Konzentrationslager Buchenwald

Identifier
NS 4-BU
Language of Description
German
Dates
1 Jan 1934 - 31 Dec 1954
Level of Description
Collection
Languages
  • German
Source
EHRI Partner

Extent and Medium

Schriftgut

298 Aufbewahrungseinheiten

Creator(s)

Biographical History

Geschichte des Bestandsbildners

Die nach dem Reichstagsbrand aufgrund der Notverordnung zum Schutz von Volk und Staat vom 28. Februar 1933 in großer Zahl verhafteten politischen Gegner des NS-Regimes wurden in unabhängig von Polizei- und Justizgefängnissen eingerichtete Konzentrationslager (KZ) ver‧bracht. Eine systematische Organisation und Vereinheitlichung der KZ und ihrer Wachmann‧schaften, der im Herbst 1934 aus der Allgemeinen SS herausgelösten SS-Totenkopfverbän‧de (SS-TV), erfolgte 1934. Die seit 1938 in Oranienburg bei Berlin ansässige Dienststelle des Inspekteurs der KZ war zunächst dem SS-Hauptamt, ab 1940 dem SS-Führungshaupt‧amt unterstellt, ehe diese 1942 als Amtsgruppe D dem neu gebildeten SS-Wirtschafts-Ver‧waltungshauptamt angegliedert wurde. In zunehmenden Maße wurden auch Gewohnheits‧verbrecher, sog. Asoziale, Zeugen Jehovas und ab 1938 verstärkt Juden in den KZ inhaftiert. Während des Krieges wuchsen die Häftlingszahlen durch die Massen‧einweisungen von Angehörigen fremder Nationalitäten sprunghaft an. Die KZ, denen in vielen Fällen besondere Abteilungen für sowjetische Kriegsgefangene ange‧gliedert waren, entwickelten sich zu Vernichtungslagern oder zu Produktionsstätten der SS, deren Insassen in zahlreichen Arbeitskommandos für die Kriegswirtschaft eingesetzt wurden.

Das KZ Buchenwald wurde im Juli 1937 auf dem Ettersberg bei Weimar errichtet. Die zunächst geplante Bezeichnung "Konzentrationslager Ettersberg" wurde nach Einspruch der "NS-Kulturgemeinde" Weimar wieder verworfen. Ein Teil der ersten Häftlinge stammte aus dem bereits im Mai 1933 in einer stillgelegten Spinnerei eingerichteten KZ Sachsenburg, das sich unterhalb des Schlosses Sachsenburg an der Zschopau befand. Dort waren zunächst etwa 100 Häftlinge, zumeist Arbeiterfunktionäre aus der Region, inhaftiert. Lager-Kommandant war der SA-Standartenführer Max Hähnel. Bis zur Auflösung des Lagers im Juli 1937 waren dort bis zu 2.000 Menschen inhaftiert. Das Lager Sachsenburg diente vorrangig als Arbeitslager. Unter schwersten Bedingungen wurde die Arbeitskraft der Häftlinge im Steinbruch und beim Bau von Uferbefestigungen ausgebeutet. Des weiteren gelangten Häftlinge des aufgelösten Lagers Lichtenburg sowie aus Sachsenhausen in das neue Lager Buchenwald. Erste Insassen waren politisch und wegen ihrer Religion oder sexuellen Orientierung Verfolgte, aber auch Kriminelle. In der ersten Hälfte des Jahres 1938 wurden auch sogenannte "Arbeitsscheue" und "Asoziale" in das Lager eingewiesen. Nach der Pogromnacht im November 1938 wies die SS nahezu 10.000 Juden in das KZ Buchenwald ein. Die Lebensbedingungen im innerhalb des Schutzhaftlagers befindlichen "Judenlager" waren besonders schlecht. Bereits im Jahre 1941 wurde mit der Vergasung von Häftlingen des Lagers in den "Heil- und Pflege-Anstalten" Sonnenstein und Bernburg begonnen. 1942 wurde das schon bestehende Krematorium ausgebaut. "Medizinische" Versuche forderten darüber hinaus weitere Opfer. Im Herbst 1942 wurden die meisten jüdischen Häflinge nach Auschwitz deportiert. Etwa 8.000 sowjetische Kriegsgefangene wurden im selben Jahr durch Genickschuss ermordet. Zwischen 1941 und 1943 existierte eine sogenannte Kinobaracke, in der die Häftlinge von der SS zu genehmigende kulturelle Veranstaltungen durchführen konnten. Ab 1943 gab es für Häftlinge, als Anreiz für höhere Arbeitsleistungen, ein Lagerbordell. Die zur Prostitution gezwungenen Frauen waren zumeist Häftlinge aus dem KZ Ravensbrück. Außerhalb des eingezäunten Lagers befand sich der SS-Bereich mit Lagerverwaltung, Kommandantur und SS-Kasernen. In der Mitte dieses SS-Bereichs lag das Sonderlager "Fichtenhain" mit seinen Isolierungsbaracken für prominente Insassen. Nach dem 20. Juli 1944 wurden hier auch an dem Attentat beteiligte Angehörige des Widerstands und ihre Familien inhaftiert.

