Konzentrationslager Natzweiler

Identifier
NS 4-NA
Language of Description
German
Dates
1 Jan 1936 - 31 Dec 1945
Level of Description
Collection
Languages
  • German
Source
EHRI Partner

Extent and Medium

Schriftgut

119 Aufbewahrungseinheiten

Creator(s)

Biographical History

Geschichte des Bestandsbildners

Die nach dem Reichstagsbrand aufgrund der Notverordnung zum Schutz von Volk und Staat vom 28. Februar 1933 in großer Zahl verhafteten politischen Gegner des NS-Regimes wurden in unabhängig von Polizei- und Justizgefängnissen eingerichtete Konzentrationslager (KZ) ver‧bracht. Eine systematische Organisation und Vereinheitlichung der KZ und ihrer Wachmann‧schaften, der im Herbst 1934 aus der Allgemeinen SS herausgelösten SS-Totenkopfverbän‧de (SS-TV), erfolgte 1934. Die seit 1938 in Oranienburg bei Berlin ansässige Dienststelle des Inspekteurs der KZ war zunächst dem SS-Hauptamt, ab 1940 dem SS-Führungshaupt‧amt unterstellt, ehe diese 1942 als Amtsgruppe D dem neu gebildeten SS-Wirtschafts-Ver‧waltungshauptamt angegliedert wurde. In zunehmenden Maße wurden auch Gewohnheits‧verbrecher, sog. Asoziale, Zeugen Jehovas und ab 1938 verstärkt Juden in den KZ inhaftiert. Während des Krieges wuchsen die Häftlingszahlen durch die Massen‧einweisungen von Angehörigen fremder Nationalitäten sprunghaft an. Die KZ, denen in vielen Fällen besondere Abteilungen für sowjetische Kriegsgefangene ange‧gliedert waren, entwickelten sich zu Vernichtungslagern oder zu Produktionsstätten der SS, deren Insassen in zahlreichen Arbeitskommandos für die Kriegswirtschaft eingesetzt wurden.

Das KZ Natzweiler-Struthof (franz.: Natzwiller) befand sich in der Nähe der Bahnstation Rohnau - etwa 50 Kilometer entfernt von Straßburg - und bestand seit Mai 1941. Die Planungsarbeiten für die Errichtung des Lagers hatten bereits kurz nach der Besetzung Frankreichs begonnen. In den Vogesen, auf etwa 800 Meter Höhe gelegen, sollte es als Straf- und Arbeitslager vorrangig dem Abbau des dortigen Granitvorkommens dienen. Betraut mit der Organisation dieses Vorhabens war das SS-Unternehmen "Deutsche Erd- und Steinwerke GmbH (DESt)". Granit wurde als bevorzugter Baustoff für die geplanten NS-Repräsentationsbauten reichsweit benötigt. Vor der Fertigstellung der Lagerbaracken wurden die Häftlinge zunächst in dem nahegelegenen Hotel ‚Struthof" untergebracht, was zur Entstehung der heute geläufigen Lagerbezeichnung beitrug. Die anfänglich kleine Anzahl von Häftlingen (etwa 300) wuchs, nachdem ab Sommer 1942 Natzweiler auch für reguläre Einweisungen des Reichssicherheitshauptamtes genutzt wurde, bis Anfang 1944 auf knapp 2.000, um im Herbst 1944 auf etwa 7.000 Personen anzusteigen.

Als Lagerkommandanten waren folgende SS-Führer eingesetzt:

SS-Untersturmführer Hans Hüttig (Apr. 1941 - Apr. 1942)

SS-Sturmbannführer Egon Zill (Mai - Sept. 1942)

SS-Obersturmführer Josef Kramer (Okt. 1942 - Mai 1944)

SS-Obersturmbannführer Fritz Hartjenstein (Mai 1944 - März 1945)

