellt wurde.

2017 wurde die Klassifikation verfeinert und eine Reihe von Unterlagen aus den Kleinen Ergänzungen in den Bestand eingearbeitet. Es handelte sich dabei um die Signaturen R 161/22 bis 25, 38-39, 43-44, 47 bis 49, 67 bis 69 und 17.

Bestandsbeschreibung

Der Bestand R 161 Jungdeutscher Orden gliedert sich in vier Klassifikationsgruppen, wobei der Schwerpunkt eindeutig auf der Überlieferung der Führungsebene des Ordens liegt.1 Ordensleitung (73 AEs)2 Ordensgebiet (37 AEs)3 Jugendabteilungen (3 AEs)4 Arbeitsdienst (5 AEs)

Erschliessungszustand

Findbuch (1981), Ergänzung und Überarbeitung für Online-Findbuch (2017, 2021)

Zitierweise

BArch R 161/...

Related Units of Description

  • Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv

  • Bildbestand (Bild 118/1-72), insbesondere Freiwilliger Arbeitsdienst

  • Reichskanzlei (R 43-I/914a, 2085, 2731 - 2733 u.a.)

  • Reichsministerium des Innern (R 1501/113094, 113266a und b, 125668h und i)

  • Reichsministerium für die besetzten Gebiete (R 1601/1543, 2425)

  • Reichskommissar für Überwachung der öffentlichen Ordnung (R 1507/336 - 338, 385)

  • Staatsgerichtshof zum Schutze der Republik (Beschwerden gegen Verbot und Auflösung des Jungdeutschen Ordens, R 3009/101 u.a.)

  • Deutsche Demokratische Partei/Deutsche Staatspartei (R 45-III/47 - 62)

  • Hauptarchiv der NSDAP (NS 26/858, 875, 1035, 2005)

  • Deutsche Arbeitsfront/ Zentralbüro, Arbeitswissenschaftliches Institut [Zeitungsausschnittsammlung] (NS 5-VI/779 - 784)

  • Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten e.V. (R 72/1893 - 1904)

  • Nachlässe: u.a. Alma de l"Aigle (N 1021/5), Hermann Dietrich (N 1004/238), Wilhelm Moritz Egon Freiherr von Gayl (N 1031/23), Hans Harmsen (N 1336/89, 91, 115, 341, 887), Walter Luetgebrune (N 1150/12, 55f, 61, 110), Erhard Mäding (N 1561/4), Arnold Rechberg (N 1049/50), Bernhard Schwertfeger (N 1015/316, 405, 423, 462-464, 468, 472), Alfred von Tirpitz (N 253/263f, 427)

  • Amtliche Druckschriften

  • ZSg 1-128

  • Literatur

  • Hornung, Klaus: Der Jungdeutsche Orden. Düsseldorf 1958

  • Finker, K.: Der Jungdeutsche Orden (Jungdo) 1920-1933, in: Die Bürgerlichen Parteien in Deutschland, Bd. II, Leipzig 1970, S. 227-237

  • Beiträge zur Geschichte des Jungdeutschen Ordens, Bände 1-6. München: Lohmüller

    • Band 1: Wolf, Heinrich: Die Entstehung des Jungdeutschen Ordens und seine frühen Jahre 1918-1922. Berlin 1970
  • - Band 2: Wolf, Heinrich: Der Jungdeutsche Orden in seinen mittleren Jahren, Teil 1: 1922-1925. München 1972

  • - Band 3: Wolf, Heinrich: Der Jungdeutsche Orden in seinen mittleren Jahren, Teil 2: 1925-1928. München 1978

  • - Band 4: Kessler, Alexander: Der Jungdeutsche Orden in den Jahren der Entscheidung, Teil 1: 1928-1930. München 1974

  • - Band 5: Kessler, Alexander: Der Jungdeutsche Orden in den Jahren der Entscheidung, Teil 2: 1931-1933. München 1976

    • Band 6: Werner, Robert: Der Jungdeutsche Orden im Widerstand 1933-1945. München 1980
This description is derived directly from structured data provided to EHRI by a partner institution. This collection holding institution considers this description as an accurate reflection of the archival holdings to which it refers at the moment of data transfer.