Als Lagerkommandanten waren folgende SS-Führer eingesetzt:

SS-Standartenführer Karl Otto Koch (1937-1941)

SS-Oberführer Hermann Pister (1942-1945)

Bereits zum Ende des Jahres 1939 hatte die Belegungsstärke des KZ Buchenwald etwa 12.600 Häftlinge betragen. Diese arbeiteten u.a. für die Deutschen Ausrüstungswerke (DAW), in handwerklichen und in landwirtschaftlichen Betrieben sowie in einem nahegelegenen Steinbruch. Auf Grund der ab 1942 verstärkten Orientierung der SS auf Ausnutzung der KZ nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten wurde von Buchenwald aus die große Zahl von über 130 Außen- und Nebenlagern verwaltet, darunter auch seit Sommer 1943 das Lager Dora-Mittelbau. Dorthin war nach der Zerstörung der Peenemünder Produktionsstätten durch die Alliierten die V2-Produktion verlegt worden. Im Bundesarchiv-Bestand NS 4 ANH. finden sich verschiedene Verweise auf Mittelbau/Mittelwerk. Hauptsächlich wurde unter Ausbeutung der Arbeitskraft der Häftlinge die Herstellung von Flugzeugen, Raketen, Treibstoffen und Munition vorangetrieben. 1943 entstand der Rüstungsbetrieb "Gustloff-Werk II" des Weimarer "Fritz-Sauckel-Werks" als Arbeitsstätte für über 4.000 Häftlinge. Dieser Betrieb wurde im Sommer 1944 bei einem Bombenangriff zerstört. Die strengen Arbeitsbedingungen, schlechte Unterbringungsverhältnisse, aber auch Epidemien, sorgten für eine ständige Dezimierung der Häftlingszahlen. Nach der durch den Vormarsch der Roten Armee bedingten Auflösung der Lager im Osten gelangten zu Beginn des Jahres 1945 nochmals tausende Insassen nach Buchenwald. Mit über 100.000 Häftlingen war nun Buchenwald das größte der noch bestehenden KZ. Die Überfüllung des Lagers hatte zur Folge, dass bis zur Befreiung noch nahezu 14.000 Menschen verstarben. Bei der Befreiung am 11. April 1945 fanden die amerikanischen Truppen noch über 21.000 Überlebende, darunter viele Kinder und Jugendliche, vor. Bereits seit dem 5./6. April hatte die SS mit der Evakuierung des Lagers begonnen und die Häftlinge nach Süddeutschland und Österreich verlegt. In der Zeit seines Bestehens hatten schätzungsweise 250.000 Menschen aus allen Ländern Europas das Lager durchlaufen. Über 50.000 fanden dort den Tod.

Scope and Content

Geschichte des Bestandsbildners

Geschichte und Verzeichnung des Bestandes

 

Im Zuge von Rückführungen deutscher Akten aus den USA, die dort nach einem dem Einheitsaktenplan (EAP) der Wehrmacht zu Grunde liegenden Schema alfanumerisch geordnet worden waren, gelangte der Bestand im Jahre 1962 in das Bundesarchiv.

 

Archivische Bewertung und Bearbeitung

 

Der Bestand wurde Anfang 1963 zunächst durch ein vorläufiges Findbuch erschlossen. Dieses Provisorium wird durch die nunmehr vorliegende aktuelle Findmittel-Fassung ersetzt. Die Original-Akten (NS 4 BU/1-278) waren bereits im Jahre 1987 im Zuge eines Aktentausches vom Bundesarchiv an die DDR abgegeben worden und befinden sich heute im Hauptstaatsarchiv Weimar. Im Bundesarchiv ist dieser Teil des Bestandes nur noch auf Mikrofilm zu nutzen. Weitere hier erschlossene Akten (NS 4 BU/279-294) liegen im Bundesarchiv im Original vor.