Neben den auszuführenden Steinbrucharbeiten stieg die Zahl der Einsätze für Rüstungsvorhaben. Ab Sommer 1943 wurden im Lager durch Häftlinge Flugzeugmotoren für die Junkers-Werke überholt. Sogenannte "NN"- (Nacht und Nebel) Häftlinge wurden unter besonders harten Arbeitsbedingungen, hier vor allem beim Straßenbau sowie im Steinbruch, eingesetzt. Ab September 1944 waren gemäß einer Weisung des Reichssicherheitshauptamtes alle "germanischen" NN-Häftlinge in das KZ Natzweiler zu überstellen. Ebenso wurde ab 1944 eine Vielzahl von Angehörigen der französischen Résistance in Natzweiler eingewiesen. Ein großer Anteil dieser Personengruppe wurde bereits kurz nach der Einlieferung ermordet. Schon im Sommer 1943 war eine Gaskammer im Lager errichtet worden. 130 aus Auschwitz überführte Häftlinge wurden in Natzweiler für die "Skelettsammlung" des Anatomischen Instituts der Universität Straßburg getötet. Weitere "medizinische" Versuche an Häftlingen, wie etwa Experimente mit Giftgas-Gegenmitteln, fanden ebenfalls in Natzweiler statt.

Außenlager

Da ab 1944 die Arbeiten für Rüstungsaufgaben in den KZ expandierten, führte dies auch im Falle Natzweilers zu einer verwaltungsmäßigen Zuteilung verschiedener Außenlager. In Neckarelz befand sich die unterirdische Produktion der Daimler-Benz-Flugzeugmotorenwerke, in Leonberg bei Stuttgart produzierte mit bis zu 3.000 Häftlingen die Flugzeugfirma Messerschmidt in einem ehemaligen Autobahntunnel. In den Lagern Bisingen, Dormettingen, Erzingen, Schömberg und Schörzingen wurde Anfang 1944 die Ölschiefer-Produktion aufgenommen. Die Anzahl der Inhaftierten stieg dort bis Jahresende auf 1.000 Menschen. Ab Mitte 1944 arbeiteten Häftlinge für die Württembergische Metallwarenfabrik (WMF) im Außenlager Geislingen/Steige. Das Lager Echterdingen wurde Ende 1944 auf dem dortigen Flugplatz errichtet. Die dort Inhaftierten hatten Reparaturen an den Flughafen-Einrichtungen auszuführen und waren zum Teil auch im Steinbruch eingesetzt. Insgesamt ist mit einer Häftlingszahl von bis zu 19.000 Personen für die Außenlager zu rechnen. Die Evakuierung des Stammlagers begann wegen der vorrückenden alliierten Truppen bereits im August/September 1944. Die Außenlager wurden teilweise noch bis in den März 1945 betrieben. Die verbliebenen Häftlinge wurden auf Todesmärschen vor allem zum Lager Dachau verbracht. Insgesamt 30.000 bis 33.000 Häftlinge hatten das Lager in den Jahren seines Bestehens durchlaufen müssen.

Scope and Content

Geschichte des Bestandsbildners

Geschichte des Bestandes

Im Zuge von Rückführungen deutscher Akten aus den USA, die dort nach einem dem Einheitsaktenplan (EAP) der Wehrmacht zu Grunde liegenden Schema alfa-numerisch geordnet worden waren, gelangte der Bestand im Jahre 1962 in das Bundesarchiv. Im Zuge einer Bestandsbereinigung gelangten auch Kopien von deutschen Unterlagen, die seit Ende des Zweiten Weltkrieges in den National Archives der USA verwahrt werden, zum Bestand (6 AE). Unterlagen aus dem Historischen Archiv des Unternehmens Krupp in Essen, die dort nach Aktenrückführungen aus Großbritannien seit dem Jahre 1992 wieder vorgelegen hatten, wurden ebenfalls in den Bestand eingearbeitet (4 AE).