 

Bestandsbeschreibung

Neben den Verwaltungsunterlagen des Lagers Sachsenburg aus den Jahren 1935 bis 1937 umfasst ein Großteil des Bestandes Schriftwechsel, der im Zusammenhang mit dem Häftlingswesen im Lager Buchenwald entstanden ist. Dokumentiert sind Häftlingsbewegungen innerhalb des Lagersystems, Häftlingszahlen und Häftlingseinsätze, Bestrafungen und Exekutionen, finanzielle Angelegenheiten sowie Angaben zu Verpflegungssätzen. Zum SS-Personal des Lagers existieren neben einigen Akten mit persönlichem Schriftwechsel, u.a. auch des Lagerkommandanten Pister, Akten der Totenkopfverbände und Sturmbanne sowie Fotos von einzelnen SS-Angehörigen. Eine Vielzahl der vorliegenden Verwaltungsunterlagen befasst sich mit der Verpflegung und Einkleidung des Lagerpersonals und der Häftlinge sowie mit dem Postverkehr. Ferner umfasst das Schriftgut Tätigkeitsberichte und statistische Angaben zum Lagerwesen. Die Unterlagen des SS-Standort- und Lagerarztes enthalten Meldungen, auch statistischer Art, über Erkrankungen sowie über "medizinische" Versuche an Häftlingen. Diensttagebücher und Wachbücher des Lagers liegen im Bestand für den Zeitraum von Februar 1937 bis Dezember 1944 vor.

Schutzhaftlager Sachsenburg 1934-1937 (8), Häftlinge Buchenwald 1936-1954 (187), SS-Personal Buchenwald 1937-1945 (5), Organisation und Verwaltung Buchenwald 1937-1945 (61), SS-Standort- und Lagerarzt Buchenwald 1937-1945 (16), Diensttagebücher Buchenwald 1937-1944 (17)

Erschliessungszustand

Findbuch

Zitierweise

BArch NS 4-BU/...

Related Units of Description

  • Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv

  • Ergänzende Überlieferung zu den KZ findet sich gegebenenfalls auch in den Beständen SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt (NS 3), Persönlicher Stab Reichsführer-SS (NS 19), Reichssicherheitshauptamt (R 58), SS-Hauptamt (NS 31), SS-Führungshauptamt (NS 33), SS-Personalhauptamt (NS 34), Konzentrationslager Anhang (NS 4 ANH.) sowie in den personenbezogenen Beständen des ehemaligen Berlin Document Center (R 9361), im sogenannten NS-Archiv des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (R 9355) und in der Überlieferung zu den Alliierten Prozessen (ALLPROZ).

  • Hingewiesen werden soll noch auf den Bestand Ministerium des Innern der DDR/Staatliche Archiv-Verwaltung/Dokumentationszentrum (DO 1) mit seiner ergänzenden Überlieferung zu KZ und Haftanstalten der NS-Zeit.

  • Literatur

  • Améry, Jean: Jenseits von Schuld und Sühne, Stuttgart 2002;

  • Beckert, Werner: Die Wahrheit über das Konzentrationslager Buchenwald, Weimar 1945;

  • Davidsen-Nielsen, Hans: Carl Værnet. Der dänische SS-Arzt in Buchenwald, Wien 2004;

  • Drobisch, Klaus: Widerstand in Buchenwald, Berlin 1989;

  • Finn, Gerhard: Die Roten und Buchenwald. Vom schwierigen Werden einer zweifachen Gedenkstätte, Berlin 2002;

  • Gerasch, Fritz: In der Hölle faschistischer Konzentrations-Lager. Erlebnisse in den Konzentrationslagern Dora und Buchenwald sowie vom Todesmarsch, Weißenfels 1978;

  • Kogon, Michael: Buchenwald, Eugen Kogon, die Kommunisten und die Wahrheit, Frankfurt am Main 1997;

  • Pieck, Henri: Buchenwald. Zeichnungen aus dem Konzentrationslager, Berlin 1949;

  • Röll, Wolfgang: Homosexuelle Häftlinge im Konzentrationslager Buchenwald, Weimar 1991;

  • Schley, Jens: Nachbar Buchenwald. Die Stadt Weimar und ihr Konzentrationslager, Köln 1999;

  • Solf, Ursula: Ilse Koch, die Kommandeuse von Buchenwald, Berlin 2006

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