Archivische Bewertung und Bearbeitung

Anfang 1963 wurde zunächst ein vorläufiges Findbuch erstellt. Dieses Provisorium wird durch die nunmehr vorliegende Findmittel-Fassung ersetzt. Das Findmittel wurde den gültigen Erschließungsrichtlinien angepasst und standardisiert sowie ein neues Klassifikationsschema gebildet. Serien und Bandfolgen wurden zur Verbesserung der Übersichtlichkeit angelegt. Von einer Zusammenführung der Teil-Bestände von NS 4 in einen Gesamt-Bestand wurde abgesehen.

Bestandsbeschreibung

Neben Akten über die Überstellung und den Arbeitseinsatz der Häftlinge sowie den damit verbundenen organisatorischen Angelegenheiten sind Akten zu den Außenkommandos des Lagers vorhanden. Zum SS-Personal liegen diverse Personalakten von SS-Angehörigen und SS-Helferinnen vor. Darüber hinaus sind Unterlagen über Versetzungen und Kommandierungen vorhanden. Der Verwaltungsschriftwechsel umfasst allgemeine Anordnungen, Kommandantur- und Sonderbefehle sowie Dienstvorschriften. Diverse Akten beinhalten Schriftwechsel betreffend den Unterhalt des Lagers.

Häftlinge 1937-1944 (59), SS-Personal 1939-1945 (28), Organisation und Verwaltung 1936-1944 (27)

Erschliessungszustand

Findbuch

Zitierweise

BArch NS 4-NA/...

Related Units of Description

  • Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv

  • Ergänzende Überlieferung zu den KZ findet sich gegebenenfalls auch in den Beständen SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt (NS 3) - hier auch Häftlingsdatenbank -, Persönlicher Stab Reichsführer-SS (NS 19), Reichssicherheitshauptamt (R 58), SS-Hauptamt (NS 31), SS-Führungshauptamt (NS 33), SS-Personalhauptamt (NS 34) sowie in den personenbezogenen Beständen des ehemaligen Berlin Document Center (R 9361), im sogenannten NS-Archiv des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (R 9355) und in der Überlieferung zu den Alliierten Prozessen (ALLPROZ).

  • Hingewiesen werden soll noch auf den Bestand Ministerium des Innern der DDR/Staatliche Archiv-Verwaltung/Dokumentationszentrum (DO 1) mit seiner ergänzenden Überlieferung zu KZ und Haftanstalten der NS-Zeit.

  • Literatur

  • Awosusi, Anita; Pflock, Andreas: Sinti und Roma im Konzentrationslager Natzweiler-Struthof, Heidelberg 2006;

  • Doerry, Janine; Klei, Alexandra; Thalhofer, Elisabeth; Wilke, Karsten: Zwangslager in Westdeutschland, Frankreich und den Niederlanden, Paderborn 2008;

  • Freund, Florian; Perz, Bertrand: Konzentrationslager in Oberösterreich 1938-1945, Linz 2007;

  • Mall, Volker; Roth, Harald: Jeder Mensch hat einen Namen, Gedenkbuch für die 600 jüdischen Häftlinge des KZ-Außenlagers Hailfingen/Tailfingen, Berlin 2009;

  • Markowitsch, Tobias: Goldfisch und Zebra. Das Konzentrationslager-Außenkommando Neckarelz, Konzentrationslager des Verlagerungsprojektes A8 und Außenkommando von Natzweiler-Struthof, Neckarelz 2005;

  • Porzig, Max: Schulung. Ein Tatsachenbericht aus den Konzentrationslagern Natzweiler, Dachau, Alach, Singen 1945;

  • Riexinger, Klaus: Vernichtung durch Arbeit. Rüstung im Bergwerk. Die Geschichte des Konzentrationslagers Kochendorf. Außenkommando des KZ Natzweiler-Struthof, Tübingen 2003;

  • Steegmann, Robert: Das KL Natzweiler-Struthof. Geschichte eines Konzentrationslagers im annektierten Elsass 1941-1945, Strasbourg 2005

  • Edition

  • Zum Außenkommando Vaihingen erarbeitete die Gedenkstätte Vaihingen an der Enz, Zeppelinstr. 9 in 71665 Vaihingen, eine Auflistung von Angehörigen des SS-Personals.

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